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Olympia 2024

Frauen aus Afghanistan an den Olympischen Spielen – trotz Taliban-Kritik

Olympics: Opening Ceremony, Jul 23, 2021 Tokyo, Japan Afghanistan athletes march into the stadium during the opening ceremony for the Tokyo 2020 Olympic Summer Games at Olympic Stadium. Mandatory Cred ...
Kamia Yousufi (links) und Farzad Mansouri waren Afghanistans Fahnenträger in Tokio.Bild: www.imago-images.de

Warum die Taliban sauer sind, dass bei Olympia Frauen für Afghanistan starten

Afghanistan ist mit je drei Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen in Paris vertreten. Dass auch Frauen teilnehmen, ist im von den Taliban regierten Land alles andere als selbstverständlich und auf den ersten Blick ein positives Signal – auf den zweiten Blick ist es vor allem kompliziert.
18.07.2024, 15:5918.07.2024, 16:42
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An den Olympischen Spielen in Paris wird eine Premiere gefeiert: Zum ersten Mal nehmen an den Wettkämpfen genau gleich viele Frauen wie Männer teil.

Waren an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen noch gar keine Frauen zugelassen, stieg der Anteil über die Jahre langsam, aber stetig an, lag in Peking vor vier Jahren bei 48 Prozent und erreicht in der 33. Ausgabe in Paris nun zum ersten Mal exakt 50 Prozent. Von den 10'500 Teilnehmenden sind 5250 weiblich.

Eine Regel, dass jedes nationale Komitee genau gleich viele Frauen wie Männer an den Start schicken muss, existiert nicht. Umso erstaunlicher ist es, dass drei der sechs Teilnehmenden aus Afghanistan, wo der Frauensport unter der Talibanherrschaft extremst eingeschränkt ist, Frauen sind. Denn: Eine der ersten Amtshandlungen der Taliban-Regierung, nachdem sie 2021 in Kabul einmarschiert war, bestand darin, Frauen und Mädchen vom Sport auszuschliessen.

Bildnummer: 11186704 Datum: 10.08.2012 Copyright: imago/Xinhua
(120810) -- LONDON, Aug. 10, 2012 (Xinhua) -- Mauro Sarmiento of Italy (red) competes with Nesar Ahmad Bahawi of Afghanistan during the  ...
Nesar Bahawi (blau) ist der einzige Medaillengewinner (2 x Bronze) für Afghanistan an Olympischen Spielen. Bild: www.imago-images.de

Afghanistan wurde schon einmal ausgeschlossen

Die Akte Afghanistan beschäftigt das Internationale Olympische Komitee (IOC) schon seit längerem, denn der Umgang damit ist komplex und wird kontrovers diskutiert. Das IOC sagte im April noch, dass die Taliban-Regierung als Teilnahmebedingung wiederholt dazu aufgefordert wurde, «die derzeitigen Beschränkungen des Zugangs zum Sport für Frauen und junge Mädchen in Afghanistan aufzuheben».

Rund drei Monate sind seit dieser Aufforderung vergangen, verändert hat sich für die Frauen in Afghanistan nichts. Trotzdem darf das Land an den Olympischen Spielen teilnehmen.

Als die Taliban 1996 erstmals die Macht in Afghanistan übernommen hatten, entschied sich das IOC für eine andere Herangehensweise. Zur Jahrtausendwende wurde Afghanistan mit Verweis auf die Diskriminierung von Frauen von den Olympischen Spielen in Sydney ausgeschlossen. Mit dem Sturz der islamistischen Regierung im Jahr 2001 wurde der Ausschluss aufgehoben.

Nicht mit olympischen Werten vereinbar

Daran, ob es vertretbar ist, an den Spielen, die unter dem Motto «Games wide open» («Offene Spiele») ausgetragen werden, ein Land willkommen zu heissen, in dem nur die Hälfte der Bevölkerung überhaupt Sport treiben darf, scheiden sich die Geister. Leidtragende eines Ausschlusses wären in erster Linie die Athletinnen und Athleten, das weiss auch die Aktivistin Friba Rezayee, die Afghanistan 2004 als eine der ersten Frauen an den Olympischen Spielen vertreten hatte.

September 1, 2021, Vancouver, BC, Canada: Friba Rezayee, who was one of Afghanistan s first two female Olympians in 2004, poses for a photograph in Vancouver, on Wednesday, September 1, 2021. Vancouve ...
Friba Rezayee vertrat Afghanistan 2004 als Athletin an den Olympischen Spielen.Bild: www.imago-images.de

Die Judoka fordert dennoch, dass ihre Heimat von den Spielen ausgeschlossen wird, denn das Land, so Rezayee, verstosse mit der Einschränkung der Frauenrechte «gegen die Menschenrechte ebenso wie gegen die olympische Charta». Mit dieser Aussage zielt Rezayee auf das vierte grundlegende Prinzip des Olympismus ab, das besagt:

«Die Ausübung von Sport ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch muss die Möglichkeit zur Ausübung von Sport ohne Diskriminierung jeglicher Art und im olympischen Geist haben; dies erfordert gegenseitiges Verstehen im Geist von Freundschaft, Solidarität und Fairplay.»

