Als LeBron James vor bald zwei Jahrzehnten erstmals in der NBA spielte, konnte keiner ahnen, welche Karriere der 18-Jährige haben wird. Zwar waren die Erwartungen riesig, er wurde vom legendären Magazin «Sports Illustrated» als «Auserwählter» angekündigt. «The Chosen One» stand auf dem Titelblatt der Ausgabe vom Februar 2002. Aber dass er wirklich so gut werden würde?
2002 spielte James noch in der Highschool, war gerade 17 Jahre alt geworden, erst ein Jahr später durfte er sich überhaupt für den NBA-Draft anmelden. Und trotzdem galt er als «Der Auserwählte». Worte, die sich James auf den Rücken tätowieren liess.
18 years ago today, Sports Illustrated featured LeBron James on the cover with the headline: The Chosen One - High School Junior LeBron James would be an NBA lottery pick right now.
— Ballislife.com (@Ballislife) February 18, 2020
He got the "Chosen 1" tattoo shortly after. pic.twitter.com/8qr90skT7C
Dementsprechend aufgeregt war der Rookie vor seinem Debüt für die Cleveland Cavaliers, die ihn im Sommer 2003 an erster Stelle im Draft ausgewählt hatten, wie er kürzlich in einem Interview mit ESPN erzählte: «Ich wusste nicht, was mich erwartet. Ich war extrem nervös.» Doch für James war klar, dass er bereit war für diesen Moment: «Ich wusste, dass ich in die beste Liga der Welt gehöre.»
Und er brauchte nicht lange, um dies auch den Zuschauerinnen und Kritikern zu beweisen. Nach gut dreieinhalb Minuten hatte er seine ersten Punkte erzielt. «Ich hoffte, dass es ein einfacher Korbleger werden würde, doch es wurde ein schwieriger Wurf», erinnert sich James und fügt an: «Ich war stolz, eines meiner Ziele zu erreichen.»
From his first bucket to his 1000th straight game with 10+ PTS last night, we look back at a number of @KingJames' scoring milestones throughout his career! pic.twitter.com/nFBT6RjQlb
— NBA (@NBA) December 31, 2020
Seit diesen beiden Punkten in Sacramento sind 38'297 hinzugekommen. 89 Zähler trennen ihn noch von Kareem Abdul-Jabbar, dem erfolgreichsten Skorer der NBA-Geschichte. Bald wird er auch diesen Meilenstein erreichen. In der Nacht auf morgen Freitag spielt er mit den Los Angeles Lakers in Indiana, zwei Tage später steht eine Partie in New Orleans an.
Dort wird er Abdul-Jabbar ziemlich sicher noch nicht übertrumpfen, ohnehin wird es ihm lieber sein, den Rekord im heimischen Staples Center zu brechen. Gegen Oklahoma City (Nacht auf Mittwoch) oder spätestens gegen Milwaukee (Nacht auf Freitag) wird es wohl so weit sein.
Dabei sagt «King James» über sich: «Ich war nie ein Skorer. Ich war immer ein Spieler, der zuerst den Mitspieler sucht und sich freut, wenn diese erfolgreich sind.» Und dass James ein hervorragender Passgeber ist, zeigt sich auch in den Statistiken. Während seiner bisherigen Karriere verteilte er pro Spiel über sieben Assists, in der Liste der Spieler mit den meisten Vorlagen ist er nun Vierter. Abdul-Jabbar hat pro Partie gerade einmal die Hälfte an Assists verteilt und von den restlichen Spielern, die sich unter den zehn besten Punktesammlern der NBA-Geschichte befinden, ist LeBron James mit Abstand der beste Passgeber. Michael Jordan kommt als zweitbester auf 5,3 Vorlagen pro Spiel.
So sagt James auch, dass es nie ein Ziel von ihm gewesen sei, den Rekord von Kareem Abdul-Jabbar zu brechen. Doch «ich weiss natürlich, wie man den Ball in den Korb befördert». Dass er trotz dieser «Pass-first»-Mentalität so viele Punkte erzielt hat, ist Zeugnis der Arbeitsmoral von James. Während seiner nun 20 Saisons, die er in der NBA spielte, hat sich die Liga weiterentwickelt – und er sich mit ihr. Dies zeigt eine Grafik von ESPN eindrücklich.
Während er zu Beginn seiner Karriere noch wenig Dreier versuchte, eignete er sich einen zumindest passablen Distanzwurf an und nutzte diesen immer häufiger. Gleichzeitig verzichtete er immer stärker auf die schwierigen Würfe aus der Mitteldistanz und versuchte, häufiger in Korbnähe abzuschliessen. Und egal, was die Liga rundherum machte, obwohl er stets der Fokus der gegnerischen Defensive war, egal in welchem Alter oder in welchem Stadium seiner Karriere er sich befand: LeBron James lieferte konstant ab. So konstant, dass jeder NBA-Fan die Statistik «27 Punkte, 7 Rebounds und 7 Assists» sofort mit ihm assoziiert. Es sind seine Karriere-Durchschnittswerte. In der Hinsicht gleicht er einer Maschine.
Dafür sorgt er mit harter Arbeit auch neben dem Platz. Kaum ein Spieler ist so fit wie James, erst spät in seiner Karriere begannen ihn Verletzungen etwas auszubremsen. Doch noch immer gehört der am 30. Dezember 38 Jahre alt gewordene Superstar zu den besten Spielern der NBA. Wohl kaum jemanden schmerzt es mehr als James, dass die Lakers seit dem Titelgewinn 2019/20 wenig erfolgreich unterwegs sind. Dennoch geht James unnachgiebig und ungestört von allen Unruhen rund um das Team Spiel für Spiel seinem Beruf nach. 30,2 Punkte, 8,5 Rebounds und 7,1 Assists erzielt er in dieser Saison pro Spiel.
Und so wird es mehr als verdient sein, wenn LeBron James bald zuoberst auf der Liste der besten NBA-Punktesammler der Geschichte stehen wird. So sieht das auch der Inhaber der lange für unübertreffbar gehaltenen Rekordmarke.
«Ich hatte den Rekord 38 Jahre lang inne. Es freut mich, diesen nun an den nächsten würdigen Träger abzugeben. LeBron hat es verdient und ich hoffe, dass er den Rekord noch länger hält als ich», liess Kareem Abdul-Jabbar in einem Statement verlauten.