Selten war eine Falschmeldung willkommener: Der Globus wolle sich gegen Benkos Pleite absichern, schrieb etwa die «Neue Zürcher Zeitung» im Zusammenhang mit der Nachlassstundung für die Signa Retail Selection AG. Mit dem viermonatigen Gläubigerschutz solle verhindert werden, dass die Schweizer Signa-Firma in den Strudel des Insolvenzverfahrens der österreichischen Signa Muttergesellschaft des Immobilien- und Handelsspekulanten René Benko gerate. Bloss: Es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Globus und der Nachlassstundung.
Die fehlende Trennschärfe ist nachvollziehbar. Auch der «Tages-Anzeiger», diese Zeitung oder der «Spiegel» sind der missverständlichen Kommunikation der Signa-Gruppe erlegen, die zudem keinerlei Wert auf Richtigstellung legt. Willkommen ist die scheinbare Sicherheit für Globus, die im Keim die Frage erstickt, wem der Globus eigentlich gehört.
In der komplexen Firmenkonstruktion war die Signa Retail Selection seit 2017 die Holding für Benkos Handelsgeschäfte und Zürich das operative Zentrum. Aus den Gründungsakten geht hervor, dass verschiedene Warenhausbeteiligungen den Grundstock bildeten. Dazu gehörten Anteile an den günstigeren Galeria-Warenhäusern wie jene an den hochpreisigen Ketten KaDeWe, Selfridges und Globus. Letztere wurden in der eigenen Signa Retail Luxury Holding als Tochterfirma geführt.
Dies galt bis Ende vergangenen Jahres. Im Dezember 2022 erfolgte eine Umgruppierung, deren Sinn sich erst heute erschliesst. Die Signa Retail Selection gründete mittels Sacheinlagen in Zürich eine neue Tochterfirma, die Signa European Invest. Damit erhielt der Globus als Teil der Luxury-Gruppe eine neue Zwischenholding. Praktisch gleichzeitig gründete die österreichische Signa Retail GmbH in der Schweiz die Signa European Invest Holding. Bestätigt ist, dass diese mittlerweile die Aktien der Signa European Invest übernommen hat; unbekannt ist, wann und zu welchen Konditionen die Handänderung erfolgte. Seither ist der Globus jedoch nicht mehr mit der Signa Retail Selection verbunden und damit auch nicht von der Nachlassstundung tangiert.
Die rasche Folge von Transaktionen lässt auf einen ausgereiften Plan schliessen. Die Signa Retail Selection verlor damit ihre zentrale Funktion als Holding für das Handelsgeschäft. Als Beleg dafür wurde im Frühjahr das Aktienkapital von 100 Millionen Franken mittels Nennwertreduktion auf 1 Million Franken gekappt. Der Verwaltungsrat beschloss den Kapitalschnitt am 1. März und berief sich dabei auf einen Prüfbericht der Revisionsgesellschaft KPMG. Diese attestiert, dass die Forderungen der Gläubiger auch bei der Herabsetzung des Aktienkapitals «voll gedeckt» seien. Dennoch ersucht die Firma nur gut ein halbes Jahr später um Nachlassstundung; sie sei überschuldet, sagt Verwaltungsratspräsident Christian Wenger.
Etwas speziell: KPMG hat sich in ihrem Prüfbericht vom 15. Februar 2023 auf eine Bilanz bezogen, die per Ende September 2022 erstellt wurde – also auf einen Zeitpunkt, bevor die Signa European Invest überhaupt gegründet und ein wesentlicher Teil der Assets aus der Signa Retail Selection an die Schwesterfirma verkauft wurde. Nun zur Liquidation freigegeben ist damit bloss noch die deutsche Galeria-Kette, die in wenig repräsentativen Liegenschaften eingemietet ist.
Doch wem gehört nun eigentlich der Globus?
Sicher ist, dass die Globus Holding zur Hälfte dem thailändischen Partner Central Group gehört. Die andere Hälfte steht nun in direkter Abhängigkeit zur österreichischen Signa Holding, die ein Insolvenzverfahren eingeleitet hat. Transparenz über die eigentlichen Besitzanteile besteht nicht, doch dass mit jeder einzelnen Aktie um Einfluss gerungen wird, zeigt sich am Beispiel der European Invest Holding.
Diese Muttergesellschaft der Globus Holding hat ein Aktienkapital von 100'000 Franken, aufgeteilt in 6'666'667 Aktien. Dies geht rechnerisch auf, weil 3'333'334 Stimmrechtsaktien einen Nominalwert von 1 Rappen und 3'333'333 einen Wert von 2 Rappen haben. Anders gesagt: Wer die Stimmrechtsaktien hält, zahlt nur einen Drittel des Kapitals, hat aber dennoch im entscheidenden Moment eine Stimme mehr als jener, der zwei Drittel des Kapitals aufgebracht hat.
Die Konstruktionen im Hintergrund lassen darauf schliessen, dass der nun in der Öffentlichkeit zelebrierte «Untergang» des René Benko im Hintergrund längst vorgespurt worden ist. Die rasche Implosion scheint ohnehin vertagt. In Wien ist beim Richter ein «Sanierungsplan» hinterlegt, womit ein rascher Konkurs der Holding wenig wahrscheinlich wird. In Zürich wird mit der Nachlassstundung vor allem das Galeria-Erbe abgewickelt. Das Schicksal von Globus & Co. hat damit weiterhin einen ungewissem Ausgang. (aargauerzeitung.ch)
Delicatessa im Untergrund hat immer noch Topware, aber halt auch zu absoluten Toppreisen, ganz hart an der Grenze.