Spätestens in den Playoffs waren die Denver Nuggets im letzten Frühling das beste Team der NBA. 16 Siege zu 4 Niederlagen lautete die Playoff-Bilanz am Ende, das Team um Nikola Jokic krönte sich so höchst verdient zum Meister. Fast schon beängstigend scheint da die Tatsache, dass das Team von Trainer Mike Malone noch besser werden könnte.
Sowohl der 26-jährige Jamal Murray als auch der 25-jährige Michael Porter Jr. sind in einem Alter, in dem ein weiterer Schritt in der Entwicklung nicht ausgeschlossen ist. Ausserdem liegen ihre schweren Verletzungen nun noch weiter in der Vergangenheit. Dazu sind auch Aaron Gordon (28) und Kentavious Caldwell-Pope (30) im besten Alter. Zwar verlor Denver mit Bruce Brown einen auf dem Weg zum Titel nicht unbedeutenden Spieler, doch ist der Verlust verkraftbar. So wird es die Konkurrenz nicht einfach haben, die Nuggets zu entthronen.
Deshalb haben sich die Konkurrenten nun weiter verstärkt. Allen voran gelang den Milwaukee Bucks mit der Verpflichtung von Damian Lillard ein Coup. Der 33-jährige Point Guard kam per Trade aus Portland und soll mit Giannis Antetokounmpo ein neues Superstar-Duo bilden. Ausserdem wurde der Meistertrainer von 2021 Mike Budenholzer nach einem enttäuschenden Playoff-Aus in der 1. Runde durch Adrian Griffin ersetzt.
Dieser darf aufgrund des hervorragenden Schützen Lillard gepaart mit dem athletischen Griechen auf eine beinahe unaufhaltbare Offensive hoffen. Zwar wird die Bucks-Defensive leiden, da für Lillard unter anderem Jrue Holiday abgegeben wurde, doch dürfte sie dank Antetokounmpo und Brook Lopez nach wie vor sehr stark sein.
In den Playoffs könnte es für die Bucks dann zu einem Wiedersehen mit Holiday kommen. Der Point Guard ist nun bei den Boston Celtics untergekommen. Der 17-fache Meister und Halbfinalist der Vorsaison hat das Team um Jayson Tatum und Jaylen Brown in der Saisonpause kräftig umgekrempelt.
Defensivspezialist und Dauerarbeiter Marcus Smart ist nicht mehr Teil des Teams, dafür soll Kristaps Porzingis die Offensive verstärken und zusammen mit Holiday das Star-Duo entlasten. Gemeinsam mit den Bucks gilt das Team von Trainer Joe Mazzulla als Hauptfavorit auf den Gewinn der Eastern Conference.
In der Western Conference wird Denver unter anderem von den Golden State Warriors herausgefordert. Der Meister von 2022 hat mit der Verpflichtung von Chris Paul ein klares Signal gesetzt: Es zählt nur die Gegenwart. Denn für den 38-jährigen Spielmacher wurde unter anderem Jordan Poole abgegeben. Der 23-Jährige war zwar ein guter Skorer, harmonierte mit den etablierten Kräften aber nicht wirklich – Draymond Green schlug Poole während der Vorbereitung im letzten Jahr gar ins Gesicht.
Paul könnte in San Francisco zwar von der Bank kommen, dürfte aber dennoch einen grossen Einfluss haben. Eine Offensive, in der mit Steph Curry und Klay Thompson zwei der besten Schützen der NBA-Geschichte vom «Point God» bedient werden, dürfte jeder Defensive Furcht einflössen. So könnte in den letzten Jahren von Curry (35), Thompson (33) und Green (33) noch ein fünfter gemeinsamer Titel hinzukommen.
Chris Pauls Ex-Team entschied sich nach dem Viertelfinal-Aus ebenfalls zu einigen Änderungen. Statt Paul wurde mit Bradley Beal aus Washington ein weiterer hervorragender Skorer geholt, der die ohnehin schon starke Offensive um Devin Booker und Kevin Durant noch verbessert. Ausserdem wurde Trainer Monty Williams durch den Defensiv-Spezialisten Frank Vogel ersetzt. Kann dieser aus den bis auf Durant nicht gerade für ihre Verteidigung bekannten Spielern eine gute Team-Defensive bilden, wird Phoenix im Titelkampf ein grosses Wörtchen mitreden.
