Ruhe im Dorf, zu viel Schnee am Berg – die Stimmung in Zermatt vor der Weltcup-Premiere
Winter. In Zermatt ist er schon angekommen. Das Matterhorn versteckt sich hinter Wolken, die Dächer sind weiss und leise rieseln weitere Schneeflocken vom immer dunkler werdenden Abendhimmel. Das sonst so lebendige Bergdorf wirkt an diesem Donnerstag ruhig, ja fast ausgestorben. Wir sind noch einige Wochen von der Hauptsaison entfernt und viele Restaurants und Hotels bleiben dunkel.
Das erstaunt, geht hier doch an diesem Wochenende eine Weltpremiere über die Bühne: die erste Austragung des Matterhorn Cervino Speed Openings. Jenen Rennen aus dem Ski-Weltcup, die Rekorde brechen sollen und Grenzen überwinden.
Ein schweigsamer Zweitplatzierter
Auf dem Kirchplatz läuft dann doch noch etwas. Hier geht gerade die Hauptprobe für die Siegerehrungen und Startnummernauslosungen der Männer über die Bühne. Der DJ spielt noch nicht immer den richtigen Song zum richtigen Zeitpunkt. Armeeangehörige mimen dabei die Fahrer und geben bei den Probe-Interviews freche Sprüche von sich – nur der Romand, der den zweiten Platz «eingefahren» hat, schweigt.
Eine Handvoll Schaulustige haben sich ebenfalls versammelt und eine Gruppe Zermatter Seniorinnen stösst mit Glühwein an. Sie freuen sich, dass der Ski-Weltcup hier zu Gast ist: «Es ist schön, wenn etwas läuft.» Und dass hier so ein ‹Tamtam› gemacht wird, stört nicht? «Nein. Das ist bei weitem nicht der erste Event hier, wir sind uns das gewohnt.»
Der Wind als Spielverderber
Klein Matterhorn. Hier auf 3883 Metern über Meer ist der Winter noch tiefer. Die Temperatur ist auf –15 Grad gesunken, Wind wirbelt die Schneeflocken umher. Ein wenig weiter unten sollte am Freitag das Abschlusstraining stattfinden, aber die Zeichen stehen nicht gut. Die Sicht ist schlecht und es schneit. Schon früh am Morgen ist eine gewisse Nervosität, teilweise gar Resignation spürbar.
Bereits beizeiten wird kommuniziert, dass ein Start von ganz oben aufgrund der Windsituation nicht möglich ist. Die Nervosität wird grösser. Am Freitag um 10.30 Uhr steht der Jury-Entscheid fest: Auch heute findet kein Training auf der Gran Becca statt. Das Organisationskomitee gibt sich kämpferisch, auch wenn es die gestrichene Hauptprobe bedauert. Es sei natürlich immer schade, wenn ein Training abgesagt werden müsse. «Aber wir nützen jetzt die Zeit, um die Strecke in einen einwandfreien Zustand für das morgige Rennen zu bringen», sagt Christian Ziörjen, CEO der Weltcuprennen.
Die Fahrer tauchen gar nie im Zielbereich auf. Sie sind sich Wetterkapriolen natürlich gewohnt. Die Strecke wäre aufgrund des vielen Schnees wohl auch nicht angenehm zu fahren gewesen. So haben die Athleten quasi einen zusätzlichen Ruhetag zugute.
«Es sieht nicht schlecht aus»
Die Absage macht die Rennen vom Wochenende aber etwas unberechenbar. Zur Erinnerung: Die Strecke ist brandneu und die Fahrer haben darauf nur ein einziges Training absolviert. Was braucht es, um hier in Zermatt schnell zu sein? «Das kann ich auch noch nicht beantworten», sagt ein ehemaliger Rennfahrer im Medienbereich.
So ist es schwierig, einen Favoriten zu küren. Grundsätzlich gilt, dass die Gran Becca eher etwas für die Gleiter ist als für die Techniker – sofern das Wetter mitmacht. Sie hätten in den letzten Tagen gemerkt, dass es schwierig sei, Wetterprognosen zu machen, sagt Christian Ziörjen. Trotzdem gibt er sich zuversichtlich: «Es sieht nicht schlecht aus. Wir sind der Überzeugung, dass wir morgen Samstag fahren können.»
- Beat Feuz feiert in Zermatt seine Premiere als TV-Experte – wie er den Job angehen will
- «Aus dem Kontext gerissen» – Marco Büchel über Long Covid und die Bagger auf dem Gletscher
- 1. Training auf der neuen Strecke in Zermatt – leicht zu fahren, schwierig zu gewinnen
- OK-Chef Julen: «Die Abfahrt in Zermatt ist eines der nachhaltigsten Rennen überhaupt»