Die Enttäuschung bei Sofia Goggia war nach dem Rennen verständlicherweise gross. Bis zum langen Unterbruch, der aufgrund des starken Windes unumgänglich war, sah die Einheimische wie die sichere Siegerin aus.
Doch bereits die ersten Fahrten nach Wiederaufnahme des Rennens zeigten, dass die Strecke vor allem im oberen Teil schneller geworden war. Schliesslich preschte nicht nur Ragnhild Mowinckel nach vorne, sondern liess auch Jacqueline Wiles, die Führende in der Abfahrtswertung, hinter sich. Bei diesem Klassement sollte es bis zum Schluss bleiben.
Für Mowinckel war es der vierte Weltcup-Sieg, der erste in der Abfahrt. Erst ein Mal stand die 31-Jährige in der Königsdisziplin bisher auf dem Podest; vor knapp zwei Jahren wurde sie in Crans-Montana Zweite. Der Sieg in Cortina war für die Norwegerin Balsam für die geschundene Seele, hatte sie bisher doch eine Saison zum Vergessen, angefangen mit der Disqualifikation in Sölden, als bei ihren Ski ein zu hoher Fluor-Wert gemessen wurde. In der Folge kam sie nicht richtig in Fahrt, klassierte sich nur drei Mal in den ersten zehn – für eine Frau mit ihren Qualitäten zu wenig.
Dass ihr der langersehnte Befreiungsschlag in Cortina gelang, kommt nicht von ungefähr. Letztes Jahr siegte Mowinckel hier im Super-G. Damals wie am Samstag verpasste Lara Gut-Behrami das Podest. Fehlten der Tessinerin vor zwölf Monaten drei Hundertstel, waren es heuer deren 27. Als beste Schweizerin klassierte sie sich zeitgleich mit der Siegerin vom Freitag, Stephanie Venier, im 5. Rang.
Jacqueline Wiles erlebte in der zweiten Abfahrt in Cortina ebenfalls Neues. Noch nie klassierte sie sich weiter vorne im Weltcup als auf Rang 3. Zwischen der 31-jährigen Amerikanerin und der Piste «Olimpia delle Tofane» scheint es ebenfalls eine spezielle Verbindung zu geben. Hier holte sie 2014 nicht nur ihre ersten Weltcuppunkte, sondern feierte vor sechs Jahren auch ihren zweiten und bis Samstag letzten Podestplatz.
Nur zwei Wochen nach diesem Erfolg stürzte sie in der Abfahrt in Garmisch schwer, zog sich einen Kreuzbandriss und einen Unterschenkelbruch zu. Sie verpasste die Olympischen Spiele in Pyeongchang und die darauffolgende Saison. Nach ihrem Comeback fand sie den Anschluss an die Weltspitze nicht mehr, fuhr nie unter die ersten zehn. Bis ihr am Samstag das (Wind-)Glück hold war. (kat/sda)