Süsses, Saures und der schaurige VAR – die Super-League-Klubs ziehen um die Häuser

Hexen, Vampire, Gespenster – wenn es an Halloween eindunkelt, gehen fiese Gestalten auf Beutezug nach Süssigkeiten. Die Klubs der Schweizer Super League haben sich ebenfalls verabredet, um gemeinsam die Nachbarschaft unsicher zu machen. Dort, wo Siegerstrasse, Unentschiedengässli und Verliererweg zusammentreffen, trudeln die verkleideten Klubs einer nach dem anderen ein.
Da hätten wir etwa den FCZ. Er hat sich als Arbeiter verkleidet, kommt mit einem Brecheisen in der linken Hand und einem grossen Kübel in der rechten. Als er an der ersten Türe klingelt und «Süsses oder Milos äh Saures» bellt, versteht die Bewohnerin nicht ganz. Sie schaut den FCZ an und beschliesst, diesem «Arbeiter» Raucherwaren in den Kübel zu legen.
Kaum ist die Tür ins Schloss gefallen, klingelt es erneut. Es ist GC, das sich als cooler Surfer mit blutender Kopfwunde nach einem Hai-Biss verkleidet hat. Wobei das Kostüm nur vermeintlich fancy ist, auf der Rückseite ist es voller Löcher – wie seine Abwehr. GC verlangt nach «Candy!», aber alles, was die alte Dame noch in ihrer Kommode findet, sind eine Handvoll abgelaufener Zuckerbomben aus China.
Der Trupp zieht ein Haus weiter. Dort wohnt eine ältere Frau mit seltsam ledriger Haut, alle im Quartier gruseln sich ein wenig. «He FCB, geh du vor!», sagt der FCZ – und so klingelt der FCB in seinem Superman-Kostüm. Die Lederhaut erscheint und sagt freudig: «Ich war einmal deine Präsidentin.» Aber weil sie ebenfalls wild verkleidet ist, kriegen es unsere Klubs mit der Angst zu tun und geben Fersengeld.
Ab in die Neubausiedlung. Dass der FC Thun bis jetzt gefehlt hat, ist dem Rest noch gar nicht aufgefallen. Nun sehen sie einen sympathischen Kürbis vor sich, der sich bei genauerer Betrachtung als Thun herausstellt. Doch der Schein trügt: Wagt man sich diesem Kürbis zu nahe, faucht er: «Der Gränni bin ig!», schnappt eiskalt zu und stibitzt Süssigkeiten aus den Tüten der anderen.
Nur im Jutesack des FC Winterthur befindet sich nichts. Der arme kleine Winti mit seinen knallbunten Dreadlocks, Jeans-Jacke und Leggings hat viel zu spät bemerkt, dass sein Säcklein ein Loch im Boden hat. Der Kummer darob ist so gross, dass nicht einmal eine Tablette «Maestro Forte» über die Trauer hinweg hilft.
Einen haben alle sofort erkannt, als sie sich trafen. Christian Constantin lachte bloss, als er auf seine fehlende Verkleidung angesprochen wurde. «Vor mir haben doch eh schon alle Angst!», sagt er. «Und wenn sie mir nichts Süsses geben, verklage ich sie, c'est tout simple.» Eine sexy Krankenschwester neben CC kichert. Beim Barth des Propheten: Diesen Blondschopf haben die anderen doch auch schon gesehen!
Nun sind die Klubs am Rande des Industriequartiers angekommen. «Hier wohnt doch niemand», sagt GC, doch der FCB weiss es besser. «Seid besser leise. Hier ist der VAR zuhause.»
YB in seinem historischen Wölfli-Kostüm ist baff, dass der FCB das weiss. «Den gibt es wirklich?», fragt auch der FCSG, der ohnehin etwas angesäuert ist, weil er in vielen Haushalten süssen Senf statt anderer Süssigkeiten erhielt. Mit einem Ruck geht die Tür auf und der leibhaftige VAR erscheint. «Jeder sofort einskommasieben Millimeter zurück, im Offside gibt's Saures!», befiehlt er.
Lausanne und Servette, als blutdürstige Schnecke beziehungsweise als durchgeknallter Crazy Frog (Klingelton inklusive – gern geschehen für den Ohrwurm, Anm. d. Red.) verkleidet, kriegen Panik und rennen davon. Der FC Lugano, dieser mit allen Wassern gewaschene Mafioso mit seinem Fedora-Hut, will faule Eier an die Fassade werfen, doch bevor er zielt, reissen ihn die anderen mit. Sie wissen: Gegen den VAR gewinnt keiner.
Am Eingangstor zu einer herrschaftlichen Prunkvilla schickt die Bande den jungen FC Luzern an die Türglocke. Es öffnet ein gut gelaunter Mann mit Glatze, der in Spendierlaune ist. Luzern öffnet seine Tüte und der Mann lässt 1001 Süssigkeiten regnen, die eine oder andere Dollar-Note und eine rote Dächlikappe fliegen gleich mit in den Sack.
«Wie hast du denn das angestellt?», will der neidische FCZ wissen. «Sorry, aber diesen Frick behalte ich für mich», antwortet Luzern, denn bei dieser Villa möchte er nächstes Jahr unbedingt wieder selber klingeln gehen.
Und dann ist da noch einer, der sehnsüchtig von Weitem zuschaut. In diesem Jahr schleicht er uneingeladen um die anderen herum, bei all den Schleckstängeln, Gummibärchen und Schoggiriegeln geht er leer aus. «Es gibt eben immer nur für die gleichen Süsses», murmelt der FC Aarau, beisst in ein Rüebli – und strahlt: Marzipan! Doch noch ein Erfolg.


