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Gemäss Studie: Untergewicht ist tödlicher als Übergewicht

Eine Person in wei
Gemäss Studie ist das Sterberisiko bei Untergewicht signifikant höher als bei Übergewicht.Bild: www.imago-images.de

Gemäss Studie: Untergewicht ist tödlicher als Übergewicht

19.09.2025, 19:30

Viele Menschen glauben, dass schlank sein gleichzusetzen ist mit gesund sein. Doch eine aktuelle Studie aus Dänemark zeigt, dass ein zu niedriges Gewicht das Sterberisiko stärker erhöhen kann als Übergewicht. Die Ergebnisse wurden beim Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes vorgestellt.

Höheres Sterberisiko bei Untergewicht

Für die Untersuchung analysierte das Team um Dr. Sigrid Bjerge Gribsholt vom Universitätsklinikum Aarhus die Daten von rund 85'700 Erwachsenen. Das Median-Alter der Teilnehmenden lag bei 66 Jahren. Über fünf Jahre hinweg verglichen die Forschenden den Body-Mass-Index mit den registrierten Todesfällen.

Die Ergebnisse sind eindeutig. Menschen mit Untergewicht, also einem BMI unter 18,5, hatten ein fast dreifach höheres Sterberisiko als Personen im oberen Normalbereich mit einem BMI zwischen 22,5 und 25. Auch bei einem BMI von 18,5 bis 20 war das Risiko doppelt so hoch. Selbst ein BMI im mittleren Bereich von 20 bis 22,5 ging noch mit einer um 27 Prozent höheren Sterblichkeit einher.

Überraschend ist zudem, dass Personen mit Übergewicht oder leichter Adipositas bis zu einem BMI von 35 kein signifikant höheres Risiko zeigten. Erst ab einem Wert von 35 stieg die Sterblichkeit wieder an.

Frage der Kausalität

Untergewicht schwächt den Körper auf verschiedenen Ebenen. Es begünstigt Mangelernährung, führt zu Nährstoffdefiziten und reduziert die Muskelmasse. Dadurch sinkt die Belastbarkeit und das Immunsystem wird geschwächt. Besonders im höheren Alter fehlen Betroffenen wichtige Energiereserven, um Krankheiten oder Operationen zu überstehen.

Ein weiterer Faktor: Häufig steckt eine unerkannt bestehende Krankheit hinter einem sehr niedrigen Gewicht. Krebserkrankungen oder chronische Leiden führen oft zu ungewolltem Gewichtsverlust. In solchen Fällen ist nicht das Untergewicht allein die Ursache, sondern die zugrunde liegende Erkrankung.

Dr. Gribsholt sieht darin auch eine mögliche Erklärung für die überraschenden Studienresultate: «Ein möglicher Grund für die Ergebnisse ist eine umgekehrte Kausalität: Manche Menschen verlieren aufgrund einer zugrunde liegenden Krankheit an Gewicht. In solchen Fällen ist es die Krankheit und nicht das niedrige Gewicht selbst, die das Sterberisiko erhöht. Das kann den Eindruck erwecken, als sei ein höherer BMI schützend.»

BMI nicht aussagekräftig

Die Forschenden betonen ebenfalls, dass der Body-Mass-Index nur ein grober Indikator ist. Entscheidend für die Gesundheit sind auch die Verteilung des Körperfetts, die totale Muskelmasse und der allgemeine Ernährungsstatus. Vor allem viszerales Fett im Bauchraum, das die Organe umgibt, gilt als besonders riskant, während etwas zusätzliches Fett an Hüften oder Oberschenkeln keine negativen Folgen haben muss.

Die Forschenden fordern deshalb, Gesundheitsprogramme und Leitlinien differenzierter zu gestalten. Anstatt allein Übergewicht in den Mittelpunkt zu stellen, sollte auch Untergewicht und Mangelernährung mehr Aufmerksamkeit erhalten. Besonders Menschen, die sehr schlank sind oder innerhalb kurzer Zeit stark an Gewicht verlieren, sollten medizinisch abklären lassen, ob eine Erkrankung dahintersteckt. (ear)

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Überflu­tet? Touris­mus­kri­tik um 1900
Der Archäologe Jakob Wiedmer kam durch seine Heirat mit der Wengener Hotelbesitzerin Marie Stern eher zufällig in Kontakt mit dem Tourismusboom der Belle Époque im Berner Oberland. Seine Eindrücke verarbeitete er im tourismuskritischen Roman «Flut», der umgehend zum Rückzug als Hoteldirektor führte.
Jakob Wiedmer, geboren 1876 als Sohn eines Bäckers in Herzogenbuchsee (BE), galt schon früh als eine Art Genie. In der Schule lernte er rasch und leicht. Aber «Studiergrinde» gäbe es genug, meinte sein Vater; sein Bub solle etwas Rechtes lernen, nämlich den Beruf eines Kaufmanns. Kaum hatte Wiedmer eine Stelle als Kaufmann in Zürich angetreten, als ihn sein Arbeitgeber nach Athen schickte. Der Aufenthalt dort förderte die archäologischen Interessen allem Anschein nach mehr als die kaufmännischen. Wieder in Bern zurück sehen wir den jungen Mann als Ausgräber, Schriftsteller und im Januar 1904 als Hochzeiter: Mit 27 Jahren heiratete er Marie Stern, Hotelbesitzerin in Wengen, und wurde nach damaligem Recht Hoteldirektor.
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