Rund 22 Kilometer vor Schluss hat die Verfolgergruppe Ausreisser Alberto Bettiol eingeholt – und just in diesem Moment greift Mathieu van der Poel an und lässt neben dem Italiener auch die Mitfavoriten Wout van Aert und Tadej Pogacar stehen. Schnell fährt er sich einen Vorsprung von einer halben Minute heraus, den er sich nicht mehr nehmen lässt.
Nicht einmal, als er 16 Kilometer vor dem Ziel auf der wegen kurzzeitig heftigen Regengüssen nassen Piste ausrutschte und sich dabei sowohl das Trikot als auch die Schuhe beschädigte. Dabei kam dem Niederländer entgegen, dass die Verfolger van Aert, Pogacar und Mads Pedersen seinen Sturz auf der verwinkelten Piste in Glasgow nicht sehen konnten. So konnte van der Poel den etwas geschrumpften Vorsprung auf die drei Kontrahenten, die sich nun voll dem Kampf um Silber widmeten, bald auf über eine Minute ausbauen.
Am Ende der 271 Kilometer von Edinburgh nach Glasgow siegte van der Poel mit 1:37 Minuten Vorsprung vor van Aert, der sich noch vor der Zielgeraden absetzen konnte. Pogacar setzte sich im Sprint gegen Pedersen durch und holte Bronze.
Für den Rad-Allrounder Van der Poel, den Enkel der französischen Legende Raymond Poulidor, der auch fünf WM-Titel im Radquer in seinem Palmarès hat, ist es nach mehreren Klassiker-Triumphen und einem Etappensieg an der Tour de France der bislang grösste Erfolg auf der Strasse. Er folgt als Weltmeister auf den Belgier Remco Evenepoel. Der letzte Niederländer, der das Regenbogentrikot auf der Strasse errungen hatte, war Joop Zoetemelk im Jahr 1985.
Stefan Küng, der das Rennen vor allem als Vorbereitung fürs Zeitfahren nutzen wollte, wurde als bester Schweizer dank einem starken Finish überraschend Fünfter. Der 29-Jährige verlor 3:48 Minuten auf Sieger van der Poel. Mauro Schmid beendete das Rennen auf Platz 13.
Der extrem kurvige, mit vielen kurzen Steigungen durchsetzte Stadt-Rundkurs in Glasgow sorgte für das erhoffte Spektakel. Schon bei der ersten von elf Zielpassagen fuhr das Feld in Einerkolonne aufgereiht an den Zuschauermassen vorbei. Vom ersten Fahrer, der die Ziellinie überfuhr, bis zum letzten dauerte es fast 30 Sekunden.
In den folgenden Runden reduzierte sich unter dem Tempodiktat vor allem der Dänen und Belgier die Grösse des Feldes kontinuierlich. Immer mehr Fahrern ging die Kraft aus, die ständig aufgehenden Lücken wieder schliessen zu können. Einsetzender Regen erschwerte die Angelegenheit zusätzlich. Der Schweizer Teamleader Marc Hirschi war einer, der anfänglich – und wie im taktischen Fahrplan vorgesehen – sehr gut positioniert war. Doch der 24-jährige Berner fiel früh aus der Entscheidung und gab auf, so wie viele Dutzende abgehängte Fahrer auch.
Nach rund 80 Kilometern musste das Rennen wegen einer Protest-Aktion von schottischen Klima-Aktivisten zwischenzeitlich für fast eine Stunde unterbrochen werden. (nih/sda)
MVP toller Sieger.
Starke Leistung der Schweizer Küng und Schmid. Hirschi hatte mit Platten Pech und kam nicht mehr ran.
Freue mich auf September 24 und die WM in Zürich.