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O Tannen­baum

Verkauf von Weihnachtsbäumen in Zürich, 1971.
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Verkauf von Weihnachtsbäumen in Zürich, 1971.Bild: ETH-Bibliothek Zürich

O Tannen­baum

Häufig unsichtbar, aber doch voller Geschichte: Die Weihnachtsbaumständer zeigen, wie sich aus einer praktischen Notwendigkeit ein kleines Feld der Innovation entwickelte – vom hölzernen Kreuz über die Gusseisenständer bis zur Ein-Seil-Technik.
24.12.2025, 18:3024.12.2025, 18:30
Géraldine Lysser / Schweizerisches Nationalmuseum

Die Tradition, im Winter einen immergrünen Baum oder Zweige davon ins Haus zu holen, bestand bereits im vorchristlichen Europa. Als Weihnachtssymbol hat der Baum seinen Ursprung jedoch in einer mittelalterlichen Tradition: Der 24. Dezember ist im liturgischen Kalender der Gedenktag von Adam und Eva. Zu diesem Anlass wurde in den westdeutschen Gebieten die Vertreibung aus dem Paradies nachgespielt.

Der «Paradiesbaum» – eine mit Äpfeln behangene Tanne – wurde als Symbol für den Garten Eden zuhause aufgestellt. Daneben stand die «Weihnachtspyramide», eine dreieckige Konstruktion aus Holz mit Regalen für Weihnachtsfiguren, die mit Immergrün, Kerzen und einem Stern geschmückt war. Im 16. Jahrhundert verschmolzen die Weihnachtspyramide und der Paradiesbaum zum Weihnachtsbaum.

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Die ersten schriftlichen Belege zu Weihnachtsbäumen stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert aus den süddeutschen Gebieten, dem Elsass und dem Baltikum. Um 1600 sollen in Basel Schneidergesellen zur Weihnachtszeit mit grünen Bäumen durch die Strassen gezogen sein. In ihrer Unterkunft schmückten sie die Bäume mit Äpfeln und Käse. Später wurden diese Leckereien gemeinsam vom Baum geholt und verspeist.

In den deutschen lutheranischen Gebieten war der Weihnachts- oder Christbaum bereits im 18. Jahrhundert weit verbreitet. In der Deutschschweiz breitete sich der Brauch im 19. Jahrhundert aus, auch hier vorerst in den reformierten Gebieten. In den katholischen Regionen erfuhr der geschmückte Baum als Ergänzung zur Krippe erst in der Nachkriegszeit breite Akzeptanz.

Eine Druckgrafik aus «National-Kinderlieder für die Züricherische Jugend» zeigt ein geschmücktes Bäumchen im Hintergrund, 1799.
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Eine Druckgrafik aus «National-Kinderlieder für die Züricherische Jugend» zeigt ein geschmücktes Bäumchen im Hintergrund, 1799.Bild: Zentralbibliothek Zürich

Zu seinen Anfangszeiten war der Weihnachtsbaum vor allem in Kirchen, Schul- oder Pfarrhäusern anzutreffen. Ausserdem bei reichen Familien, denn eine Tanne war nicht für jeden erschwinglich und der Baumschmuck sowie die Kerzen überstiegen die finanziellen Möglichkeiten vieler. Mit der Erfindung der Stearin- und Paraffin-Kerzen und der industriellen Produktion von Glaskugeln änderte sich das allmählich.

Wie stellt man einen Weihnachts­baum auf?

Der Brauch führte bald zu einer weiteren Herausforderung: Wie sollte der Weihnachtsbaum in der familiären Stube aufgestellt werden? In einigen Gebieten – vor allem in Osteuropa – wurde das Problem so gelöst, dass der Weihnachtsbaum an der Decke befestigt wurde. Wahrscheinlich wurde er mancherorts auch einfach gegen eine Wand gelehnt.

Die erste Erwähnung eines eigentlichen Baumständers dürfte eine Handschrift von 1604 sein: «Man pflegt drum ein vierekent Ramen zu machen […]», womit eine viereckige Holzplatte mit einem Loch in der Mitte gemeint sein dürfte. Solche simplen Konstruktionen aus Holz wurden häufig verwendet: In Bretter oder Klötze wurde mittig ein Loch gebohrt, in dem der Stamm verkeilt werden konnte. Auch grosse Futterrüben konnten mit einem Loch in der Mitte zum Weihnachtsbaumständer umfunktioniert werden.

Ein Mönch schmückt einen Weihnachtsbaum im Kloster Hauterive (FR), 1977.
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Ein Mönch schmückt einen Weihnachtsbaum im Kloster Hauterive (FR), 1977.Bild: ETH-Bibliothek Zürich

Eine besondere Form der hölzernen Ständer waren die sogenannten Gärtlein: Eine quadratische Holzplatte mit Loch in der Mitte, umgeben von einem Zaun und häufig mit Moos oder Stroh ausgelegt. Darauf konnten Holztiere oder Krippenfiguren platziert werden.

