Wirtschaft
Donald Trump

Ein Jahr Robert Mueller

FILE - In this June 21, 2017, file photo, special counsel Robert Mueller departs after a meeting on Capitol Hill in Washington. The Associated Press and other news organizations are asking a judge to  ...
Trumps Albtraum: Sonderermittler Robert Mueller.Bild: AP/AP

Ein Jahr Mueller vs. Trump – der Zwischenstand

Bringt der Sonderermittler den Präsidenten zu Fall – oder produziert er bloss heisse Luft?
15.05.2018, 14:3916.05.2018, 06:20
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Die Einschätzung der Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller könnte gegensätzlicher nicht sein. Beispielsweise Alan Dershowitz, ein renommierter, pensionierter Harvard-Jurist, ist überzeugt, dass Mueller und sein Team kaum etwas Handfestes gegen Trump in der Hand haben. Sonst wüssten wir das heute. Immer und immer wieder wiederholt er auf Fox News, dass Mueller endlich aufgeben und die Unschuld des Präsidenten anerkennen soll.

epa06703266 Former FBI Director James Comey participates in a book discussion on his book 'A Higher Loyalty - Truth, Lies, and Leadership', at George Washington University in Washington, DC, ...
Zuerst gefeuert, jetzt gefeiert: FBI-Direktor James Comey.Bild: EPA/EPA

Ganz anders sieht es der gefeuerte FBI-Direktor James Comey. In seinem kürzlich veröffentlichten Buch «A Higher Loyality» stellt er fest: «Jeder Strafverfolger, der nach einem Jahr kein Gefühl dafür entwickelt hat, wohin ihn seine Untersuchungsarbeit führen wird, ist inkompetent.»

Mueller wird Vieles nachgesagt, Inkompetenz gehört nicht dazu. Nichts deutet zudem darauf hin, dass er seine Arbeit bald abgeschlossen haben wird. Gemäss der These von Comey deutet somit alles darauf hin, dass er im Begriff ist, einen Skandal aufzudecken, der sich gewaschen hat.

Russland steht nach wie vor im Zentrum

Im Zentrum der Untersuchung steht nach wie vor die Frage, ob Trump und sein Team mit dem russischen Geheimdienst zusammengearbeitet haben und wie weit es den Russen gelungen ist, via Facebook & Co. die amerikanischen Wahlen zu manipulieren.

Was die Hackerangriffe auf die demokratische Parteizentrale und die von Wikileaks veröffentlichten E-mails betrifft, gibt es keine Anzeichen, in welche Richtung sich Mueller bewegt. Hingegen hat er Anklage gegen 13 Russen erhoben. Darunter befindet sich auch der Oligarch und «Putins Koch» Jewgeni Prigoschin. Die Anklagen sind allerdings symbolischer Natur. Russland wird die Angeklagten niemals ausliefern.

Russian lawyer Natalia Veselnitskaya speaks during an interview with The Associated Press in Moscow, Russia, Sunday, April 22, 2018. Veselnitskaya who discussed sanctions with Donald Trump Jr. in New  ...
Was wollte die Anwältin Natalia Veselnitskaya wirklich?Bild: AP/AP

Trump tweetet zwar beinahe täglich, es gebe keine «Collusion», will heissen: keine unerlaubte Zusammenarbeit seines Teams mit den Russen während des Wahlkampfes. Gemäss Zeugen, die von Mueller einvernommen worden sind, interessiert sich der Sonderermittler jedoch sehr intensiv für dieses Thema, vor allem über ein mysteriöses Treffen am 9. Juni 2016 im Trump Tower in New York.

Dort trafen sich die Anwältin Natalia Veselnitskaya – sie hat enge Verbindungen zum russische Generalstaatsanwalt – und Donald Trump jr, Jared Kushner und der damalige Wahlkampfmanager Paul Manafort. In E-mails hatten die Russen zuvor versprochen, «Dreck» über Hillary Clinton zu liefern. Ob dieses Treffen so harmlos war, wie es vom Trump-Team dargestellt wird, wird sich weisen.

FILE - In this Dec. 1, 2017 file photo, former Trump national security adviser Michael Flynn leaves federal court in Washington. On Feb. 23, 2018, Flynn was the first White House official charged in R ...
Hat sich für schuldig erklärt: Der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn.Bild: AP/AP

Der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn hat sich bereits für schuldig erklärt und arbeitet mit dem Sonderermittler zusammen, ebenso der ehemalige Wahlkampfhelfer George Papadopoulos. Gegen Manafort ist Anklage erhoben worden. Er wird sich in den kommenden Monaten gleich vor zwei Gerichten verantworten müssen. Ihm droht eine mehrjährige Gefängnisstrafe.

Was ist mit den «Pipi-Tapes»?

