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Du willst nur das Beste? Voilà:
Die Frau heisst Barbara. Sie sitzt irgendwo im Nirgendwo in einem Büro oder Container oder in einer Halle in München und sucht gerade Kleider für mich aus.
Barbara ist Beraterin, Mode- und Kommunikationsdesignerin und Stylistin, das steht zumindest auf der Webseite von Zalon. Sie kleidet sich gerne schlicht, hat ein frisches Lachen und ihre blonden Haare fallen so, wie sie eben fallen müssen, wenn man sie unkompliziert zusammenbindet, damit alles gut aussieht, aber niemals zu gewollt.
Barbara fühlt sich irgendwie vertraut an. Wie eine Frau, die man in einer Bar sieht und denkt: Die kleidet sich aber gut, das will ich auch.
Deshalb habe ich Barbara als meine Stylistin ausgewählt. Und habe damit Zalon vertraut, einem neuen Online-Shopping-Dienst von Zalando. Ein Stylist sucht dabei neue Teile für einen aus und schickt sie einem gratis zu. Man zahlt, was man behalten will. Den Rest schickt man umsonst wieder zurück.
Curated Shopping, wie man Einkaufen mit Beratung nennt, wird immer beliebter. Es ist die Antwort auf schier unendliche Auswahl im Internet – und passt marketingtechnisch hervorragend in den Personalisierungstrend.
Jeder fünfte Schweizer hat schon mal bei Zalando bestellt. Das Baby Zalon ist in der Schweiz seit ein paar Monaten Online. Kein neues Modell, bietet zum Beispiel Outfittery diesen Dienst schon länger an.
Aber neu für mich: Ich kaufe mir meine Kleider immer selbst. Ich kaufe mir selten was, und wenn, dann gleich in grossen Massen, damit ich wieder ein Jahr Ruhe habe. Ich gehöre nicht zu den Fashion Victims, kaufe Modemagazine nur wegen der Reportagen-Seiten und schminke mich nie.
Für Barbara also ein hartes Stück Arbeit. Wird Barbara instinktiv wissen, was ich wirklich will, obwohl ich das selbst nicht wirklich weiss? Was mir steht, weiss ich nach ein paar Jahren auf dieser Welt und im immer gleich grossen Körper als Erwachsene ja schon. Aber ist es nicht auch Sinn und Zweck eines Stylisten, die eigenen Grenzen auszuloten? Dinge ans Herz zu legen, die man im ersten Moment nie selbst anprobiert hätte? Farben, von denen man dachte, sie stünden einem nie?
Ich weiss nicht einmal, ob ich ein Winter-, Herbst- oder Sommertyp bin. Ich ziehe seit Jahren keine Pumps mehr an, weil ich sie unbequem finde und darin nicht laufen kann. Und dass ich lieber länger schlafe, als morgens um sechs Schminktutorials auf Youtube anzuschauen, damit ich meine Lidstrichfarbe meinen neuen Hosen anpassen kann, macht die Sache auch nicht leichter.
Zalon und Barbara versuchen es trotzdem. Sie fragen mich 15 Minuten lang über gefühlte hundert Seiten hinweg, was ich gerne trage und was nicht. Und was niemals.
Gefallen dir Streifen?
Welche Ausschnittform magst du?
Würdest du Chino-Hosen tragen?
Ich klicke mich durch. Die Grössentabellen kommen. Die Gewichtstabellen. Die Körperformen. Birne, Apfel? Breitere Hüfte als die Schultern? Es ist eine Gesamtaufnahme meiner physischen Präsenz.
Dann geht's an das Ökonomische: Zalon fragt mich, wie viel Geld ich normalerweise für Kleider ausgebe. Wenig, antworte ich. Ich bereue es sofort. Schicken diese Leute mir jetzt Plastiktaschen und Stilettos, die nach fünf Schritten auseinanderfallen?
Man kann auch Fotos hochladen, damit der Stylist noch besser über einen Bescheid weiss. Ich weigere mich.
