Wissen
Forschung

Elefantenbullen «sprechen» miteinander, zeigt eine Studie

K
Grummeln als Aufforderung zum Gehen: Elefantenbullen in Kenia. Bild: imago stock&people

«Los geht's!»: Wie Elefantenbullen ihre Kumpel rufen

24.07.2024, 17:57
Mehr «Wissen»

Ob Sprache eine spezifisch menschliche Eigenschaft ist oder ob die Kommunikation unter Tieren ebenfalls als Sprache bezeichnet werden kann, ist umstritten. Auf jeden Fall aber fördert die Forschung immer mehr Beispiele für zum Teil verblüffende Kommunikationsfähigkeiten im Tierreich zutage – etwa bei Pottwalen. Auch Elefanten verfügen über erstaunliche kognitive Fähigkeiten. Bekannt ist etwa, dass sie um verstorbene Artgenossen trauern und über Laute und Gesten kommunizieren. Eine neuere Studie hat zudem Hinweise dafür gefunden, dass sie sich sogar mit individuellen Namen rufen.

Eine aktuelle Forschungsarbeit hat nun ergeben, dass auch Elefantenbullen über ein tieffrequentes Grummeln miteinander kommunizieren und ihre Aktionen so koordinieren. Bisher war das nur von den Weibchen bekannt, die in den matriarchal organisierten Elefantenherden das Sagen haben. Sind die Bullen aber unter sich, müssen sie sich selbst koordinieren. Und dann grummeln auch sie miteinander.

«Grrrrrrrrrrrrrr Grrrrrrrr»: Menschen hören einfach ein tiefes langgezogenes Grollen, männliche Elefanten aber verstehen in etwa Folgendes: «Hey Jungs, lasst uns weiterziehen!» Diese Losgeh-Rufe konnte ein Forschungsteam aus den USA in den vergangenen Jahren im Etosha-Nationalpark in Namibia an einem Wasserloch dokumentieren.

Elefantenfamilie im Etosha-Nationalpark.
Elefantenfamilie im Etosha-Nationalpark.Bild: Shutterstock

Jeder Bulle wartet, bis der Vorgänger fast fertig ist

Wie die Forschenden im Fachblatt «PeerJ» weiter schreiben, bleibt es in den Gruppen nicht bei einem Ruf. Mehrere andere Bullen der Gruppe antworten mit ähnlichem, extrem niederfrequentem Grollen. Dabei warten sie jeweils, bis der Vorgänger fast fertig ist mit seiner Sequenz. Das Ganze läuft der Studie zufolge sehr ritualisiert ab. Schliesslich ziehen sie zusammen los und verlassen das Wasserloch.

«Wir waren erstaunt, dass männliche Elefanten, die in der Regel nur lose soziale Bindungen eingehen, ihre Stimmen so ausgeklügelt koordinieren, um sich in Bewegung zu setzen», erklärt Erstautorin Caitlin O’Connell-Rodwell, die unter anderem an der Stanford University und der Harvard Medical School forscht. Die Kommunikation der Bullen sei komplexer als bisher angenommen, erklärte die Wissenschaftlerin.

Diese Studie schliesse an die eingangs erwähnte Studie an, in der gezeigt wurde, dass wilde Elefanten sich gegenseitig eindeutige Namen geben. Dies weise auf die Verwendung von Substantiven in ihrer Kommunikation hin. «In unserer Arbeit zeigen wir, dass Elefanten Verben in Form von ‹Los geht's› verwenden. Wenn sie Substantiv-Verben-Kombinationen zusammen verwenden, ist das Syntax. Das ist Sprache», sagt O'Connell-Rodwell.

Elefantenbulle
Elefantenbullen leben meist allein. Wenn sich aber mehrere Geschlechtsgenossen treffen, müssen sie ihre Aktionen koordinieren. Bild: Shutterstock

Elefanten-Kommunikation aus 13 Jahren Forschung

O’Connell-Rodwell, die seit 30 Jahren Elefanten in der Wildnis erforscht, zeichnete dieses Losgeh-Grollen erstmals im Jahr 2004 auf. Zwischen 2005 und 2017 wurden weitere Aufnahmen am Mushara-Wasserloch gesammelt – darunter waren nicht nur für Menschen hörbare Töne, sondern auch sehr tiefe im Infraschallbereich.

Die Forschenden denken, dass die männlichen Elefanten diese Art der Verständigung von älteren weiblichen Elefanten lernen. «Sie sind in einer Familie aufgewachsen, in der alle Anführerinnen dieses Ritual nutzen», meint O'Connell-Rodwell. «Wir glauben, dass sie, wenn sie erwachsen werden und ihre eigenen Gruppen bilden, sich anpassen und diese erlernten Verhaltensweisen nutzen, um sich mit anderen Männchen zu koordinieren.»

Ältere Bullen agieren als Mentoren

Den ersten Losgeh-Ruf stosse der sozialste Bulle aus, der teilweise auch der dominante Bulle der Gruppe sei. Diese Tiere spielten eine wichtige Rolle in der Gruppe, weil sie den Zusammenhalt und die Stabilität förderten. Sie seien oft eine Art Mentor für jüngere Bullen, sagt O'Connell-Rodwell. «Die älteren Männer sind bereit, sie unter ihre Fittiche zu nehmen, sie anzuleiten, Ressourcen mit ihnen zu teilen und an ihren emotionalen Höhen und Tiefen teilzuhaben.» (dhr/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Mosha, der Elefant mit der Beinprothese
1 / 7
Mosha, der Elefant mit der Beinprothese
Sieben Monate war Mosha jung, als sie auf eine Landmine trat. Das war vor zehn Jahren. Hier wird ihr eine Beinprothese abgenommen.
quelle: x02943 / athit perawongmetha
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Elefant aus dem Basler Zoo
Video: twitter
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
7
Hohe Temperaturen lassen Menschen schneller altern

Hitzeperioden schädigen Menschen nicht nur akut. US-Forschende haben Hinweise dafür gefunden, dass extreme Temperaturen die biologische Alterung beschleunigen.

Zur Story