Noch ungeklärt ist, wie weit die Informationen des so genannten «Steele-Dossiers» zutreffen. Der britische Geheimdienstmann Christopher Steele hat im Auftrag einer von den Demokraten bezahlten Beraterfirma ein Dossier über Trumps Verbindungen zusammengestellt. Dieses Dossier wurde vor allem berühmt wegen den «Pipi-Tapes». Der russische Geheimdienst soll perverse Praktiken Trumps mit Prostituierten gefilmt haben und ihn damit erpressen.

Es ist umstritten, ob es die «Pipi-Tapes» tatsächlich gibt. Einige Vorfälle, die im Steele-Dossier aufgeführt werden, sind jedoch bestätigt worden. So ist etwa Carter Page, ein zwielichtiges ehemaliges Mitglied des Trump-Teams, im Juli 2016 nach Moskau gereist und hat sich dort mit hohen Vertretern der russischen Regierung getroffen. Ebenfalls gibt es Hinweise, dass Trumps «Mann fürs Grobe», Michael Cohen, im Sommer nach Prag gereist ist, um die Zusammenarbeit mit den Russen zu koordinieren.

Richard Nixon musste 1974 zurücktreten, weil er die Arbeit des Sonderermittlers behindern wollte. «Obstruction of justice» könnte auch Trump blühen. James Comey hat mehrmals geschildert, dass Trump ihn aufgefordert habe, die Untersuchung gegen Flynn einzustellen. Trump bestreitet dies, doch Comey hat dies in einem an mehrere hohe FBI-Beamte verteilten Memorandum festgehalten.

Zudem hat Trump auf dem Heimflug nach dem G-20-Gipfel in Hamburg wahrscheinlich höchstpersönlich ein Communiqué mitverfasst, in dem falsche Angaben über das ominöse Trump-Tower-Meeting gemacht wurde.

Trump will Mueller kein Interview mehr geben

Bis vor kurzem soll Trump bereit gewesen sein, vor Mueller auszusagen. Anfang April wurden Büro und Wohnung seines Fixers Cohen durchsucht, ein für den Präsidenten offenbar traumatisches Ereignis. Bis zu 20 Mal am Tag soll er sich gemäss «Washington Post» darüber bei seinen Mitarbeitern lauthals beklagen.

Teuflisches Trio: Stormy Daniels, Rudy Giuliani und Donald Trump.
Teuflisches Trio: Stormy Daniels, Rudy Giuliani und Donald Trump.

Er hat allen Grund dazu. Cohen weiss über die dunklen Geschäfte Bescheid. Er war es, der die 130’000 Dollar Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels über eine Briefkastenfirma bezahlt hat. Über diese Firma hat er auch mehr als vier Millionen Dollar einkassiert. Wahrscheinlich hat Cohen damit Zugang zum Präsidenten verkauft. Bezahlt haben unter anderem Novartis und er in der Schweiz wohlbekannte russische Oligarch Viktor Vekselberg.

Immer wieder wird der Verdacht geäussert, Trump habe sein Imperium mithilfe von russischem Schwarzgeld aufrecht erhalten können. Sollte dieser Verdacht zutreffen, dann könnte die Durchsuchung bei seinem Fixer Cohen tatsächlich der Anfang vom Ende Trumps sein. Selbst wenn der Präsident den Sonderermittler feuern sollte, werden seine Probleme nicht verschwinden.

Comey spricht über Trumps «Golden Shower»-Tape

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P. D.
15.05.2018 15:15registriert Oktober 2015
Mueller wird dann dann vor die Scheinwerfer treten, wenn das Puzzle vollständig ist.
In der Zwischenzeit überlässt er dem Hampelmann die Show.
Ein Jahr Mueller vs. Trump – der Zwischenstand
Mueller wird dann dann vor die Scheinwerfer treten, wenn das Puzzle vollständig ist.
In der Zwischenzeit überlässt er dem Hampelmann die Show.
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Noblesse
15.05.2018 15:42registriert April 2018
Buchhalterische Dinge sind schwer nachzuweisen. Das sieht man ja auch bei unserem Hrn. Vincenz. Aber wehe, wenn doch! Dann schlüpfen kleine Trumps aus den Babuschkas...
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Kastigator
15.05.2018 14:51registriert April 2014
Löpfe, der Silbenschmied: "Nichts deutet zudem darauf hin, dass er seine Arbeit bald abgeschlossen haben wird. Gemäss der These von Comey deutet somit alles darauf hin, dass er im Begriff ist, einen Skandal aufzudecken, der sich gewaschen hat."
Schön, wenn ein Journalist sich sprachlich so viel Mühe gibt und nicht einfach eine Allerweltsformulierung gleich zweimal nacheinander braucht.
Und wird das Zeug eigentlich nicht korrigiert? "E-mail"? "wird Vieles nachgesagt"? "bis vor kurzem"?
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