Das «10vor10» zeigt einen leidenden jungen Mann in einem italienischen Spital. Die «New York Times» meldet, dass in einem Spital 38 Prozent der eingelieferten Coronavirus-Patienten zwischen 20 und 54 Jahre alt waren. Sind also nicht nur primär ältere Leute über 70 Jahre gefährdet, sondern auch jüngere?
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Der renommierte Infektiologe Pietro Vernazza vom Kantonsspital St.Gallen winkt ab. Die Zahlen seien irreführend. Niemand hat behauptet, dass es keinen jüngeren Menschen treffen kann. Relevant ist aber nicht, dass in diesem Spital in den USA 190 von 508 Patienten jünger als 54 waren. Das sagt über die Gefährlichkeit nichts aus.
Entscheidend ist das Verhältnis dieser 190 Betroffenen zu allen angesteckten Menschen in diesem Alter. Also wohl zu Hunderttausenden in dieser Region.
«Wir haben verlässliche Zahlen aus Italien und eine im renommierten Wissenschaftsjournal ‹Science› publizierte Arbeit von Epidemiologen, welche die Ausbreitung in China untersucht haben», sagt Vernazza. Daraus wird deutlich: Rund 85 Prozent aller Infektionen sind erfolgt, ohne dass jemand die Infektion bemerkt hat. 90 Prozent der verstorbenen Patienten sind nachweislich über 70 Jahre alt, 50 Prozent über 80 Jahre.
«Die Infektion ist für junge Menschen mild», erklärt Vernazza, der im Kantonsspital in der Klinik für Infektiologie/Spitalhygiene mittendrin steht. Zwar stirbt in Italien eine von zehn diagnostizierten Personen, gemäss der Erkenntnisse der «Science»-Publikation, sei das statistisch wohl eine von 1000 angesteckten Personen. Jeder Einzelfall sei tragisch, aber oft treffe es – ähnlich wie in der Grippesaison – Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen.
Das deckt sich auch mit den Zahlen des «Istituto Superiore di Sanità», Italiens oberstem Gesundheitsinstitut. Das durchschnittliche Alter der Verstorbenen liegt bei 79,5 Jahren. Die deutlich am stärksten betroffene Altersgruppe sind die 80- bis 89-Jährigen. Nur fünf Menschen waren unter 40 Jahre, alle waren krank, ehe sie sich mit dem Virus infizierten. Lediglich drei Menschen starben offenbar am Coronavirus alleine.
Vernazza fordert deshalb, alle teilweise überstürzt getroffenen Entscheidungen in den letzten Wochen nun zu reflektieren. Wenn fast 90 Prozent der Infektionen unbemerkt bleiben, mache es keinen Sinn alle Leute zu testen. Damit widerspricht er den Aussagen des Lausanner Epidemiologen Marcel Salathé. «Die Tests helfen uns im Spital, Patienten mit schweren Infektionen zu behandeln». Dort muss man wissen, wer angesteckt ist.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse zeige sich, dass viele der Massnahmen vielleicht sogar kontraproduktiv seien. Vor allem die Schulen zu schliessen, hält er für falsch wie auch eine Ausgangssperre im epidemiologischen Sinn nicht das Richtige wäre. Seine Nachfrage beim BAG habe gezeigt, dass die Entscheidung der Schulschliessungen nicht auf wissenschaftlicher Basis erfolgt sei, sondern weil die anderen Länder diese auch durchgeführt haben.
«Wenn wir die Schulen schliessen, verhindern wir, dass die Kinder immun werden», sagt Vernazza. Wenn aber viele Kinder immun werden, wird sich die Krankheit viel langsamer ausbreiten. «Und Kinder werden nicht schwer krank und sterben nie an der Krankheit», sagt Vernazza.
Deshalb wäre es auch zu überlegen, ob die Isolationsmassnahmen vor alle auf gefährdete Personen beschränkt werden sollten und jungen, kaum gefährdeten Menschen den Zugang zu Erholung und Arbeit wieder zugelassen werden sollte. In Holland wird das bereits so praktiziert.
Die Regierung setzt auf die Idee der «Gruppenimmunität», wonach es sinnvoll sei, dass sich möglichst viele junge und gesunde Menschen infizieren, um so eine Art Immunitätsschutz zu bilden.
Da aber alle Massnahmen sich nur mit 7-14 Tagen verzögerung auf die Wirksamkeit überprüfen lassen und wir exponentielle Zuwachsraten haben ist ein zu schwaches Reagieren schwer bis unmöglich zu korrigieren und richtet dann menschlich und finanziell massiv Schaden an.
Die Todesfallrate ist nicht das einzig Relevante.
Wenn genügend junge Menschen Spitalpflege oder sogar intensivpflege benötigen, haben wir ein riesen Problem.
Und das scheint durchaus der Fall zu sein.
Bezüglich Holland habe ich gehört das sie bereits recht stark auf die europäische Linie eingeschwenkt sind.
Gemäss einem Arbeitskollegen war da Mitte dieser Woche auch schon nicht mehr viel los.
Und wenn die Fallzahlen steigen knicken diese Regierungschefs wie im Beispiel UK schnell ein.
Klar, wenn man sieht, das Gruppen von Jugendlichen immer noch zusammen rumhängen, verstehe ich Leute, die solche Informationen verbreiten.
Aber was wir brauchen sind Fakten, seriöse wissenschaftliche Studien, Meinungen von Experten und schlicht die Wahrheit. Alles andere schadet langfristig nur.