Sport
Ski

Vorwurf von Greenpeace: Sprengungen am Gletscher in Sölden für Skiprofis

Ein Fotograf von Greenpeace hat die Bauarbeiten am Rettenbachgletscher in Sölden dokumentiert.
Ein Fotograf von Greenpeace hat die Bauarbeiten am Rettenbachgletscher in Sölden dokumentiert.Bild: Mitja Kobal/Greenpeace

Gletscher-Spreng-Vorwürfe und Wachs-Wirren: Im Skizirkus knirscht es

Bauarbeiten am Gletscher, Angst vor willkürlichen Disqualifikationen und der Wunsch nach tiefen Temperaturen. Einen Monat vor dem Start in die neue Skisaison macht vieles Schlagzeilen, nur nicht der Sport. Eine Übersicht.
28.09.2023, 11:41
Martin Probst / ch media
Mehr «Sport»

In einem Monat startet in Sölden die Skisaison. Und Greenpeace regt zur Frage an: Wird für Marco Odermatt und Co. der Gletscher gesprengt? Die heftige Kritik an den Bauarbeiten am Rettenbachgletscher ist aber nicht das einzige Problem, das den Skisport derzeit umtreibt. Was ist da los?

Bagger statt Pistenbully: Was passiert in Sölden?

Die Fotos der Bauarbeiten am Rettenbachgletscher wühlen auf. Auch jene, die dort schon Rennen gefahren sind. So sagte der ehemalige deutsche Skiprofi Felix Neureuther im Bayerischen Rundfunk: «Die Bilder, die gerade viral gehen, sind eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit des Skisports.»

Der Internationale Skiverband FIS bemüht sich gerade sehr, das Image des klimafreundlichen Skisports zu etablieren. Wenig erfolgreich, wie sich einmal mehr zeigt. Denn auch wenn die Betreiber der Bergbahnen Sölden der Umweltorganisation Greenpeace «böswilligen Missbrauch von Fakten» vorwerfen – der Schaden ist angerichtet. Egal, ob die Bauarbeiten rechtens waren oder nicht. Neureuther sagt darum auch: «Mir tun die Athletinnen und Athleten leid, die wieder mit etwas Negativem konfrontiert werden.»

Ob Marco Odermatt am 29. Oktober zum dritten Mal in Folge den Auftakt in die Weltcupsaison gewinnen kann, rückt in den Hintergrund. Genauso die Frage, ob der Österreicher Marco Schwarz im Gesamtweltcup näher an den Schweizer Dominator rücken kann, jetzt, da er beschlossen hat, alle Rennen zu bestreiten. Es sind spannende Fragen. Aber verglichen mit der Debatte ums Klima auch nebensächliche. Das zeigt sich gerade wieder.

Eingriffe am Eis des Gletschers in Sölden? Greenpeace will das mit Fotos belegen.
Eingriffe am Eis? Greenpeace will das mit Fotos belegen.Bild: Mitja Kobal/Greenpeace

Greenpeace behauptet, die Bergbahnen hätten in Sölden Eis abgetragen, um die Pisten zu erweitern. Sogar von Sprengungen ist die Rede. Dem widersprechen die Betreiber. Gegenüber der Nachrichtenagentur APA sagte Jakob Falkner, der Leiter der Bergbahnen: «Es handelt sich um normale Sanierungsarbeiten der bestehenden Piste aufgrund des Rückganges des Rettenbachgletschers, die im April begonnen haben und bis September andauern.» Arbeiten, die behördlich genehmigt seien.

Wie sieht es in Zermatt aus?

Die Bilder aus Sölden befeuern die Kritik an Gletscherrennen. Betroffen von diesen Diskussionen sind auch die Rennen in Zermatt. Dort sollen am 11. und 12. November die Männer und eine Woche später die Frauen je zwei Abfahrten bestreiten. In der vergangenen Saison musste die Premiere aufgrund von Schneemangel abgesagt werden. In diesem Jahr sehe es besser aus, verkündeten die Organisatoren im Rahmen einer Inspektion durch die FIS.

Optimistisch stimmt die Veranstalter, dass die Rennen zwei Wochen später angesetzt wurden als im Vorjahr. Zudem wurde die Anzahl der Schneedepots von zwei auf fünf erhöht und drei verschiedene Startpositionen sollen für zusätzlich Flexibilität sorgen. Das ist insofern entscheidend, da im kargen und baumlosen Startbereich der Wind zum Spielverderber werden könnte.

Drohen Odermatt willkürliche Disqualifikationen?

Sicher ist bereits, dass Marco Odermatt in Sölden und Zermatt zu den grossen Favoriten zählen wird. Auf der Piste war der 25-Jährige in der vergangenen Saison selten zu bezwingen. Und kaum einer zweifelt, dass sich daran etwas ändern wird. Nun droht allerdings Gefahr von anderer Seite. Die FIS verbietet ab dieser Saison die Verwendung von fluorhaltigem Wachs, weil dieses die Natur belastet.