In vermögenderen Kreisen kamen bald Ständer aus Metall zum Einsatz. Dank ihrem Gewicht waren sie standfester und konnten mit Schrauben für Stämme verschiedener Grössen gebraucht werden. 1860 wurde ein Patent für einen gusseisernen Baumständer angemeldet, welcher erstmal 1866 durch die Firma Rödinghausen in Deutschland produziert wurde. Gusseiserne Modelle wurden in Folgejahrzehnten zahlreich produziert und stilistisch dem sich verändernden Geschmack angepasst.

Weihnachtsbaumständer aus Gusseisen, abgebildet in einem Katalog eines deutschen Eisenwarenhändlers aus dem Jahr 1937.
Weihnachtsbaumständer aus Gusseisen, abgebildet in einem Katalog eines deutschen Eisenwarenhändlers aus dem Jahr 1937.Bild: Aus: Magdalene Hanke-Basfeld: «Christbaumständer. Kleine Kulturgeschichte»

In einige Ständer wurde ein Kugellager eingebaut, sodass sie gedreht werden konnten. Das sollte das Anzünden der Kerzen erleichtern. Besonders kostspielige Ständer hatten sogar einen Aufzugsmechanismus, welcher den Baum drehen liess und zeitgleich eine Musikdose in Gang setzte.

Weihnachtsbaumständer mit mechanischem Federwerk, das den Baum dreht und gleichzeitig Musik abspielt.Video: YouTube/Museum für Musikautomaten Seewen SO

Solche Ständer waren entsprechend teuer. Aber auch gewöhnliche Modelle aus Metall blieben den wohlhabenden Schichten vorbehalten. So kostete ein gusseiserner Ständer um 1890 etwa gleich viel wie 12 Kilogramm Brot. Dank ihrer tiefen Kosten blieben Holzkreuze als Ständer bis ins 20. Jahrhundert weit verbreitet.

Neue Lösungen für alte Probleme

Zahlreiche Patentanträge beweisen den Innovationsdrang rund um den Weihnachtsbaum. So wurden klapp- und zerlegbare Ständer entworfen, die platzsparend aufbewahrt werden konnten. Andere dachten über alternative Einsatzmöglichkeiten nach, um dem Ständer das ganze Jahr über eine Funktion als Spucknapfhalter, Klavierschemel oder Kindertischchen zu geben.

Damit der Baum möglichst lange frisch blieb und weniger Nadeln verlor, kamen auch verschiedene Ständer mit Wassertank auf den Markt. Diese konnten sich nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzen. Sie wurden häufig aus Glas, Keramik oder Plastik hergestellt, womit sie günstiger und handlicher waren als gusseiserne Modelle.

In der Schweiz erreichte das Modell der Glashütte Bülach besondere Bekanntheit. Für die Glasherstellung wurde Quarzsand mit hohem Eisengehalt eingesetzt, wodurch das Glas seine typische grüne Farbe erhielt. Der Weihnachtsbaumständer wurde 1939 patentiert und in zahlreichen Zeitschriften beworben.

Inserat für den grünen Weihnachtsbaumständer aus dem Jahr 1950.
https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=DBB19501210-02.1.6&e=-------de-20--61--img-txIN-christbaumst%C3%A4nder-------0-----
Inserat für den grünen Weihnachtsbaumständer aus dem Jahr 1950.Bild: e-newspaperarchives
Grüner Weihnachtsbaumständer
Bild: Alexander Rechsteiner

Den verschiedenen Weihnachtsbaumständern blieb gemein, dass sie mit einer oder mehreren Schrauben den Baum festmachten. Damit blieb das Fixieren des Stamms eine mühselige Angelegenheit: Der Stamm musste häufig angesägt werden, was aber nicht über den Umstand hinwegtäuschen konnte, dass der Baum nur selten kerzengerade gewachsen war. Wurde eine Schraube links angezogen, neigte er sich nach rechts und andersrum.

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Dieses Problems nahm sich die Firma Krinner an, deren Gründer Klaus Krinner 1989 einen Ständer mit Ein-Seil-Technik entwickelte. Damit passte sich der Ständer erstmals flexibel dem Stamm an, unabhängig davon, wie er gewachsen war. Mittlerweile sind über 90 Prozent aller im Markt angebotenen Weihnachtsbaumständer mit Seiltechnik ausgestattet.

Heute dominieren Modelle mit Ein-Seil-Technik den Markt.
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Heute dominieren Modelle mit Ein-Seil-Technik den Markt.Bild: Wikimedia

Obwohl der Weihnachtsbaumständer höchstens eine Nebenrolle am Weihnachtsfest spielt, hat das Objekt einige Innovationen hervorgebracht. Mit der Ein-Seil-Technik scheint diese Entwicklung – zumindest vorläufig – abgeschlossen. Und vielleicht bleibt damit mehr Zeit für das, worum es am Weihnachtsfest wirklich geht: Licht, Gemeinschaft und Besinnlichkeit.

>>> Weitere historische Artikel auf: blog.nationalmuseum.ch
watson übernimmt in loser Folge ausgesuchte Perlen aus dem Blog des Nationalmuseums. Der Beitrag «O Tannen­baum» erschien am 23. Dezember.
blog.nationalmuseum.ch/2025/12/o-tannenbaum
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