Wissen
Forschung

Orang-Utan heilt Wunde aktiv mit einer Pflanze – in freier Wildbahn

Orang-Utan heilt Wunde aktiv mit einer Pflanze – in freier Wildbahn

03.05.2024, 08:27
Mehr «Wissen»

Erstmals haben Forscher systematisch dokumentiert, dass ein Wildtier eine Pflanze gegen Verletzungen nutzt. Evolutionsbiologen berichten im Fachjournal «Scientific Reports», dass ein Sumatra-Orang-Utan eine Wunde im Gesicht aktiv mit einer Heilpflanze behandelt hat.

Das Männchen Rakus habe einige Tage nach einer Verletzung, die es im Kampf mit einem Artgenossen erlitten hatte, Blätter einer Liane abgerissen, darauf herumgekaut und den Saft mehrere Minuten lang wiederholt auf die Gesichtswunde aufgetragen.

«Als letzten Schritt bedeckte er die Wunde vollständig mit den zerkauten Blättern», sagt Erstautorin Isabelle Laumer des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz. Sie beobachtete das Verhalten am Forschungsstandort Suaq Balimbing, einem geschützten Regenwaldgebiet auf Sumatra, in dem etwa 150 vom Aussterben bedrohte Sumatra-Orang-Utans (Pongo abelii) leben. Die zur Heilung verwendete Liane (Fibraurea tinctoria) ist für ihre schmerzstillende und fiebersenkende Wirkung bekannt und wird in der traditionellen Medizin zur Behandlung verschiedener Krankheiten wie etwa Malaria eingesetzt.

Männlicher Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii)
Ein Sumatra-Orang-Utan. (Symbolbild)Bild: Wikimedia/Kabir Bakie

Absichtliches Verhalten

Die Autoren berichten ausserdem, dass es bei dem Orang-Utan in den Folgetagen nicht zu einer Wundinfektion kam. Die Wunde habe sich innerhalb von fünf Tagen geschlossen und sei binnen eines Monats vollständig verheilt. Laumer erklärt:

«Interessanterweise ruhte Rakus auch mehr als sonst, als er verletzt war. Schlaf wirkt sich positiv auf die Wundheilung aus, da die Wachstumshormonausschüttung, die Proteinsynthese und die Zellteilung im Schlaf gesteigert werden.»

Das Verhalten von Rakus schien demnach absichtlich zu sein, da er selektiv nur die Gesichtswunde an seinem rechten Flansch und keine anderen Körperteile mit dem Pflanzensaft behandelte. Laumer ergänzt:

«Das Verhalten wurde auch mehrmals wiederholt, nicht nur mit dem Pflanzensaft, sondern später auch mit festerem Pflanzenmaterial, bis die Wunde vollständig bedeckt war. Der gesamte Prozess hat viel Zeit in Anspruch genommen.»

Bisher war der Studie zufolge nur bekannt, dass Menschenaffen bestimmte Pflanzen zur Behandlung von Parasiteninfektionen zu sich nehmen und Pflanzenmaterial auf ihre Haut reiben, um Muskelkater zu behandeln. Kürzlich sei zudem in Gabun beobachtet worden, wie eine Schimpansengruppe Insekten auf Wunden auftrug. (rbu/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese 14 Tierarten haben Forscher erst vor kurzem entdeckt
1 / 16
Diese 14 Tierarten haben Forscher erst vor kurzem entdeckt
Der Hamamas-Röhrennasenflughund: Obwohl der Flughund mit dem Spitznamen «Yoda» bereits 2011 in Papua Neuguinea entdeckt wurde, ist er erst im Sommer 2017 als eigenständige Art anerkannt worden. Durch seinen runden Kiefer sieht es aus, als würde er lächeln. Deshalb wurde er «Hamamas» genannt, was auf Tok Pisin «glücklich» heisst.

bild: imgur
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Mann will Video von Orang-Utan und das kriegt er…
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
41 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
El fuego
03.05.2024 09:30registriert April 2023
Der Mensch unterschätzt die Natur, da die meisten den Bezug zur Natur völlig verloren haben. Schön zu sehen, zu was die Tiere wirklich fähig sind und wir sollten schnell damit aufhören den Menschen und seine Bedürfnisse immer über die Natur zu stellen.
642
Melden
Zum Kommentar
avatar
JabbaThaHutt
03.05.2024 09:50registriert März 2023
Faszinierend und schön zu sehen wie diese Tiere doch tatsächlich überlegt handeln können.
(mal schauen ob der kurze Text so erscheint, denn seit gestern wird seltsamerweise jeder meiner Beiträge abgeblockt, ganz egal wie sachlich und normal ich schreibe)
401
Melden
Zum Kommentar
avatar
Voraus denken!
03.05.2024 09:23registriert März 2022
Wir müssen wohl den Umgang mit Tieren, die bewusste Entscheidungen herbeiführen können, überdenken.

Nein, damit sind apportierende Hunde nicht gemeint.

In der Evolution hat irgendwann mal ein Affe begonnen, sich seiner selbst bewusst zu werden und begonnen, selbstständige Entscheide zu treffen. Irgendwann lief er aufrecht und begann die Welt zu erobern.

Theoretisch, mit sehr, sehr viel Zeit, könnte sich das wiederholen.
362
Melden
Zum Kommentar
41
    Diese Urologin zockt sich ins Finale – und macht Günther Jauch sprachlos

    Günther Jauch ist bekannt für seine eiserne Contenance. Selten hat ihn jemand derart aus der Fassung gebracht, wie die quirlige Urologin Paula Menold aus München. Sie ist eine der Kandidatinnen, die in der aktuellen 3-Millionen-Woche mitspielen.

    Zur Story