Gleich zu Beginn musste man Farbe bekennen. «Wer ist für Olympische Winterspiele in der Schweiz?», fragte der Moderator vor der ersten von zahlreichen Diskussionsrunden rund um das Jahrzehnt der sportlichen Grossanlässe in der Schweiz. Kaum jemand im Saal sprach sich dagegen aus.
Am 29. Swiss Sport Forum im KKL Luzern trafen sich jene Entscheidungsträger, die bei einem sportlichen Grossanlass in der Regel das Portemonnaie öffnen müssen. Wie stehen sie zu den Schweizer Plänen für Winterspiele 2030?
Als erstes musste sich Aline Trede, die Nationalrätin der Grünen, auf dem Podium gegen eine Armada von Olympia-Befürwortern behaupten. Die Bernerin sagte, sie sei nicht gegen Olympische Winterspiele, «aber man benötigt mehr Vorlaufzeit, um wirklich nachhaltige Spiele auf die Beine zu stellen». Trede vermisst in der Machbarkeitsstudie Aussagen zur Schneesituation in knapp zehn Jahren.
Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann erwiderte, dass Schnee 2030 nicht das Problem sein werde. Zu den jüngsten Diskussionen rund um die Gletscher-Skirennen in Zermatt meinte der frühere Abfahrts-Weltmeister: «Manchmal komme ich mir vor wie ein Prügelknabe für den Klimawandel. Ich will den Sport nicht missbraucht sehen für eine gesellschaftspolitische Herausforderung.»
Ruthi Wipfli Steinegger, die Vizepräsidentin von Swiss Olympic, verlangte vom Schweizer Sport auf dem möglichen Weg einer Kandidatur hinblicklich der weiteren Bewerber: «Wir müssen Selbstvertrauen zeigen!».
Das Swiss Sport Forum war ein guter Pulsfühler, ob die Finanzierung eines Olympiabudgets von 1.5 Milliarden Franken realistisch ist. Gemäss Konzept sollen Bund und Kantone für die Sicherheitskosten, im operativen Bereich jedoch lediglich für Aufwendungen rund um die Paralympischen Spiele aufkommen müssen. Die Olympischen Spiele will man komplett privat bestreiten.
SP-Nationalrat und Sportpolitiker Matthias Aebischer, bekräftigte seine Unterstützung für das Schweizer Olympiakonzept. Er findet es aber gewagt, dass man von vornerein Staatsgelder ausschlagen will. «Bei einem solchen Riesenevent entstehen immer irgendwelche Kosten in dreistelliger Millionenhöhe, mit denen niemand gerechnet hat. Vielleicht ist man über eine spätere Unterstützung durch den Bund noch froh.»
250 Millionen sollen Schweizer Sponsoring-Partner an Olympische Winterspiele beitragen, sagt die Machbarkeitsstudie. Ein stolzer Betrag in der Höhe eines Viertels der üblichen Gelder, die so pro Jahr in den Schweizer Sport fliessen. Urs Lehmann meinte nichtsdestotrotz, das sei realistisch. «Es gibt bereits Interessenbekundungen von Seiten, wo ich es nie für möglich gehalten hätte.»
Die Eindrücke und Voten am Swiss Sport Forum stützten Lehmanns Worte. Bruno Marty vom Sportvermarkter Infront sprach aus Sicht der Sponsoren von «goldenen Aussichten, den Wintersport und die Schweiz voranzubringen». Jürg Capol, früherer Marketingchef des internationalen Skiverbandes bliess ins gleiche Horn: «Wir haben in der Schweiz die Kapazitäten und das Know-how, um Winterspiele durchzuführen. Es gibt zwei Gründe, die für kritische Stimmen sorgen: Die Kosten und das IOC.»
Auch Nicholas Bornstein, Geschäftsführer der NGO «Protect Our Winters», attestierte dem Schweizer Sport, dass er Olympische Winterspiele auf eine Weise organisieren kann, dass sie auch bei seiner Organisation auf Kredit stossen. Er forderte «ehrliche und authentische Schritte in der Konzeption des Anlasses. Nachhaltigkeit darf keine Alibiübung sein, nur weil es Auflagen gibt und das Thema gut fürs Image ist. Für die Glaubwürdigkeit ist entscheidend, dass man es wirklich ernst meint.» Protect Our Winters werde das Projekt kritisch begleiten, «wir wollen es aber nicht verhindern».
Als Abschluss ging es auf dem Podium um die Frage, wie man Euphorie für Olympische Spiele in der Schweiz entfache. Politiker Aebischer meinte, es müsse nicht schon jetzt eine Euphorie entstehen. «Ich bin mir sicher: Wenn es losgeht, sind alle mit dabei».
Sportmanagerin Janine Geigele sieht Fragezeichen zur gigantischen Dimension eines solchen Anlasses. Und sie erinnerte daran, dass die Spiele – und auch frühere sportliche Grossanlässe in der Schweiz – in der grossen Mehrzahl mit einem satten Defizit endeten.
Roger Schnegg, Direktor von Swiss Olympic, brachte dieser Mahnfinger nicht aus der Ruhe. Er nahm den Auftrag, über Euphorie zu reden, ernst und meinte mit Blick ins Publikum: «Diese Spiele haben die Kraft, etwas in der Schweiz zu bewegen.» (aargauerzeitung.ch)