Eigentlich würde auch Philadelphia zu den Titelanwärtern zählen, doch scheinen die Differenzen zwischen James Harden und General Manager Daryl Morey weiterhin unüberwindbar. Harden zeigte sich erbost, da ihm kein neuer Vertrag angeboten wurde, obwohl es ihm im letzten Jahr angeblich versprochen wurde.
Wann der 34-jährige Shooting Guard zum Team zurückkehrt, ist unklar. Früher oder später dürfte er aber wieder zu den 76ers stossen oder getradet werden, da er bei einem Streik viel Geld zu verlieren droht. Ansonsten hängt der Erfolg Philadelphias vor allem an MVP Joel Embiid und Tyrese Maxey, dem viele den nächsten Schritt zutrauen.
Nachdem er sich erneut mit einer Schusswaffe in den sozialen Medien gezeigt hatte, wurde Ja Morant nun für die ersten 25 Spiele der Saison gesperrt. Das Thema wird ihn und die Memphis Grizzlies auch nach Ablauf der Sperre weiterhin begleiten. Bis dahin zählen die Grizzlies auf Jaren Jackson Jr., den besten Verteidiger der letzten Saison, Shootingstar Desmond Bane und den erfahrenen Marcus Smart. Der Neuzugang aus Boston verkörpert die Mentalität des Basketball-Teams aus Tennessee mit seiner Kampfbereitschaft wie kaum ein anderer und wird ein Gewinn für das junge Team sein.
Kriegen Luka Doncic und Kyrie Irving zusammen die Kurve? Wie oft steht Irving, der in den letzten sechs Saisons im Schnitt nur etwas mehr als die Hälfte der Partien absolvierte und vor allem mit dem Verbreiten von Verschwörungstheorien auffiel, in dieser Saison überhaupt zur Verfügung? Und wie stark kann die Defense durch Grant Williams und andere Neuzugänge verbessert werden? Diese Fragen begleiten die Dallas Mavericks auch in dieser Saison.
Eigentlich sollte Irving die «Mavs» nach seiner Ankunft per Trade aus Brooklyn im Februar zum Titelkandidaten machen, doch Dallas stürzte ab. Standen die Texaner in der Saison 2021/22 noch im Halbfinal und schien der Weg nach oben um Superstar Doncic vorgezeichnet, gehören sie nicht mehr länger zum engeren Favoritenkreis. Nun droht Dallas den Slowenen, der seine Unzufriedenheit während der letzten Saison nicht verbarg, gar zu verlieren, sollte sich der Erfolg nicht bald wieder einstellen.
Das Team aus Florida wollte Damian Lillard unbedingt, doch Portland schickte ihn nach Milwaukee. Auch bei Jrue Holiday gingen die Miami Heat in der Folge leer aus. So scheint der Finalist der Vorsaison von der Konkurrenz überholt worden zu sein, doch darf man das Team von Erik Spoelstra nie abschreiben. Allen voran Jimmy Butler besitzt in den Playoffs einen zusätzlichen Gang und so ist Miami immer für eine Überraschung gut.
Auch die Clippers wollten sich per Trade einen weiteren Star ins Boot holen, blitzten aber sowohl in den Verhandlungen um Holiday als auch bisher bei Harden ab. So bleibt die immer selbe Frage: Wie viele Spiele sind Kawhi Leonard und Paul George fit? Denn nur mit den verletzungsanfälligen Stars können die Clippers, bei denen auch Russell Westbrook eine kleine Renaissance erlebt, um den Titel spielen. Langsam rennt dem Team von Trainer Tyronn Lue die Zeit davon.
Als das Verpassen der Playoffs drohte, schalteten LeBron James und die Los Angeles Lakers plötzlich in einen anderen Modus, der sie bis ins Halbfinal brachte. Obwohl sie dort gegen den späteren Meister Denver chancenlos blieben, bewiesen sie so, dass sie zu den besten Teams der NBA gehören. Dies lag vor allem an Anthony Davis, der endlich sein gesamtes Potenzial ausschöpfte, defensiv überragte und gesund blieb.
