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Wimbledon: Chun-hsin Tseng und die Parallelen zu Federer

Tseng Chun Hsin of Taiwan kisses the trophy after defeating Jack Draper of Britain in the boys' singles final at the Wimbledon Tennis Championships in London, Sunday July 15, 2018. (AP Photo/Ben  ...
Chun-hsin Tseng holt in Wimbledon seinen zweiten Junioren-Grand-Slam-Titel des Jahres.Bild: AP

Dieser exakt 20 Jahre jüngere «Federer-Klon» erobert gerade die Tennis-Welt

18.07.2018, 12:3718.07.2018, 12:54

Im Sommer 1998 ging der Stern von Roger Federer auf. Als knapp 17-Jähriger triumphierte der heutige Rekord-Grand-Slam-Sieger beim Junioren-Turnier von Wimbledon. Dieser Erfolg ermöglichte ihm erste Turnierteilnahmen auf der Profi-Tour. Bei seinem ATP-Debüt in Gstaad kurz danach verlor Federer zwar gegen die argentinische Weltnummer 88 Lucas Arnold Ker in zwei Sätzen, der Grundstein für seine einzigartige Karriere war dennoch gelegt. 

20 Jahr später schickt sich nun einer an, in die grossen Fussstapfen des «Maestros» zu treten. Die Parallelen sind verblüffend: Chun-hsin Tseng aus Taiwan hat wie Federer am 8. August Geburtstag, ist somit auf den Tag genau 20 Jahre jünger als der achtfache Wimbledon-Sieger. Am vergangenen Sonntag gewann Tseng die Junioren-Konkurrenz an der «Church Road», 20 Jahre nach Federer.

«In drei Jahren wird er also Federer auf dem Centre Court im Wimbledon-Achtelfinal  besiegen.»
Twitter-Kommentar
«Das wäre grossartig fürs Tennis. Weil Roger dann noch drei Jahre spielen würde.»
Die Antwort darauf.

Ist Chun-hsin Tseng also «The next big thing to come» im Männer-Tennis? Das zu sagen wäre vielleicht noch etwas verfrüht, schliesslich ist der Rechtshänder, der die Rückhand im Gegensatz zu seinem berühmten Vorgänger zweihändig spielt, erst 16 Jahre alt. Das Potenzial dazu hätte der Taiwaner aber allemal.

Als erster Spieler seit Gaël Monfils vor 14 Jahren hat er es in die Finals von allen drei bisherigen Junioren-Grand-Slams geschafft. In Australien unterlag er Sebastian Korda (Sohn von Petr Korda, Australian-Open-Sieger von 1998) noch in zwei Sätzen, in Paris und in Wimbledon holte er sich dann gegen den Briten Jack Draper den Pokal. In der Junioren-Weltrangliste ist Tseng damit im Moment die klare Nummer 1.

epa06891496 Chun Hsin Tseng of Taiwan lifts the championship trophy after beating Jack Draper of Britain in the juniors singles final of the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Club ...
Tseng küsst den Wimbledon-Pokal ...Bild: EPA
Taiwan's Tseng Chun Hsin shows his trophy after defeating Argentina's Sebastian Baez in their boy's singles final match of the French Open tennis tournament at the Roland Garros stadium ...
... und lächelt für das Spiegelfoto mit der Paris-Trophäe.Bild: AP

Um noch besser zu werden, trainiert Tseng derzeit an der renommierten Mouratoglou Tennis Academy. Gründer Patrick Mouratoglu trainierte unter anderen Marcos Baghdatis, Grigor Dimitrov und Serena Williams. Noch nicht völlig austrainiert und nur 1,75 Meter gross wirkt der Taiwaner noch etwas schmächtig, um dereinst das Welttennis zu erobern. Ein paar Zentimeter Wachstum und ein paar Stunden im Kraftraum würden sicherlich nicht schaden.

Seine Mutter holt Tseng nach dem Wimbeldon-Sieg am Flughafen ab.Video: streamable

Tseng, der in der Academy einfachhalber «Jason» statt Chun-hsin gerufen wird, wird oft mit Kei Nishikori, seinem grossen Vorbild, verglichen. Der Japaner gehört mit 1,78 Meter ebenfalls nicht zu den grössten Spielern auf der Tour, hat sich in der Weltspitze aber etabliert. 2014 stand er im US-Open-Final, ein Jahr später war er die Weltnummer 4. Noch wartet er aber auf den ganz grossen Coup.

Wer sich auf die Suche nach einem Grand-Slam-Sieger unter 1,80 Meter macht, muss weit zurückschauen. Der 1,75-Meter-grosse Gaston Gaudio triumphierte 2004 beim French Open. Auf einem schnellen Belag war es Lleyton Hewitt (1,78 Meter) bei seinem Wimbledon-Triumph 2002.

epa06890405 Chun Hsin Tseng of Taiwan celebrates after beating Jack Draper of Britain in the juniors singles final of the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Club, in London, Britai ...
Der neue Federer jubelt schon wie der richtige Federer.Bild: EPA/EPA

«Jason» Tseng befindet sich noch im Wachstum. Gut möglich, dass er noch ein paar Zentimeter zulegen wird. Für eine grosse Karriere ist die Körpergrösse ohnehin nur ein Faktor. Entscheidend wird auch sein, wie er sich in Sachen Spielintelligenz und Taktik weiterentwickelt, wie er mit den wachsenden Erwartungen und dem Druck umgehen wird.

Eine Prognose, wie weit es Tseng dereinst bringen wird, bleibt momentan nur Spekulation. Spätestens in 20 Jahren wissen wir mehr. Wenn der Taiwaner dann mit fast 37 Jahren 20 Grand-Slam-Titel auf dem Konto hat so wie Roger Federer, wäre es definitiv eine schöne Geschichte.

Tennisspieler mit mindestens zwei Grand-Slam-Titeln (seit 1968)

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Tennisspieler mit mindestens zwei Grand-Slam-Titeln (seit 1968)
Novak Djokovic (2008 bis 2023): 24 Grand-Slam-Titel (10-mal Australian Open, 7-mal Wimbledon, 4-mal US Open, 3-mal French Open).
quelle: keystone / thibault camus
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«Chum jetz, Roger, tritt ändlich zrugg!»

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2 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lukakus
18.07.2018 16:18registriert August 2015
Der sieht wirklich genau wie Federer aus!
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2
Der nächste Josi? Das sind die besten Schweizer Nachwuchsspieler
Wer wird künftig die Musik machen? Hier eine Aufstellung der Junioren mit den Jahrgängen 2006 bis 2008, die jetzt noch nicht oder kaum im Rampenlicht der höchsten Liga stehen. Aber die – mit ein bisschen Glück – mittelfristig eine wichtige Rolle spielen werden. Und deren Namen längst in den Notizbüchern der Sportchefs stehen sollten.
Keine Polemik. Keine willkürliche Auswahl. Die Basis dieser Zusammenstellung ist eine nüchterne Beurteilung durch Coaches der Klubs und der Junioren-National- und Auswahlteams. Ob diese Nachwuchsspieler ihr Potenzial im Laufe der nächsten Jahre ihr Potenzial tatsächlich umsetzen und ausreizen können, muss sich erst noch weisen.
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