Das Positive vorweg: Roger Federer fühlt sich wieder wie bei einem normalen Tennisturnier. Die seltsamen Gefühle, die er bei seinem Comeback nach sechs Monaten Verletzungspause in der 1. Runde gegen Jürgen Melzer verspürt hatte, sind weg. Und er steht nach dem etwas mühselig erkämpften Dreisatzsieg gegen den amerikanischen Qualifikanten Noah Rubin ohne grossen Energieverlust in der 3. Runde. «Dafür hätte ich vor einigen Wochen mit verbundenen Augen unterschrieben», betont der 17-fache Grand-Slam-Champion.
Spielerisch ist er aber noch nicht da, wo er vor der Knieoperation war. Gegen die Weltnummer 200 Rubin, der auf ATP-Stufe noch nie bei einem Turnier zwei Partien gewonnen hat, bekundete er vor allem mit dem Return viel Mühe. «Ich hatte erwartet, dass ich mir mehr Möglichkeiten erarbeite», gab er zu. «Ich kämpfe noch etwas mit der Schnelligkeit des Platzes.» Federer tut sich schwer mit dem Umschalten von Defensive auf Offensive. Anderseits ist er bisher mit den eigenen Aufschlagspielen sehr zufrieden.
Gegen Rubin gab er seinen Service nur einmal ab, zum 0:2 im dritten Satz. Im letzten Moment – nach Abwehr von zwei Satzbällen beim Stand von 3:5 – wendete der 35-Jährige den Satzverlust noch ab. Die wichtigen Punkte spielte er mehrheitlich gut. «Vielleicht kann ich noch nicht so Druck machen, wie ich mir das gewohnt bin. Ich muss mich darauf konzentrieren, kontrolliert aggressiv zu spielen.» Ihm ist klar: «Gegen Berdych muss ich mein Spiel noch verbessern.»
Er wünsche sich, dass er gegen den Tschechen schnell ein gutes Gefühl auf dem Platz finde. In den ersten zwei Spielen sei dies nicht der Fall gewesen. «Ich warte noch auf den Klick, einen gelungenen Halbvolley zum Beispiel, nach dem das Spiel nach vorne einfach läuft.» Federer empfindet die Courts in Melbourne in diesem Jahr als sehr schnell. Das mache es nicht einfacher, den Rhythmus zu finden.
Er selbst ist noch nicht so schnell – seine Fitness ist noch ein grosses Fragezeichen. Federer wirkt auf dem Platz längst nicht mehr so leichtfüssig wie vor der langen Verletzungspause. Ein Grund zur Beunruhigung oder fehlt einfach noch die Matchpraxis? Der «Maestro» meint dazu: «Gegen Ende des dritten Satzes habe ich gespürt, dass ich etwas langsamer wurde. Ich war nicht mehr so spritzig.» Mit einem «Jä nu, ist halt so», beendete er das Thema.
Worauf er am Freitag achten muss, weiss Federer. «Ich kenne die Gefahr von Berdych», betont der Schweizer, der nur noch als Nummer 17 gesetzt ist und deshalb so früh auf einen Top-10-Spieler trifft. Die letzten fünf Duelle – zuletzt vor einem Jahr im Viertelfinal des Australian Open – gewann er allesamt. «Das gibt sicher etwas zusätzliches Selbstvertrauen.»
Anderseits habe ihn Berdych auch schon sechsmal geschlagen. Und in diesem Jahr sei nach seiner langen Pause und wegen des neuen Coaches von Berdych (Goran Ivanisevic) sowieso alles anders. Am Freitag wird auf jeden Fall ein erstes Mal die Frage beantwortet, wie weit Federer bereits wieder ist. Wann genau die Partie stattfindet, ist noch nicht bekannt. (pre/sda)