In der Formel 1 ist Red Bull das Mass aller Dinge. Mit dem Niederländer Max Verstappen hat der Rennstall die letzten drei Weltmeister-Titel gewonnen.
Im Strassenradsport war Red Bull bislang bloss ein kleiner Fisch. Der Energydrink-Hersteller trat als Sponsor einzelner Fahrer auf, etwa vom belgischen Überflieger Wout van Aert, dessen Helm in den Firmenfarben lackiert ist.
Nun könnte sich die Rolle des österreichischen Konzerns mit einem Umsatz von zuletzt fast 10 Milliarden Euro ändern. Denn Red Bull will die Mehrheit des deutschen Teams Bora-Hansgrohe übernehmen. Der Rennstall bestätigte die angestrebte Partnerschaft. Detailliert wollte er keine Auskunft geben, da der Deal noch nicht amtlich besiegelt ist.
Bora-Hansgrohe gehört dem 50-jährigen Ralph Denk. Seit der Saison 2010 betreibt er ein Profiteam, das seit 2017 unter dem Namen Bora-Hansgrohe auftritt, den Namen der beiden Hauptsponsoren (Bora stellt Dunstabzüge her, Hansgrohe Bad-Armaturen). Gemäss Denk soll Red Bull «das Portfolio der bestehenden, langjährigen Hauptsponsoren ergänzen». Diese würden sich weiterhin langfristig im Team engagieren.
Liest man die Meldung der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde zum Einstieg von Red Bull, wirkt dieser jedoch nicht wie eine «Ergänzung». Denn der Getränkekonzern will 51 Prozent der beiden Firmen, mit denen Denk den Rennstall führt, übernehmen – also die Mehrheit. Im Bereich der Nachwuchsförderung spannen die beiden Partner bereits jetzt zusammen.
Die Mehrheitsübernahme könnte bedeuten, dass die Fahrer der Mannschaft bald nicht mehr im gewohnten dunkelgrün unterwegs sind, sondern in silber und blau. Wobei das lediglich eine optische Veränderung wäre.
Viel entscheidender wird es sein, wie stark sich Red Bull künftig abgesehen von der Rolle als Geldgeber in der Organisation einbringen wird. Es besitzt spartenübergreifend grosses Know-how und ein eigenes Trainingszentrum in der Nähe von Salzburg, wo Sportler umfassend betreut werden. Skisprung-Olympiasieger Andreas Wellinger, derzeit Zweiter in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee, schwärmte im Bayerischen Rundfunk insbesondere davon, dass dort alles unter einem Dach sei: «Das fängt beim Training an. Über die Biodynamik, die Diagnostik, über die Physio-Abteilung, die Mental-Abteilung, über die medizinische Abteilung. Das ist das, was es so geil macht.»
Red Bull ist im Sportsponsoring bekannt dafür, dass es sich vor allem dann engagiert, wenn es sich lohnt – also, wenn man die Topstars der jeweiligen Sportart verpflichten kann. Bora-Hansgrohe zählt zur Weltspitze, aber es ist nicht ganz oben angesiedelt.
Das Team Visma-Lease a Bike gewann im letzten Jahr (als Team Jumbo-Visma) alle drei grossen Rundfahrten, das UAE Team Emirates hat mit Tadej Pogacar die Nummer 1 der Weltrangliste und Ineos-Grenadiers ist die dritte der ganz grossen Equipen, deren Budgets auf über 50 Millionen Euro geschätzt wird. Von Bora-Hansgrohe heisst es, das Budget betrage etwa 25 bis 30 Millionen Euro.
Alle diese Teams haben einen grossen Traum: den Sieg an der Tour de France, dem berühmtesten Radrennen der Welt. Für die neue Saison hat Denk dafür einen Star verpflichtet: Primoz Roglic.
Der 34-jährige Slowene gewann letztes Jahr den Giro d'Italia und schon drei Mal die Spanien-Rundfahrt. Bei der Tour de France wurde er 2020 in einem epischen Duell mit Landsmann Pogacar Zweiter. Roglic nannte bei der Verpflichtung als eines seiner Ziele, die Frankreich-Rundfahrt zu gewinnen. Je nachdem, wie die Ziele des Teams am Giro d'Italia sind, kann Roglic auf starke Helfer zählen. Zur Equipe gehören etwa Jai Hindley, Bob Jungels, Sergio Higuita, Maximilian Schachmann oder Alexander Wlassow.
Trotzdem müsste angesichts der sehr starken Konkurrenz wirklich alles zusammenpassen, damit Primoz Roglic die Tour gewinnt. Der Einstieg von Red Bull könnte eher einen Einfluss auf die nächsten Jahre haben als schon auf die Saison 2024. Einsprachen gegen die Mehrheitsübernahme bei Bora-Hansgrohe müssen bis am 26. Januar eingereicht werden. Womöglich erfährt man nach Ablauf dieser Frist mehr über die Pläne des Getränkekonzerns im Radsport.
vs.
Gemäss Ralph Denk soll Red Bull «das Portfolio der bestehenden langjährigen Hauptsponsoren ergänzen».
Ergänzen !
Ralph, ich glaube, du musst mit den Dosenherstellern nochmals an den Tisch hocken. Sie wollen dich als Juniorpartner.