
Das James-Webb-Weltraumteleskop (r., künstlerische Darstellung) wandelt auf den Pfaden des Hubble-Teleskops (l.).Bild: keystone
Vor mehr als 20 Jahren nahm das Hubble-Teleskop das bis dahin tiefste Bild des Universums im sichtbaren Licht auf. Nun hat das James-Webb-Teleskop einen neuen Blick auf dieses Ultra Deep Field geworfen – mit faszinierenden Ergebnissen.
20.08.2025, 19:5220.08.2025, 19:52
Im Jahr 2004 veröffentlichten die NASA und die Europäische Weltraumorganisation ESA das Hubble Ultra-Deep Field (HUDF) – zu diesem Zeitpunkt das «tiefste» Bild des Universums im Bereich des sichtbaren Lichts. Das Weltraumteleskop hatte dafür vom September 2003 bis zum Januar 2004 einen kleinen Teil des Nachthimmels gescannt. Das untersuchte Gebiet in der gut erforschten Himmelsregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (Fornax) entsprach nur einem Vierzigmillionstel des gesamten Himmels – ungefähr die Fläche, die man durch das Nadelöhr einer Nähnadel sieht, die man an der ausgestreckten Hand gegen den Himmel hält. Müsste das Hubble-Teleskop den gesamten Himmel in dieser Auflösung beobachten, würde es eine Million Jahre dafür benötigen.
In diesem winzigen Gebiet, das kaum störende helle Sterne im Vordergrund enthält, zeigt das hochaufgelöste HUDF, das aus 800 Einzelaufnahmen besteht, beinahe 10'000 Galaxien, von denen die schwächsten und rötesten nur gerade 800 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden waren. Diese «kosmische Volkszählung» bewies, dass das frühe Universum vor galaktischer Aktivität nur so strotzte.

Beinahe 10'000 Galaxien: Das Hubble Ultra Deep Field. Das Original in hoher Auflösung (110 MB) gibt es hier. Bild: ESA/Hubble Vom Hubble Deep Field zum Hubble Extreme Deep Field
Hubble Deep Field (HDF): Das
HDF ist ein Gesamtbild eines kleinen Teils des Sternenhimmels im Grossen Bären, aufgenommen im Dezember 1995 mit damals maximaler technisch möglicher Auflösung. Es fing Licht von weit entfernten Galaxien bis zu einer Entfernung von etwa 12 Milliarden Lichtjahren ein. Das ikonische HDF ist daher ein Meilenstein in der Erforschung des frühen Universums.
Hubble Deep Field South (HDF-S): Das
HDF-S wurde 1998 aufgenommen und sollte Observatorien auf der Südhalbkugel ein ähnlich tiefes optisches Bild geben, wie es auf der Nordhalbkugel gemacht wurde. Der beobachtete Bereich lag im Sternbild Tukan.
Hubble Ultra Deep Field (HUDF): Das 2003 und 2004 aufgenommene
HUDF, dessen Zielgebiet im Sternbild Chemischer Ofen lag, zeigt die lichtschwächsten Galaxien, die bis dahin beobachtet wurden, und damit auch die am weitesten entfernten.
Hubble Extreme Deep Field (XDF): Das 2012 veröffentlichte
XDF entstand, indem Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops aus dem Zentrum des Hubble Ultra Deep Field (HUDF) über einen Zeitraum von zehn Jahren zusammengefügt wurden. Die ältesten vom XDF beobachteten Galaxien sind in einem Stadium lediglich 450 Millionen Jahre nach dem Urknall zu sehen.

Meilenstein in der Erforschung des frühen Universums: Das Hubble Deep Field. Das Original in hoher Auflösung (18,8 MB) gibt es hier.Bild: NASA/ESA Webb geht weiter
Wo Hubble an seine Grenzen stiess, geht nun sein Nachfolger, das James-Webb-Weltraumteleskop, weiter. Es hat seinen Infrarotblick auf denselben legendären Ort gerichtet – und die neue Aufnahme übertrifft alle Erwartungen. Mit seinem Mid-Infrared Instrument (MIRI) und seiner Near-Infrared Camera (NIRCam) beobachtete das Teleskop den Bereich fast 100 Stunden lang – davon allein 41 Stunden für einen einzigen Filter.
Das Infrarotfoto zeigt Tausende von fernen Galaxien, von denen viele noch nie zuvor gesehen wurden. «Webbs Schärfe bei mittleren Infrarotwellenlängen ist revolutionär», betont der leitende Forscher Göran Östlin. Sein Team identifizierte mehr als 2500 Emissionsquellen, darunter Hunderte von «extrem roten Galaxien»: staubreiche Kolosse oder ausgereifte Sternensysteme aus dem frühen Universum. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin «Astronomy & Astrophysics» veröffentlicht worden.
Die Aufnahme des Webb-Teleskops ist nicht nur tiefer, sondern enthält auch mehr Informationen als die Hubble-Deep-Fields. Über die Farbcodierungen, die den verschiedenen Wellenlängen des Infrarotlichts zugeordnet wurden, lassen sich unterschiedliche Eigenschaften der abgebildeten Galaxien erschliessen:
- Orange/Rot steht für die längsten Wellenlängen im mittleren Infrarot. Galaxien in diesen Farben sind Systeme mit aktiver Sternentstehung, hoher Staubkonzentration oder einem aktiven galaktischen Kern (AGN) in ihrem Zentrum.
- Grün/Weiss: Systeme in diesen Farben sind besonders weit entfernt, wodurch sich ihr Lichtspektrum in die Wellenlängen des mittleren Infrarots verschiebt, die weiss und grün dargestellt sind. Sie stammen aus der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall.
- Blau/Cyan: Den meisten Galaxien in der Aufnahme fehlt eine solche Verstärkung im mittleren Infrarot, sodass sie bei den kürzeren Wellenlängen des nahen Infrarots am hellsten sind, die in den Farben Blau und Cyan dargestellt sind.
Mit seiner Aufnahme setzt das James-Webb-Weltraumteleskop die Tradition des Deep Field fort und erweitert sie zugleich. Die beispiellose Auflösung enthüllt neue Einzelheiten, macht bisher verborgene Galaxien sichtbar und bietet dadurch neue Einblicke in die Entstehung der ersten kosmischen Strukturen nach dem Urknall. (dhr)
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