Das Paradoxe an der ganzen Situation: Die drei teilnehmenden Frauen und zwei der Männer leben im Exil. Denn insbesondere die beiden Radfahrerinnen (die Schwestern Yuldoz und Fariba Hashimi) sowie die Sprinterin (Kimia Yousofi), die für Afghanistan antreten, hätten in ihrer Heimat gar nicht erst die Möglichkeit, ihre Leidenschaft auszuüben.

«Keine der drei Frauen, die Afghanistan vertreten, lebt und trainiert im Land und könnte auch nicht dorthin reisen, ohne ihr Leben zu riskieren. Zwei der drei männlichen Athleten, ein Sprinter und ein Schwimmer, sind ebenfalls aus dem Exil angereist. Der dritte, ein Judoka wie ich, trainiert in Afghanistan. Indem das Internationale Olympische Komitee ihnen erlaubt, für Afghanistan zu starten, untergräbt es nicht nur das eigene Engagement für die olympischen Werte, sondern verleiht auch dem nicht anerkannten Regime der Taliban Legitimität.»

«Nur drei Athleten vertreten Afghanistan»

Trotz dieses Umstandes wird Afghanistan mit der schwarz-rot-grünen Fahne auch an der 33. Ausgabe der Olympischen Spielen als zweite Nation hinter der Gastgeberin ins Stadion einlaufen. Wurden in der UNO nach dem Regimewechsel und dem einhergehenden Sportverbot für Frauen noch Stimmen laut, dass in Afghanistan eine «Geschlechter-Apartheid» herrsche und das Land von internationalen Sportwettbewerben ausgeschlossen werden sollte, ist das Sportverbot für Frauen in Afghanistan mittlerweile zum Status quo und die Boykottaufrufe leiser geworden.

Um den sechs Athletinnen und Athleten die Teilnahme in Paris zu ermöglichen, arbeitete das IOC mit dem nationalen Komitee Afghanistans, dessen Mitglieder mehrheitlich im Exil leben, zusammen. Die De-Facto-Regierung, die bisher von keinem Land anerkannt wurde, ist in Frankreich jedoch nicht erwünscht, wie der IOC-Sprecher Mark Adams klarstellte: «Kein Vertreter der Taliban-Regierung wird für die Olympischen Spiele akkreditiert werden», sagte er. Auch die Flagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis auf weissem Grund, die von der Regierung verwendet wird, soll in Paris nicht zu sehen sein.

Die Taliban-Regierung ihrerseits anerkennt nur die drei Athleten als Vertreter des Landes: «Nur drei Athleten vertreten Afghanistan», sagte Atal Mashwani, der Sprecher der Sportdirektion der Taliban-Regierung, und lieferte auch gleich eine Erklärung für diese offensichtlich falsche Aussage: «In Afghanistan wurde der Sport für Frauen eingestellt. Wie kann eine Frau in die Nationalmannschaft kommen, wenn sie keinen Sport treibt?»

Olympia-Teilnahme als Chance

In ihrer ganzen Komplexität offenbart sich die Frage, ob Afghanistan von den Olympischen Spielen ausgeschlossen werden sollte oder nicht, in der Person der Sprinterin Kimia Yousofi, die für Afghanistan nach Paris reist. Die 28-Jährige lebt und trainiert seit 2021 in Australien. Yousofi sieht in ihrer Teilnahme – es ist bereits ihre dritte – eine starke Symbolkraft und in der Plattform, die sie erhält, eine Möglichkeit, die Situation von Frauen und Mädchen in ihrer Heimat anzuprangern:

«Mädchen und Frauen in Afghanistan sind ihrer Grundrechte beraubt worden. Ich vertrete die gestohlenen Träume und Hoffnungen dieser Frauen, die nicht die Möglichkeit haben, als freie Menschen Entscheidungen zu treffen – sie dürfen nicht einmal einen Park betreten.»
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Die Austragungstätten der Olympischen Spiele in Paris 2024
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Die Austragungstätten der Olympischen Spiele in Paris 2024
Arena Champ-de-Mars (Paris Zentrum): Judo und Ringen. Kapazität: 8356 Zuschauer.
quelle: imago/usa today network / imago images
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45 Kommentare
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FACTS
18.07.2024 17:17registriert April 2020
Die drei Athletinnen vertreten ja auch nicht das international nicht anerkannte Taliban-Afghanistan, sondern das anerkannte Afghanistan der Exilregierung, was unter anderem im Gebrauch der alten Flagge zum Ausdruck kommt. Also wo ist jetzt das Problem?
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Upsidupsiwiederda
18.07.2024 17:13registriert März 2020
Die.Flagge sollte von den 3 Frauen gemeinsam ins Stadion getragen werden und die Männer gehen 3 Schritte hinter ihnen.
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recherchierenbitte!
18.07.2024 17:29registriert Mai 2023
Die Taliban wollen nicht dass Frauen an Olympia teilnehmen.

Der französische Verband will nicht dass Musliminnen mit Kopftüchern teilnehmen.

Und ich will dass Frauen selber entscheiden dürfen wo sie teilnehmen und in welcher Kleidung sie dies tun.
(gilt insbesondere auch für Beach Volleyball)
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