Schweizer Grundwasser wird wärmer – irgendwann braucht es womöglich Chlor
Die Temperatur des Grundwassers in Basel wird seit Jahren beobachtet. Nun zeigt sich, dass es sich immer weiter erwärmt. Normalerweise sollte es etwa 10 bis 11 Grad warm sein – entsprechend der jährlichen Durchschnittstemperatur. Doch in Basel ist es mittlerweile fünf bis sieben Grad wärmer, wie die Untersuchung zeigt.
Und Basel ist nicht allein. «Eine solche Erwärmung des Grundwassers lässt sich weltweit auch in vielen anderen Städten nachweisen», wird Hydrogeologe Jannis Epting in einem Bericht der Forschungsgruppe Hydrogeologie der Universität Basel zitiert. Der Bericht stützt sich auf die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe Angewandte und Umweltgeologie und wurde vom Wasserforschungsinstitut Eawag publiziert.
Wärmeres Grundwasser kann krank machen
Das kann in gewissen Fällen gesundheitliche Folgen haben. Denn die wärmere Umgebung begünstigt die Vermehrung von Bakterien. Sind es zu viele, muss das Wasser behandelt werden. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von Chlor. Die gesundheitlichen Folgen davon sind noch nicht genau bekannt.
In anderen Ländern wie den USA, Frankreich oder Italien wird das Wasser bereits jetzt vorsorglich mit Chlor behandelt. Wer da schon einmal Wasser aus dem Hahn getrunken hat, kennt den geschmacklichen Unterschied zu Schweizer Trinkwasser.
Denn in der Schweiz sind wir in der Regel noch nicht an diesem Punkt, sagt Epting zu SRF. Mancherorts kann das Wasser in den Leitungen im Sommer dennoch bereits über 20 Grad warm werden. Nämlich, wenn es mit aufbereitetem Flusswasser angereichert wird.
Parkhäuser heizen das Grundwasser auf
Gründe für die Erwärmung des Grundwassers in Städten gibt es mehrere. Der Klimawandel spiele dabei aber nur eine untergeordnete Rolle, heisst es im Eawag-Bericht. Die Erwärmung ist vielmehr Folge der Abwärme von unterirdischen Bauten und der vermehrten Nutzung von Grundwasser zum Kühlen. Dieses Wasser wird anschliessend wieder in den Untergrund abgegeben – wärmer als vorher.
Auch Wärmeinseln in den Städten können bis in den Untergrund wirken. Doch tiefreichende Gebäude wie IT-Räume, Labore oder unterirdische Parkhäuser geben viel Wärme ab, wie eine Studie der Uni Basel zeigte. Bei dieser wurde in fünf Tiefgaragen stündlich die Temperatur gemessen. Je mehr Fahrzeuge ein- und ausfuhren, desto wärmer war es.
Die Folge: «Sobald ein Gebäude bis in das Grundwasser reicht, ist dies, wie wenn man nass im Wind steht», erklärt Epting. «Das Grundwasser transportiert um ein Vielfaches mehr Wärme weg vom Gebäude als der Boden oberhalb.» Bis es nach solchen Eingriffen in den Untergrund wieder zu einem thermischen Gleichgewicht kommt, dauere es mehrere Jahre.
Grundwasser kühlt Gebäude
Die Studie zur Wärmeabgabe von Tiefgaragen führte in Basel denn auch dazu, dass Isolationsanforderungen von tiefreichenden Untergrundbauwerken erhöht wurden. Dabei gäbe es auch Möglichkeiten, die Wärme zu nutzen.
Gerade in Basel gibt es über 50 Institutionen wie die pharmazeutische Industrie oder Spitäler, die das Grundwasser auch zum Kühlen einsetzen. Laut der Gewässerschutzverordnung darf das Wasser im Umkreis von 100 Metern nicht mehr als drei Grad verändert werden. Doch der Bund überarbeitet dieses Gesetz gerade. Aktuell hat die Methode aber nicht mehr viel Potenzial.
Idee: Heizen statt kühlen mit Wasser
Epting schlägt in seinem Bericht stattdessen vor, das Grundwasser zum Heizen zu verwenden. Dafür gebe es mehrere Ideen wie Wärmetauscher oder Dükersysteme, bei denen Grundwasser in Rohrleitungen um Grossbauten herumgeleitet und die Wärme darin entzogen wird. «Das Potenzial ist gross», sagt Epting.
Das zeigt auch eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie: Das Team um Epting simulierte, wie man im geplanten S-Bahn-Tunnel dem Grundwasser Wärme entziehen und es zum Heizen von Gebäuden verwenden könnte. «Die gewonnene Wärme liegt in einer Grössenordnung, dass man damit ein grosses Shopping-Zentrum beheizen könnte», so das Fazit.
Noch würden solche Projekte wenig genutzt. Finanziell könne es sich aber lohnen, da es nicht immer tiefe Bohrungen für Geothermie-Projekte brauche. «Wahrscheinlich sind nach wie vor die Anreize noch zu gering», vermutet Epting. (vro)
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