Es wurde nur drei oder vier Jahre alt, dann starb das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis), vermutlich durch Ertrinken. Sein Kadaver war mindestens 20'000 Jahre lang im sibirischen Permafrostboden gelegen, bis er im August des letzten Jahres am Ufer des Flusses Tirekhtyakh im Norden der russischen Republik Sacha (Jakutien) gefunden wurde. Das Tier ist ausserordentlich gut erhalten; es soll sich nach Aussage des Paläontologen Valery Plotnikow um das bisher am besten erhaltene junge Wollnashorn aus Sibirien handeln, wie die «Siberian Times» Ende Dezember berichtete.
Neben den Zähnen sind offenbar grosse Teile der inneren Organe erhalten. Rund 80 Prozent des Kadavers sind noch intakt. Auch das Horn wurde gefunden, es lag neben dem Kadaver. Das Jungtier habe bereits allein und von seiner Mutter getrennt gelebt, sagte Plotnikow, der an der Akademie der Wissenschaften der Republik Sacha tätig ist.
Das Geschlecht des Wollnashorns ist noch nicht bestimmt – dies wird erst möglich sein, wenn die aufgetauten Strassen wieder vereist sind und der Kadaver aus der Region Abyssky in die Hauptstadt der Republik Sacha, Jakutsk, gebracht wird. Dann kann mittels der Radiokarbonmethode auch das Alter des Kadavers bestimmt werden. Plotnikow schätzt, dass es vermutlich vor 20'000 bis 50'000 Jahren gelebt hat.
Die Fundstelle liegt nicht weit entfernt von der Stelle, wo im September 2014 das bisher einzige Wollnashorn-Baby gefunden wurde. Das «Sascha» benannte Tier lag rund 34'000 Jahre lang im Permafrostboden. Der Klimawandel sorgt mit den steigenden Temperaturen dafür, dass solche Funde öfter vorkommen als früher. Der Permafrost gab in den letzten Jahren auch zwei Höhlenlöwen-Babys frei, die erst einen Monat alt waren und im Abstand eines Jahres nur 15 Meter voneinander entfernt gefunden wurden. Diese Kadaver dürften an die 50'000 Jahre alt sein. Ebenfalls am Ufer des Tirekhtyakh kam im Sommer 2018 der 40'000 Jahre alte Schädel eines riesigen Eiszeit-Wolfs frei, bei dem sogar das Gehirn noch erhalten war.
Gegen Ende der Eiszeit vor 20'000 bis 10'000 Jahren starb diese Grosstierfauna aus, nicht nur in Sibirien, sondern auch in Nordamerika. Sie fiel wohl dem Klimawandel zum Opfer; ihr Untergang dürfte aber durch die Menschen besiegelt worden sein, die diese grossen Säugetiere jagten. So teilte das imposante Wollnashorn, das von Kopf bis Rumpf eine Länge von rund 350 Zentimetern (plus 50 Zentimeter Schwanz) erreichte und bis zu 2,9 Tonnen schwer werden konnte, das Schicksal des Mammuts. Auch dieses riesige Säugetier war ein wichtiger Nahrungs- und Rohstofflieferant für den Menschen und starb zuerst im Westen aus, während die letzten Populationen in Nordostasien zunächst noch überlebten. Ihre Kadaver, die sporadisch aus dem Permafrostboden auftauchen, sind das letzte Zeugnis dieser lange vergangenen Epoche.
(dhr)