Die Organisatoren der Australian Open können aufatmen: Mit Novak Djokovic wird der gegenwärtig beste Tennisspieler der Welt in Melbourne am Start sein. Der 34-Jährige hat bekanntgegeben, im Besitz einer Ausnahmebewilligung der Behörden des australischen Bundesstaats Victoria zu sein.
Der australische Premierminister Scott Morrison forderte von Djokovic den Beweis, dass diese Ausnahmebewilligung gerechtfertigt ist. Ansonsten werde er «mit dem ersten Flieger» ausgewiesen. «Es wird keine Spezialbehandlung für Novak Djokovic geben, nicht die kleinste», sagte Morrison.
Die Nachricht von Djokovics Anreise wurde insbesondere in Australien mit Verärgerung registriert. Die Bewohner des fünften Kontinents mussten mit harten Corona-Massnahmen und zahlreichen Lockdowns leben. Dass nun für Novak Djokovic andere Regeln gelten als für sie, stösst vielen sauer auf.
«Wie frustrierend. Offensichtlich gelten die Regeln für einige nicht, besonders nicht, wenn sie Geld haben. Ich werde mit Sicherheit keines seiner Spiele schauen», las TV-Moderator Mark Beretta im australischen Fernsehen eine Zuschauer-Reaktion vor, die stellvertretend für die generelle Meinung im Land sei.
Craig Tiley, der Chef von Tennis Australia, betonte derweil, Djokovic habe keine Sonderbehandlung genossen. Ihm sei eine medizinische Ausnahmegenehmigung erteilt worden.
«Wenn ich als internationaler Besucher einreisen möchte, nicht geimpft bin und diese Richtlinien erfülle, kann mir jeder Arzt eine Ausnahmegenehmigung erteilen und meinen Namen in das Impfregister eintragen», sagte Tiley laut «7 News». Die Gründe für Djokovics Befreiung von der Impfpflicht seien ihm nicht bekannt.
Er verstehe jeden, der sich darüber ärgere, sagte Tiley weiter. «Wir haben volles Verständnis für die Menschen, die wegen Novaks Äusserungen in den letzten Jahren zum Thema Impfung verärgert sind. Ich werde ihn ermutigen, öffentlich darüber zu sprechen. Aber letztendlich liegt das an ihm.»
Die Sportvorsteherin des Bundesstaats Victoria, wo die Australian Open stattfinden, zeigte ebenfalls Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung. «Aber ich möchte klarstellen, dass niemand eine Sonderbehandlung erhält oder erhalten wird, weil er oder sie beruflich etwas erreicht hat», betonte Jaala Pulford. Entsprechende Anträge würden von zwei unabhängigen Gremien medizinischer Sachverständiger bewertet. «Ich würde es begrüssen, wenn er die Bewohner von Victoria aufklären würde. Das wäre eine gute Sache, das würde wohl eine Menge Fragen klären.»
Rund 3500 Spieler, Betreuer und Helfer werden für die Australian Open akkreditiert. Insgesamt wurden 26 Anträge für eine Ausnahmebewilligung von der Impfpflicht gestellt, «nur eine Handvoll» davon sei genehmigt worden, heisst es in Berichten.
«Ich denke, wenn ich nicht geimpft wäre, würde ich keine Ausnahmegenehmigung erhalten», sagte der schottische Doppelspezialist Jamie Murray, auf Djokovic angesprochen. «Aber ich gratuliere ihm, dass er die Erlaubnis bekommen hat.»
Beim ATP Cup wurden natürlich auch andere Spieler zu ihrer Meinung befragt. «Ich kenne die Kriterien nicht, aber wenn er sie erfüllt, sollte er kommen dürfen», sagte der Australier James Duckworth. «Sehr politisch korrekt von dir», meinte sein Landsmann Alex De Minaur mit einem Lachen. Und weiter: «Ich finde es einfach sehr interessant. Mehr will ich dazu nicht sagen.»
Djokovic erhält nun im Bundesstaat Victoria dieselben Rechte wie ein Geimpfter. Das heisst, er muss nach seiner Einreise nicht in eine zweiwöchige Quarantäne, kann Restaurants besuchen und wird auch keine zusätzlichen Tests ablegen müssen während des Turniers.
Wobei er zunächst die Grenze passieren muss. Australiens Innenministerin Karen Andrews wies – ohne Djokovic namentlich zu nennen – darauf hin, dass die Ausnahmebewilligung keine Garantie für die Einreise sei. «Während die Regierung des Bundesstaates Victoria und Tennis Australia einem nicht geimpften Spieler die Teilnahme an den Australian Open erlauben können, ist es die Regierung des Commonwealth, die unsere Anforderungen an der australischen Grenze durchsetzen wird», erläuterte Andrews. Die Innenministerin versprach: «Keiner Person, die an den Australian Open teilnimmt, wird eine Sonderbehandlung zuteil.»
Die Australian Open in Melbourne beginnen am 17. Januar. Sollte Novak Djokovic das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres gewinnen, wäre es sein 21. Major-Titel. Der Serbe würde damit seine beiden Rivalen Roger Federer und Rafael Nadal überholen und alleiniger Rekordhalter werden. (ram)
(Mit Informationen der Agentur Keystone-SDA)
Aber wird wohl kaum geschehen.