Aus sportlicher Sicht verläuft Wimbledon für Novak Djokovic traumhaft. Nur wenige Wochen nach einem arthroskopischen Eingriff am rechten Knie mit Fragezeichen angetreten, steht der 37-Jährige im Halbfinal. Auf dem Weg dorthin musste er nur zwei Sätze abgeben und keinen Spieler aus den Top Ten der Weltrangliste bezwingen. Zuletzt spielte ihm in die Karten, dass sich der designierte Viertelfinalgegner, der Australier Alex De Minaur (25, ATP 19), in der Runde zuvor beim Matchball verletzt hatte und sich vor dem Duell mit dem Serben zurückziehen musste.
Damit kommt Djokovic, der noch immer mit einer Bandage am operierten Knie spielt, vor dem Halbfinal vom Freitag gegen den überraschenden Italiener Lorenzo Musetti (22, ATP 25) zu drei unerwarteten Ruhetagen.
Ganz ohne Nebengeräusche spielt sich Djokovic nicht durchs Tableau. Am Montag hatte er sich auf dem Centre Court mit dem Publikum angelegt, als er sagte: «An alle, die sich dazu entschieden haben, die Spieler, in diesem Fall mich, nicht zu respektieren: Habt eine guuuuuuute Nacht!» Djokovic glaubt, dass er im Spiel gegen Holger Rune ausgebuht worden war.
Den Einwand, das Publikum habe womöglich «Ruuuune» gerufen, um seinen Gegner zu unterstützen, wehrte Djokovic ab: «Das akzeptiere ich nicht. Ich weiss, dass sie für Rune waren, aber das war eine Ausrede, um auch zu buhen. Ich bin seit zwanzig Jahren dabei. Ich kenne alle Tricks.»
Auch später, nachdem er verpflegt und frisch geduscht war, die Massage hinter sich hatte, da war der Ärger beim 37-Jährigen nicht verflogen. Ein Interview mit dem britischen TV-Sender BBC brach Djokovic nach 98 Sekunden ab. Der Vorfall auf dem Centre Court hatte Fragen provoziert.
Novak Djokovic walked out of his interview with BBC in 98 seconds
— The Tennis Letter (@TheTennisLetter) July 9, 2024
Every question was focused on the crowd last night in the Rune match
“Do you have any other questions other than the crowd? Are you focused only on that? This is the 3rd question.”
pic.twitter.com/1ZM4kirPDL
Ob er nicht den Respekt bekomme, den er verdiene, zum Beispiel. Oder wie er damit umgehe? Nach der dritten Frage zum Vorfall sagt er : «Haben Sie noch andere Fragen, oder geht es nur ums Publikum? Zum Spiel zum Beispiel?» Als es dann um den nächsten Gegner ging, sagte Djokovic nur: «Ich freue mich darauf, es wird schwierig.» Und verabschiedete sich.
Danach nahm sich Djokovic auch noch seinen eigenen Sponsor zur Brust. Gegenüber serbischen Medien beklagte er, dass Lacoste zu wenig unternehme, um seinen Anhängern in Verkaufsläden Zugang zu seinen Produkten zu ermöglichen. «Ich bin frustriert und unzufrieden, das war ich schon in den letzten Jahren», sagte er. Es brauche von allem mehr, «damit die Menschen meine Produkte kaufen können. Denn das Niveau, auf dem ich Tennis spiele, ist auf der ganzen Welt sehr populär.»
Zuschauer, Journalisten, Sponsoren - Novak Djokovic teilt derzeit gegen alles und jeden aus. «Er zeigt sein wahres Gesicht», kommentierte der Australier Nick Kyrgios und meinte das positiv. Vorbei seien die Zeiten, in denen der Serbe sich verstellte, um dem Publikum zu gefallen, weil er glaubt, von ihm nicht jenen Respekt zu bekommen, den er verdiene.
Schützenhilfe bekommt Djokovic auch von Tennisexperte John McEnroe. Auf die Frage, was er dem Serben nach dessen Tirade mitteilen würde, sagte der Amerikaner: «Gut gemacht!» Djokovic sei mit Abstand derjenige, der am meisten habe einstecken müssen.«Weil er die Frechheit besass, besser zu sein als Federer und Nadal. Ich bewundere, dass er die Eier hatte, das zu sagen. Denn damit bringe er noch mehr Leute gegen ihn auf.»
Jahrelang vermittelte Djokovic den Eindruck, darunter zu leiden, dass er trotz seiner Erfolge oft im Schatten von Rafael Nadal und Roger Federer stand. Dass ihm nun, dem Letzten aus diesem Trio, nicht bedingungslos gehuldigt wird, dass sich das Publikum neue Sieger, neue Gesichter und neue Geschichten wünscht, scheint Djokovic nicht weiter zu überraschen.
Das Publikum ist darauf vorbereitet, die Journalisten auch. Und ja, auch sein Sponsor. Eine Woche vor dem Start des Wimbledon-Turniers, als noch gar nicht sicher war, ob Djokovic würde antreten können, war auf der Onlineplattform seines französischen Ausrüsters ein Shirt verfügbar, das den 25. Grand-Slam-Titel feierte - und damit dem Turniersieg vorgriff. Lacoste entfernte den Artikel und machte ein technisches Problem geltend.
Nur zwei Siege trennen Djokovic noch davon, auch in Wimbledon mit dem bisherigen Rekordsieger bei den Männern, Roger Federer, gleichzuziehen. Der Schweizer hat das Turnier im Südwesten Londons acht Mal gewonnen. (aargauerzeitung.ch)
Nope. Weil er ständig seit Jahren mit eigenartigen Aktionen auffällt.