Durch das Verbot wurden zuerst einmal die Serviceleute gefordert, die neue, aber weiterhin schnelle Wachsmischungen finden mussten. Das war allerdings das kleinste Problem. Befürchtet wird, dass das Fluor-Verbot zu unrechtmässigen Disqualifikationen führen könnte. Experten bemängelten vor allem zu Beginn die Zuverlässigkeit des extra entwickelten Testgeräts. Zwar wurden Fortschritte erzielt, allerdings besteht weiterhin Unsicherheit.

Auch bei Odermatts Ausrüster Stöckli. Der langjährige Rennchef Beni Matti sagte im «Blick»: «Nehmen wir an, die Startnummer 3 geht mit einem Fluor beinhaltenden Ski ins Rennen. Jeder darauffolgende Athlet mit lupenreinem Belag könnte dann über diese Spur gefahren sein und Rückstände von Fluor abkriegen und deshalb disqualifiziert werden.»

Ein Mitarbeiter bringt Wachs auf einem Skibelag auf waehernd einem Skiservice in einer Filiale der Stoeckli Swiss Sports AG, fotografiert am Mittwoch, 4. Januar 2023 in Cham. (KEYSTONE/Christian Beutl ...
Beim Skiwachs gibt es neue Herausforderungen.Bild: KEYSTONE

Und Matti geht sogar noch weiter und spricht von der Möglichkeit der Sabotage, weil sich die Serviceleute im Skisport sehr oft den Arbeitsplatz teilen. Zumindest diese Befürchtung dürfte sich aber kaum bewahrheiten. Schon zuvor mussten die Ski strenge Regularien erfüllen und wäre ein böswilliger Eingriff durch einen anderen Servicemann möglich gewesen. (aargauerzeitung.ch)

Kritik an der Team-Kombination

Auch die Athletinnen und Athleten drücken bereits vor der Saison ihren Unmut über eine Entscheidung der FIS aus. Die Kritik betrifft die Punktverteilung in der neu angesetzten Team-Kombination. Bei diesem Format bilden eine Slalomfahrerin und eine Abfahrerin derselben Nation ein Team und bestreiten je einen Lauf. Die Zeiten der Abfahrerin und der Slalomfahrerin werden schliesslich addiert. Für Kritik sorgt insbesondere, dass die dabei erzielten Punkte in die individuellen Wertungen der Athletinnen und Athleten einfliessen – einige Nationen können nämlich mangels Athleten gar kein Team stellen. So hätten beispielsweise die Slowakin Petra Vlhova und der Griechen AJ Ginnis gar keine Möglichkeit in der Team-Kombination zu punkten. (kat)
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die letzten Schweizer Sieger im Skiweltcup
1 / 13
Die letzten Schweizer Sieger im Skiweltcup
Abfahrt Männer: Marco Odermatt trumpft in Wengen gross auf und gewinnt am 11. und 13. Januar 2024 sowohl die verkürzte als auch die Original-Abfahrt.
quelle: keystone / jean-christophe bott
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Sergio kann nicht Skifahren, Nico will helfen – und organisiert den BESTEN Lehrer
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
28 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
⚡ ⚡ ⚡☢❗andre ☢ ⚡⚡
28.09.2023 08:24registriert Januar 2014
Wie wäre es würde man die Skis VOR dem herunterfahren auf Fluor testen?
700
Melden
Zum Kommentar
avatar
Roger Rüebli
28.09.2023 09:04registriert Juni 2018
Was den Ausbau von Skigebieten betrifft, hat Österreich seit jeher ein spezielles Verhältnis zu der Berglandschaft.
553
Melden
Zum Kommentar
avatar
WarioUnfehr
28.09.2023 08:32registriert Juni 2021
„ Der Internationale Skiverband FIS bemüht sich gerade sehr, das Image des klimafreundlichen Skisports zu etablieren.“
Kann mir jemand erklären was am Skisport klimafreundlich sein soll?
Jedenfalls nichts was mit dem präparieren der Pisten zu tu hat.
Das Skisport, so wie er heite statt findet, ist ein Anachronismus.
526
Melden
Zum Kommentar
28
Blutverschmiertes Gesicht, Dummheiten und Rekord-Sommer – das lief in der Champions League
Ein «Krieger» in Barcelona, zwei dumme Handspiele in Mailand und Brügge sowie ein Rekord vom Schweizer Goalie Yann Sommer. Das passierte am Mittwoch in der Champions League.

Erstmals seit vielen Jahren begeistert der FC Barcelona seine Fans wieder. Einerseits sind dafür natürlich der spektakuläre Fussball unter Trainer Hansi Flick sowie die hervorragenden Ergebnisse verantwortlich. Andererseits liegt das auch an Eigengewächsen wie Lamine Yamal oder eben Pau Cubarsi. Der 17-Jährige ist trotz seines jungen Alters bereits Stammspieler in der Innenverteidigung – und scheut sich nicht vor schmerzhaften Situationen.

Zur Story