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Du willst nur das Beste? Voilà:
Herr Brunner, Sie sind bereits in Rio de Janeiro. Warum?
Marco Brunner: Bei uns Seglern ist alles ein bisschen anders. Wir müssen uns mit den Verhältnissen vor Ort intensiv auseinandersetzen und das so früh wie möglich. Wir waren bereits vor zwei Jahren in Rio, dann vor einem noch einmal, und seit Mai dieses Jahres sind wir fast permanent hier.
Betreffend Wasserqualität und jetzt auch Athletendorf hört man aus der Ferne nicht viel Positives. Wie ist es wirklich?
Zuerst zum Wasser: Vor zwei Jahren war es tatsächlich schlimm. Die Marina da Gloria, von wo aus die Segelwettkämpfe starten, war eine regelrechte Kloake. Braunes Wasser voller Abfall – Plastik, ganze Paletten, Dreck aller Art. Zudem schien es die Kläranlage der Region zu sein. Der Geruch der Fäkalien war schwer zu ertragen. Dieser beissende Gestank führte dazu, dass einigen Athleten von uns beim Training schlecht wurde. Die Verhältnisse waren unterirdisch.
Und heute? Ist die Situation besser?
Es ist etwas passiert, ja. Das Wasser ist jetzt nicht mehr braun, sondern beinahe blau. Vor allem aber ist dieser unangenehme Geruch weg. Wenn es regnet, werden allerdings immer noch alle möglichen Abfälle der umliegenden Favelas in die Bucht geschwemmt. Ich denke aber, dass die Organisatoren das mit Netzen während den Spielen herausfischen und der Zuschauer keine TV-Bilder voller Abfall sehen wird. Für die Surfer, die mit den Füssen ständig im Wasser sind, wünschten wir uns dennoch bessere Bedingungen.
Muss Ihr Team spezielle Vorkehrungen treffen?
Es hat Viren und Bakterien im Wasser. Nicht nur deshalb sind wir vorsichtig. Wir reinigen sofort nach jeder Trainingseinheit auf dem Meer gründlich unsere Ohren, Nasen und Augen mit sauberem Wasser. Normal machen wir das einmal am Tag am Abend. Zudem befreien wir die Seile, die wir teils auch mal im Mund haben, ebenfalls nach jedem Training vom Schmutz (während den Extremsituationen im Sportsegeln kommt es vor, dass die Athleten die Seile mit dem Mund kurz festhalten, Anm. d. R. ). Ausserdem haben wir Antibiotika parat. Entzündungen oder Wunden, die wegen des schmutzigen Wassers nicht heilten, das haben wir jedoch nicht. Wir haben gegen 100 Tage auf dem Wasser von Rio trainiert und gelernt, mit den Bedingungen umzugehen. Die Verhältnisse sind für alle dieselben, wir sind bereit. Es ist nur zu hoffen, dass die Massnahmen zum Schutz der wunderschönen Guanabara Bay nach den Olympischen Spielen vorangetrieben werden.
Stimmt es, dass das schmutzige Wasser die Boote angreift?
Nein. Es schwimmen zwar permanent Schmutzpartikel an der Oberfläche, und es legt sich ein dünner Ölfilm auf die Boote. Da wir diese aber sowieso jeden Tag an Land nehmen und reinigen, machen wir uns keine Sorgen um das Material.
Die Qualität des Wassers ist das eine, das Athletendorf das andere. Wegen angeblichen Lecks an den Leitungen und tropfendem Wasser von der Decke haben sich die Australier geweigert, ins Dorf einzuziehen. Wie sieht es tatsächlich aus?
Da die Marina da Gloria 90 Minuten ausserhalb von Rio liegt, wohnen wir nicht im Athletendorf, sondern oberhalb der Marina. Ich war aber vor zwei Tagen im Dorf. Was ich dort sah, hat mich schon etwas verwundert.
Können Sie das beschreiben?
Ich glaube, was die Australier gesagt haben, stimmt schon. Es tropft bei denen angeblich wirklich von den Decken und es gibt Wasserlachen neben den Stromkabeln. Was ich selber gesehen habe: Die Wände sind verspritzt, überall liegt Bauschutt, es ist wahnsinnig schmutzig. Im Schweizer Wohnblock war es jedoch weniger dramatisch. Aber auch da gibt es noch einiges zu tun.
In wenigen Tagen beziehen grössere Delegationen das Dorf. Schaffen es die Brasilianer bis dann, einigermassen wohnliche Schlafstätten für die Athleten anzubieten?
Momentan sind hunderte Helfer daran, das Dorf zu säubern. Ich war schon an den Olympischen Spielen in London. So perfekt wie dort wird es wohl nie sein. Aber irgendwie schaffen sie es bestimmt.
Reden wir über den Sport. Was rechnet sich das Swiss Sailing Team aus?
Das offizielle Ziel heisst mindestens ein Diplom. Wir sind ambitioniert und möchten mehr. Vor vier Jahren in London erreichten wir als bestes Resultat einen zehnten Platz. Damit geben wir uns in Rio nicht zufrieden.