Ist dies erneut der Fall und können auch die jüngeren Spieler um Austin Reaves und D'Angelo Russell überzeugen, muss im Titelkampf mit den Lakers gerechnet werden. Für den im Dezember 39 Jahre alt werdenden James, der schon nach dem Ausscheiden gegen Denver über einen Rücktritt nachdachte, könnte seine möglicherweise letzte Saison also nochmal eine sehr erfolgreiche werden.
Hinter den etablierten Titelanwärtern sind aber auch einige junge Stars bereit, mit ihrem Team in die Riege der Spitzenteams vorzustossen. Allen voran Minnesota um den 22-jährigen Anthony Edwards hofft, dass sich der Trade für Defensiv-Spezialist Rudy Gobert mit einem Jahr Verspätung doch noch auszahlt. Die letzten Wochen der Vorsaison, als Karl-Anthony Towns von seiner Verletzung genesen war, machen aber Hoffnung, erstmals seit 2004 eine Playoff-Serie gewinnen zu können.
Konkurrenz droht in der Western Conference aber unter anderem aus Oklahoma City. Shai Gilgeous-Alexander entpuppte sich spätestens in der letzten Saison als absoluter Top-Spieler. Nun bekommt der 25-jährige Kanadier in Chet Holmgren einen weiteren vielversprechenden Teamkollegen. Der 21-Jährige verpasste seine erste NBA-Saison komplett und soll nun gemeinsam mit «SGA» und den ebenfalls sehr talentierten Jungprofis Jalen Williams und Josh Giddey dafür sorgen, dass die Thunder die Playoffs nicht noch einmal verpassen.
Mit vielen Vorschusslorbeeren wurde Zion Williamson im Draft an erster Stelle ausgewählt. Das ist jetzt vier Jahre her und wirklich gerecht werden konnte der mittlerweile 23-Jährige den Erwartungen noch nicht. Dies lag vor allem an den vielen Verletzungen des Power Forwards, der sein grosses Potenzial aber immer wieder zeigte, wenn er auf dem Feld stand. In seinen 29 Einsätzen in der letzten Saison gingen die New Orleans Pelicans 17-Mal als Sieger vom Platz. Steht Williamson seinem Team endlich mal häufiger zur Verfügung, könnte er mit Brandon Ingram und auch C. J. McCollum für einige Überraschungen sorgen.
Wie Minnesota hofft auch Atlanta, dass sich der Trade der letzten Saison auszahlen wird. Der achte Platz in der Eastern Conference war nämlich nicht das, was sich die Hawks vorgestellt hatten, nachdem sie Dejounte Murray per Trade verpflichtet haben. In dieser Saison soll das Experiment mit dem 27-jährigen Murray und seinem zwei Jahre jüngeren Backcourt-Partner Trae Young erfolgreicher laufen. Dabei soll auch der Genfer Center Clint Capela helfen.
Erfolgreicher als in Atlanta lief es für die Cleveland Cavaliers mit Neuzugang Donovan Mitchell. In den Playoffs setzte es für den Vierten der Eastern Conference mit dem Erstrunden-Aus gegen New York aber eine Enttäuschung ab. Da neben Mitchell (27) aber auch die weiteren Leistungsträger wie Darius Garland (23), Evan Mobley (22) oder auch Jarrett Allen (25) noch eher jung sind, dürfen die «Cavs» auf eine intrinsische Verbesserung hoffen.
Er ist der am heissesten erwartete NBA-Neuling seit mindestens 2003, als LeBron James in der Profi-Liga debütierte, und nun steht Victor Wembanyama endlich vor seinem ersten Spiel in der besten Liga der Welt. Der 19-jährige Franzose, den James als «Alien» bezeichnete, zeigte schon in der Saisonvorbereitung, was in ihm steckt. Trotz der Grösse von 2,24 m ist Wembanyama enorm flink und besitzt auch über Qualitäten bei Distanzwürfen.
Zwar werden die San Antonio Spurs, eines der schlechtesten Teams der Vorsaison, nicht direkt zum Titelanwärter, doch trauen viele Experten dem Power Forward direkt einen grossen Einfluss zu. Und auch sonst werden viele Basketball-Fans gespannt beobachten, wie sich der erste Pick des Drafts im Frühling in seiner ersten NBA-Saison schlägt.