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Grundwasser in Schweizer Städten wird wärmer: Das sind die Folgen

Drohenenaufnahme ueber Basel, am Dienstag, 18. Maerz 2025. Im Hintergrund links sind die Tuerme der Roche zu sehen. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
In Basel wurde die Temperatur des Grundwassers untersucht.Bild: KEYSTONE

Schweizer Grundwasser wird wärmer – irgendwann braucht es womöglich Chlor

Im Vergleich zu früher ist die Temperatur des Grundwassers in städtischen Gebieten gestiegen. Schuld daran sind etwa Tiefgaragen und Gebäude. Das kann unter bestimmten Bedingungen Folgen für die Gesundheit haben.
17.09.2025, 16:1518.09.2025, 18:01

Die Temperatur des Grundwassers in Basel wird seit Jahren beobachtet. Nun zeigt sich, dass es sich immer weiter erwärmt. Normalerweise sollte es etwa 10 bis 11 Grad warm sein – entsprechend der jährlichen Durchschnittstemperatur. Doch in Basel ist es mittlerweile fünf bis sieben Grad wärmer, wie die Untersuchung zeigt.

Und Basel ist nicht allein. «Eine solche Erwärmung des Grundwassers lässt sich weltweit auch in vielen anderen Städten nachweisen», wird Hydrogeologe Jannis Epting in einem Bericht der Forschungsgruppe Hydrogeologie der Universität Basel zitiert. Der Bericht stützt sich auf die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe Angewandte und Umweltgeologie und wurde vom Wasserforschungsinstitut Eawag publiziert.

Wärmeres Grundwasser kann krank machen

Das kann in gewissen Fällen gesundheitliche Folgen haben. Denn die wärmere Umgebung begünstigt die Vermehrung von Bakterien. Sind es zu viele, muss das Wasser behandelt werden. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von Chlor. Die gesundheitlichen Folgen davon sind noch nicht genau bekannt.

In anderen Ländern wie den USA, Frankreich oder Italien wird das Wasser bereits jetzt vorsorglich mit Chlor behandelt. Wer da schon einmal Wasser aus dem Hahn getrunken hat, kennt den geschmacklichen Unterschied zu Schweizer Trinkwasser.

Denn in der Schweiz sind wir in der Regel noch nicht an diesem Punkt, sagt Epting zu SRF. Mancherorts kann das Wasser in den Leitungen im Sommer dennoch bereits über 20 Grad warm werden. Nämlich, wenn es mit aufbereitetem Flusswasser angereichert wird.

Parkhäuser heizen das Grundwasser auf

Gründe für die Erwärmung des Grundwassers in Städten gibt es mehrere. Der Klimawandel spiele dabei aber nur eine untergeordnete Rolle, heisst es im Eawag-Bericht. Die Erwärmung ist vielmehr Folge der Abwärme von unterirdischen Bauten und der vermehrten Nutzung von Grundwasser zum Kühlen. Dieses Wasser wird anschliessend wieder in den Untergrund abgegeben – wärmer als vorher.

«Das Grundwasser transportiert um ein Vielfaches mehr Wärme weg vom Gebäude als der Boden oberhalb.»
Jannis Epting, Hydrogeologe

Auch Wärmeinseln in den Städten können bis in den Untergrund wirken. Doch tiefreichende Gebäude wie IT-Räume, Labore oder unterirdische Parkhäuser geben viel Wärme ab, wie eine Studie der Uni Basel zeigte. Bei dieser wurde in fünf Tiefgaragen stündlich die Temperatur gemessen. Je mehr Fahrzeuge ein- und ausfuhren, desto wärmer war es.

Die Folge: «Sobald ein Gebäude bis in das Grundwasser reicht, ist dies, wie wenn man nass im Wind steht», erklärt Epting. «Das Grundwasser transportiert um ein Vielfaches mehr Wärme weg vom Gebäude als der Boden oberhalb.» Bis es nach solchen Eingriffen in den Untergrund wieder zu einem thermischen Gleichgewicht kommt, dauere es mehrere Jahre.

Grundwasser kühlt Gebäude

Die Studie zur Wärmeabgabe von Tiefgaragen führte in Basel denn auch dazu, dass Isolationsanforderungen von tiefreichenden Untergrundbauwerken erhöht wurden. Dabei gäbe es auch Möglichkeiten, die Wärme zu nutzen.

