In weniger als sieben Jahren, am 13. April 2029, rast der Asteroid Apophis in nur gerade 31'750 Kilometern Entfernung an unserem Planeten vorbei. Würde der kosmische Brocken mit einem Durchmesser von rund 350 Metern die Erde treffen, käme eine Aufprallenergie von etwa 900 Megatonnen (TNT-Äquivalent) frei. Zum Vergleich: Die bisher mit Abstand grösste Nuklearexplosion, die sowjetische Zar-Bombe, entsprach lediglich 50 Megatonnen TNT.
Am 30. September 2054 kommt dann ein noch grösserer Asteroid in unsere Nähe: Der nach dem altägyptischen Totengott Bennu benannte Brocken ist knapp 500 Meter gross und hat eine Masse von 62 Millionen Tonnen. Ein Einschlag des 1999 entdeckten Asteroiden, der als einer der gefährlichsten gilt, würde eine Energie von 1400 Megatonnen TNT freisetzen – mehr als 1 Million Mal so stark wie die Explosion im Hafen von Beirut im August 2020.
Trotz dieses enormen Zerstörungspotenzials sind Apophis und Bennu keine sogenannten globalen Killer wie etwa der gewaltige Brocken, der vor 66 Millionen Jahren im Norden der heutigen mexikanischen Halbinsel Yucatán einschlug und damit vermutlich das bisher letzte grosse Massenaussterben der Erdgeschichte auslöste, dem auch die Dinosaurier zum Opfer fielen. Der auf 14 Kilometer Durchmesser geschätzte Asteroid setzte eine Energie von mindestens 200 Millionen Hiroshima-Bomben frei und hinterliess den heute noch feststellbaren Chicxulub-Krater mit einem Durchmesser von 180 Kilometern.
Kosmische Boliden dieses Kalibers könnten die menschliche Zivilisation oder sogar die Menschheit an sich auslöschen. Aber auch kleinere Brocken wie Bennu oder Apophis könnten, je nach Ort des Einschlags, regional verheerende Schäden verursachen und Millionen von Menschen töten. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Einschlags gering – doch wenn es dazu kommt, sind die Folgen absolut fatal.
Deswegen erscheint es nur vernünftig, Abwehrmethoden gegen die Gefahr aus dem Weltraum zu finden. Ein wichtiger Durchbruch ist hier der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa mit ihrer Dart-Mission gelungen: Sie liess erstmals eine Raumsonde absichtlich mit einem Asteroiden kollidieren. Der Aufprall der Dart-Sonde auf dem Asteroidenmond Dimorphos in rund elf Millionen Kilometern Entfernung verkleinerte dessen Umlaufbahn um seinen grossen Bruder Didymos deutlich.
Was aber sind Asteroiden, woher kommen sie? Wie suchen die Astronomen nach den Bomben aus dem All und wie hoch schätzen sie die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags ein? Welche Auswirkungen hätte ein Einschlag und welche Abwehrmethoden gibt es? Eine Übersicht.
Asteroiden sind sogenannte Kleinkörper, die grösser als Meteoroiden, aber kleiner als Zwergplaneten sind. Ihr Durchmesser kann sich daher in einem Bereich von einigen Metern bis zu mehreren hundert Kilometern bewegen. Ihre Masse ist nicht gross genug, dass sie in ein hydrostatisches Gleichgewicht kommen und eine annähernd runde Form annehmen wie Zwergplaneten; sie weisen deshalb stets eine unregelmässige Form auf. Asteroiden bewegen sich wie Planeten in Umlaufbahnen um die Sonne.
Die meisten Asteroiden befinden sich im sogenannten Hauptgürtel zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter. Durch das starke Gravitationsfeld von Jupiter gelangen immer wieder kleine Asteroiden in das innere Sonnensystem – diese sogenannten erdnahen Asteroiden («near-Earth asteroids», NEAs) bewegen sich auf Bahnen, die die Erdbahn kreuzen können. Als potenziell gefährlich gelten jene, die grösser als 140 Meter sind und der Erdbahn näher als 7,5 Millionen Kilometer kommen – das sind 0,05 AE (Astronomische Einheit; 1 AE entspricht 149'597'870 km). Sie könnten daher innerhalb von 100 Jahren durch Bahnstörungen auf Kollisionskurs geraten.
Die genaue Zahl der Asteroiden ist naturgemäss nicht zu ermitteln, und obendrein sind sie nicht leicht zu entdecken, da sie relativ klein sind und zudem häufig auch dunkel. Wenn sie sich aus Richtung der Sonne auf die Erde zubewegen, werden sie von deren Licht überstrahlt und sind noch schwieriger zu sehen. Manche Asteroiden werden erst wenige Tage, bevor sie die Erde passieren, entdeckt. So wurde etwa der Asteroid, der 2013 im Umland der russischen Stadt Tscheljabinsk niederging, vor seinem Eintritt in die Atmosphäre nicht entdeckt.
