Während Roger Federer sich ein paar freie Tage gönnt, weilt sein Trainer Severin Lüthi kraft seines Amtes als Davis-Cup-Captain beim Turnier in Gstaad. Dort verfolgt er am Samstag den Qualifikations-Match zwischen Adrian Bodmer und Yann Marti.
Der Walliser setzt sich mit 6:4, 6:3 durch, doch viel entscheidender ist, was danach passiert. Yann Marti (30) baut sich vor Lüthi auf, dreht den Schläger um und sagt: «Das kannst Du dir in den Hintern stecken.» Das bestätigen mehrere voneinander unabhängige Quellen.
Martis Pech: Im Publikum sitzen ein Linienrichter und der französische ATP-Referee Stéphane Apostolou. Sie bestätigen gegenüber Supervisor Carlos Sanches den Wortlaut. Nach Sichtung von Videoaufnahmen wird Marti am Sonntag disqualifiziert. Marti war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch Severin Lüthi äusserte sich nicht zum Vorfall. Yann Marti droht nun eine mehrmonatige Sperre und eine Busse im vierstelligen Bereich.
Seine Entgleisung hat eine Vorgeschichte, die sich im März 2015 abspielt. In Abwesenheit von Roger Federer und Stan Wawrinka wird er vor dem Davis-Cup-Achtelfinal in Belgien von Lüthi nach Hause geschickt. Marti hatte sich geweigert, die Rolle des Reservisten auszufüllen. Vater und Trainer Jean-Marie warf Lüthi daraufhin Vetternwirtschaft vor. Für den Final im November 2014 sei sein Sohn nur darum nicht aufgeboten worden, «weil Federer mit seinen Kumpels den Davis Cup gewinnen wollte.»
Marti machte geltend, ihm seien Prämien versprochen worden, die er nie erhalten habe. Swiss Tennis löste daraufhin den Fördervertrag mit dem Walliser auf. Im Oktober 2015 wird Marti wegen aggressiven Verhaltens vom Tennis-Weltverband ITF für vier Monate gesperrt und mit einer Busse von 1000 Dollar belegt. Im gleichen Jahr endet der Final der Schweizer Meisterschaft mit einem Eklat. Marti zielt beim Aufschlag gegen den Kopf seines Gegners und wird deswegen verwarnt. Zu Beginn des zweiten Satzes gibt sein Gegner entnervt auf.
Sportlich bewegt sich Marti im Niemandsland, zuletzt spielte er drittklassige Future-Turniere in Frankreich, Belgien und Portugal. Derzeit ist er noch die Nummer 810 der Welt. Marti selber sieht sich als Ausgeschlossener. «Ich spiele nicht für die anderen, sondern für mich und alle diejenigen, die mich unterstützen. Ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber, was die Gegner über mich denken», sagte er vor drei Jahren. Viel Gutes dürfte es nicht mehr sein.