Gerade in Basel gibt es über 50 Institutionen wie die pharmazeutische Industrie oder Spitäler, die das Grundwasser auch zum Kühlen einsetzen. Laut der Gewässerschutzverordnung darf das Wasser im Umkreis von 100 Metern nicht mehr als drei Grad verändert werden. Doch der Bund überarbeitet dieses Gesetz gerade. Aktuell hat die Methode aber nicht mehr viel Potenzial.

Idee: Heizen statt kühlen mit Wasser

Epting schlägt in seinem Bericht stattdessen vor, das Grundwasser zum Heizen zu verwenden. Dafür gebe es mehrere Ideen wie Wärmetauscher oder Dükersysteme, bei denen Grundwasser in Rohrleitungen um Grossbauten herumgeleitet und die Wärme darin entzogen wird. «Das Potenzial ist gross», sagt Epting.

Das zeigt auch eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie: Das Team um Epting simulierte, wie man im geplanten S-Bahn-Tunnel dem Grundwasser Wärme entziehen und es zum Heizen von Gebäuden verwenden könnte. «Die gewonnene Wärme liegt in einer Grössenordnung, dass man damit ein grosses Shopping-Zentrum beheizen könnte», so das Fazit.

S-Bahn-Tunnel Basel Wärme Grundwasser Studie
Der geplante S-Bahntunnel «Herzstück» bietet Potenzial, die Wärme des Grundwassers zu nutzen.Bild: Eawag

Noch würden solche Projekte wenig genutzt. Finanziell könne es sich aber lohnen, da es nicht immer tiefe Bohrungen für Geothermie-Projekte brauche. «Wahrscheinlich sind nach wie vor die Anreize noch zu gering», vermutet Epting. (vro)

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Wie viel Wasser sollten wir eigentlich trinken?
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Wie viel Wasser sollten wir eigentlich trinken?

nser Körper besteht zu über 50 Prozent aus Wasser, das unter anderem für die Regulation der Körpertemperatur verantwortlich ist. Damit schützt es den Körper vor Überhitzung. Durch das vermehrte Schwitzen verliert der Körper einen grossen Teil der aufgenommenen Flüssigkeit wieder. Deswegen ist es an Hitzetagen besonders wichtig, viel zu trinken – und dies vor allem auch regelmässig.

Geeignet ist Wasser,ungesüsste Kräuter- und Früchtetees sowie Saftschorlen. Vermeiden solltest du zuckerhaltige Getränke und Alkohol.

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So gelangen Krankheitserreger ins Trinkwasser
Video: srf
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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nirantali
17.09.2025 16:26registriert Juli 2020
Warum eigentlich immer Chlor, wenn doch Ozon besser ist für die Wasserdesinfektion. Es ist stärker, schneller, tötet auch Chlorresistente Bakterien ab, hinterlässt keine unerwünschten Nebenprodukte, baut sich einfach zu reinem Sauerstoff ab, ist umweltfreundlicher und im Gegensatz zu Chlor erst noch geruchsneutral.
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Rannen
17.09.2025 17:24registriert Januar 2018
Wir gehen schlechten Zeiten entgegen! Und die Menschen sind uu blöd um zu reagieren
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Maurmer
17.09.2025 17:10registriert Juni 2021
Vor drei Tagen wurde ich noch geblitzt, weil ich bei den Chlorhühnchen doch glatt behauptet habe, dass auch in Europa in vielen Ländern das Trinkwasser gechlort wird und die Prozedur in CH zugelassen ist...

Die Wasserfilterindustrie und Mineralwasserabfüller dürfte sich freuen. Chloriertes Trinkwasser ist faktisch untrinkbar, auch wenn es nicht gesundheitsschädlich ist.
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840'000 Menschen in der Schweiz können schlecht lesen und rechnen
15 Prozent der Schweizer Bevölkerung zwischen 16 und 65 Jahren haben Mühe beim Lesen, Rechnen und Problemlösen ohne direkte Handlungsanweisung. Das sind etwa 844'000 Menschen. Tendenziell verdienen sie weniger und sind seltener erwerbstätig als die Gesamtbevölkerung.
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