Um die Gefahr aus dem All rechtzeitig zu erkennen, suchen Institutionen wie Spacewatch von der Universität von Arizona und die Nasa nach potenziell gefährlichen Himmelskörpern. Die Nasa hat zu diesem Zweck ein Beobachtungszentrum – das Center for Near-Earth Object Studies (CNEOS) – eingerichtet, das alle bekannten Asteroiden und deren Bahnen erfasst. Auch die Europäische Weltraumorganisation ESA betreibt in Italien ein Koordinierungszentrum für erdnahe Objekte.
Alle Asteroiden, die grösser als 300 Meter sind, sollen identifiziert und katalogisiert werden. Bisher sind rund 27'000 der Brocken in der Nähe unseres Planeten identifiziert worden, darunter rund 10'000 mit einem Durchmesser von mehr als 140 Metern.
Astronomen gehen davon aus, dass sie derzeit rund 95 Prozent der potenziell gefährlichen erdnahen Asteroiden identifiziert haben. Von ihnen ist auf Jahrzehnte hinaus keiner auf Kollisionskurs mit der Erde. Allerdings besteht immer eine kleine Gefahr, dass auch ein grosser Bolide den Beobachtern entgeht. Von den Asteroiden, die über 140 Meter gross sind, sind schätzungsweise erst zwei Drittel entdeckt und nachverfolgt worden.
Ein Blick auf die Mondoberfläche zeigt, dass Asteroideneinschläge nicht selten sind. Auch die Erde wurde in ihrer Frühzeit regelrecht von Asteroiden bombardiert – womöglich gelangte selbst das lebensnotwendige Wasser vom Rand des Sonnensystems mithilfe dieser Brocken auf die Erde. Vermutlich gibt es etwa 22'000 grössere Krater auf der Erde, doch die meisten sind durch die starke Erosion kaum noch zu erkennen – im Gegensatz zu den Kratern auf dem Mond, wo es keine Atmosphäre gibt. Jedes Jahr treffen schätzungsweise 25'000 Brocken die Erde.
Die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags korreliert selbstredend mit der Grösse der Asteroiden; von den kleineren gibt es mehr als von den grossen. So schlägt ein Asteroid mit 30 Metern Durchmesser laut Statistik etwa einmal in 200 Jahren ein. Grössere Brocken, deren Durchmesser 1 Kilometer übersteigt und deren Umlaufbahn der Erde gefährlich nahe kommt, sind seltener. Astronomen haben rund 1100 von diesen Objekten gezählt, statistisch gesehen schlägt alle 500'000 bis 10 Millionen Jahre einer davon auf unserem Planeten ein.
Ein Monsterbrocken wie jener, der vor 66 Millionen Jahren den Dinosauriern den Garaus machte, schlägt etwa alle 100 Millionen Jahre ein. Derzeit kennen die Astronomen jedoch keinen Asteroiden, der in absehbarer Zeit direkt auf die Erde zurasen könnte.
Naturgemäss hängen die Folgen eines Einschlags von der Masse des Asteroiden und seiner Geschwindigkeit ab. Und es spielt auch eine Rolle, wo er einschlägt – der Asteroid, der vermutlich 1908 über dem sibirischen Flusstal der Tunguska explodierte, richtete in diesem sehr dünn besiedelten Gebiet verhältnismässig wenig Schaden an.
Ein Asteroid von 350 Metern Durchmesser würde einen Krater von 6 Kilometern Durchmesser hinterlassen und ein Gebiet von der Grösse des Kantons Wallis verwüsten. Seine Aufprallenergie würde zwischen 1 und 10 Gigatonnen TNT betragen. Ein fünfmal grösserer Brocken mit einem Durchmesser von 1,75 Kilometern würde schon eine globale Katastrophe verursachen: Eine Fläche von der Grösse Frankreichs wäre sofort vernichtet; in die Atmosphäre geschleuderter Staub und Russ würden weltweit zu einer starken Abkühlung – einem «Impaktwinter» – führen und die Ozonschicht zerstören.
Bei einem Einschlag im Ozean käme es zu einem Mega-Tsunami mit einer Wellenhöhe von mehr als 100 Metern am Entstehungsort. Diese Flutwelle würde ganze Küstenlandschaften und auch deren Hinterland weiträumig überschwemmen. Von den Folgen des Einschlags eines solchen Boliden wäre mithin die gesamte Menschheit betroffen. Beim Einschlag eines riesigen Kalibers von mehr als zehn Kilometern Grösse wäre die menschliche Zivilisation vernichtet; noch grössere Brocken könnten selbst das Leben auf der Erde insgesamt auslöschen.