300 Millionen Franken soll Roger Federer ein neuer Sponsoren-Deal mit dem japanischen Ausrüster Uniqlo über die nächsten zehn Jahre verteilt einbringen. Doch bis dahin sind noch einige Hürden zu meistern. Obwohl der 2008 abgeschlossene Zehnjahresvertrag mit Nike bereits im März ausgelaufen ist, gestaltet sich die Entflechtung aller Interessen wohl schwierig. Im Zentrum steht die Frage, was aus dem RF-Logo wird, an dem Nike die Rechte halten soll. Sehr wahrscheinlich ist, dass diese Eventualität vertraglich geregelt ist. Wenn nicht, könnte es für Roger Federer schnell teuer werden.
Auch aus sportlicher Sicht birgt der mögliche Deal, zu dem sich weder Federer noch sein Manager Tony Godsick bisher geäussert haben, Tücken. Uniqlo stellt bis heute keine Tennisschuhe her, wichtige Erfahrungswerte fehlen also. Neben dem Schlägerwechsel gilt der Wechsel des Schuhwerks als radikalster Einschnitt, den ein Tennis-Profi vornehmen kann. Jeder Fuss ist anders, und reagiert anders auf wechselnde Unterlagen. Nicht selten dauert es Monate, bis die perfekte Abstimmung gefunden ist. Zeit, die der Baselbieter, der im August bereits 37 wird, nicht hat.
Wie einschneidend der Schuhwechsel sein kann, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit. Pete Sampras liess sich einst von Sergio Tacchini zu Nike locken und zog sich prompt eine schwere Verletzung an der Achillessehne zu. Erst danach wurde der Schuh individuell auf die Bedürfnisse des Amerikaners angepasst. Der 14-fache Grand-Slam-Sieger spielte danach bis zum Ende seiner Karriere nur noch in einem Modell, das jeweils nur moderat angepasst wurde: dem Oscillate.
Anders als Uniqlo verfügt Nike über eine lange und erfolgreiche Geschichte als Hersteller von Tennisschuhen. Entsprechend gross ist das Wissensreservoir. Das dürfte auch Rafael Nadal die Karriere gerettet haben. In der frühen Phase seiner Karriere litt er immer wieder unter diversen Verletzungen an beiden Füssen. Erst 2006 diagnostizierte ein Madrider Spezialist eine angeborene Fehlstellung des Kahnbeins, was chronische Schmerzen in der Fusswurzel verursachte.
Das Martyrium hatte damit aber noch kein Ende. Über Monate suchten die Entwickler bei Nike nach Lösungen, im Mittelpunkt: Dämpfung, härte der Sohle, Schnürung – jedes Detail musste abgestimmt werden. Denn die ersten Massnahmen wirkten sich negativ aus: Nadal kämpfte wegen der anderen Belastung plötzlich mit muskulären Beschwerden in den Beinen, im Rücken und mit Schmerzen an den Knie. Erst eine neue Sohle löste das Rätsel und rettete Nadal wohl seine Karriere.
Doch um Beispiele zu finden, wie wichtig das Schuhwerk im Tennis ist, muss Federer gar nicht so weit suchen. Martina Hingis beendete 2001 ihre Karriere im Alter von 20 Jahren erstmals, weil sie mit Fussbeschwerden zu kämpfen hatte. «Der Arzt bestätigt, dass die Verletzung chronisch ist und von den Schuhen herrührt», sagte die Schweizerin und verklagte den italienischen Hersteller Tacchini auf 40 Millionen Dollar Schadenersatz, allerdings ohne Erfolg. Den Schaden hatte sie trotzdem.
Novak Djokovic, der von 2012 bis im 2017 bei Uniqlo unter Vertrag stand, löste das Problem so: Er spielte einfach weiterhin in Adidas-Schuhen, ehe er Anfang Jahr zu Asics wechselte. Federer soll dem Vernehmen nach bereits in Wimbledon in Uniqlo-Material spielen. Beim ersten Training in Stuttgart trug er trotz vertragslosem Zustand noch seine Nike-Ausrüstung. Und die Amerikaner können ihm schlecht verbieten, auch künftig ihre Schuhe zu tragen. Fraglich ist, was Uniqlo davon hielte.
Übrigens: Die Expertise der Nike-Experten ist nicht nur im Spitzensport gefragt, sondern auch bei Mick Jagger, dem Frontmann der Rolling Stones. Der inzwischen 74-jährige Altrocker vertraut auf zahlreiche Spezialanfertigungen aus der Küche des US-Giganten. Was er auf der Bühne trägt, die Leather Nike Air Essentials III., sind speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnitten. Sie sind ohne Profil und begünstigen das Rutschen. Das hingegen gilt es für Roger Federer natürlich zu verhindern.