Auch telefonieren kann man mit dem Stylisten. Ich weigere mich.
Ich will eine Black Box bleiben. Wird Barbara mich durchschauen?
Nach ein paar Tagen und dann die erste Auswahl von Barbara per Mail. Ich bin enttäuscht. Die Teile sind fade, in weiss, grau und schwarz gehalten. T-Shirts, die ich bei H&M in der Basic-Abteilung für neun Franken kaufen könnte.
Ein knöchellanger Rock in Grau!
Ein Rollkragenpullover in Schwarz!
Ich fühle einen Stich im Herz. Barbara, bist du wirklich so schlecht? Warum spürst du nicht, wer ich in meinem Inneren wirklich bin? Ist alles meine Schuld? Ich schlucke meine Enttäuschung runter und wähle die meisten Kleider wieder ab. Ich schreibe in die Begründungszeile: Zu fade, nicht aufregend, nicht speziell genug. Du bist doch eine Stylistin, Barbara! Fordere mich heraus!
Dann endlich kommt das Paket an. Weiss-blau liegt es im Eingang. Meine Nachbarin ist aufgeregter als ich. Sie will mit auspacken. Sie sagt, wenn das bei mir klappt, dann probiert sie das auch. Wir packen aus. Sorgsam zusammengebunden liegen die Kleider im Karton, zwei Päckchen, für zwei verschiedene Outfits. Zalon überlässt nichts dem Zufall.
Barbara hat mir eine Anleitung beigelegt, wie ich was zu kombinieren habe. «Style deine Relaxed-Jeans zu Blusentops oder einem Rollkragenshirt in Blau! Pumps in Nude runden diesen Look perfekt ab.»
Passend dazu wurde der Rollkragenpullover in blau auch gleich um 20 Prozent reduziert. Die Jeans geht mir knapp über die Oberschenkel. Der Rollkragenpullover sieht alt an mir aus, die weisse Bluse lässt meine Schultern hängen. Und das Blusenkleid mit Schlangenprint lässt mich aussehen wie ein Teenager in den Neunzigern, als alles erlaubt war, aber irgendwie scheisse aussah.
Doch die Pumps: Ein Volltreffer. Hell, bequem, die richtige Grösse. Hätte ich mir so im Laden nie gekauft. Jetzt, wo ich sie an meinen Füssen trage, merke ich: Steht mir eigentlich ganz gut. Und dieser rote Blazer? Steht mir auch. Hätte ich so auch nie gekauft. Ich will ihn eigentlich wieder zurückschicken, zu sehr Fashion Statement, aber es ist schon zu spät. Ich habe ihn lieb gewonnen. Er wird bleiben.
Es ist irgendwie seltsam: Ich sehe in den Kombinationen gar nicht schlecht aus. Mir dämmert: Das erste Mal seit Jahren trage ich gerade ein Outfit, nicht nur Kleider an meinem Körper. Ich freue mich, es macht Spass. Die Kontrolle mal aus der Hand geben, neue Inputs erhalten. Ich sehe etwas fremd aus, nicht so, wie sonst. Aber gut.
Dabei hatte es Barbara nicht leicht. Der Styling-Dienst muss nämlich einen Spagat schaffen: Er will Modeberater für die breite Masse sein und doch immer Neues und Überraschendes liefern. Zalon ist gut für neue Inputs, und um Welten angenehmer als Online-Shopping auf Zalando. Ein Dienst für Leute, die sich ohne grosse Mühen neue Inputs holen wollen, obwohl sie schon vieles im Schrank haben.
Wenn man aber nicht alles aus dem Paket kauft, und das ist wohl die Regel, dann wird man die Teile am Ende ja doch alle wieder selber kombinieren müssen. Wer da keine Ahnung von Mode hat, wird am Ende genau gleich schlimm rumlaufen wie davor schon.
Meine Nachbarin hat ein paar Stunden später auch so ein Paket bestellt. Sie liebt ihre neuen Schuhe. Die durchsichtigen Blusen für den Business-Look schossen leider am Ziel vorbei.