Der Klimawandel ist eine der grossen Herausforderungen der Gegenwart. Die Reduktion der CO₂-Emissionen aber kommt im Schneckentempo voran. Noch immer werden viel Gas, Kohle und Öl verbraucht. Grosse Hoffnungen werden deshalb in technologische Lösungen gesetzt, etwa das CO₂ aus der Luft zu entfernen und im Boden zu speichern.
Eine Vorreiterrolle spielt Climeworks. Das Spin-off der ETH Zürich entwickelte eine Art Staubsauger, um das Treibhausgas aus der Luft zu filtern. Die Pilotanlage in Hinwil erzeugte einen Hype. Climeworks erhielt mehr als 800 Millionen US-Dollar von Investoren wie Bill Gates und Swiss Re, die «New York Times» reiste für eine Reportage ins Zürcher Oberland.
Das Unternehmen wuchs rasant, auf fast 500 Angestellte. Nun aber muss Climeworks mehr als zehn Prozent der Belegschaft entlassen, berichtete «10 vor 10» letzte Woche. In einem solchen Fall spricht man von einer Massenentlassung. «Es ist so, dass unsere finanziellen Mittel nicht unendlich sind», sagte Co-Gründer und Geschäftsführer Jan Wurzbacher.
Die Probleme sind vielfältig. So plant Climeworks den Bau einer Anlage im US-Bundesstaat Louisiana mit Subventionen der US-Regierung von 500 Millionen Dollar. Mit dem Wechsel vom «grünen» Joe Biden zum «fossilen» Donald Trump ist dies infrage gestellt. Durch den Kahlschlag in der US-Verwaltung gibt es derzeit nicht einmal Ansprechpartner.
Mit Problemen kämpft das Unternehmen aber auch in Island, wo es zwei Anlagen betreibt. Diese erzeugen laut einem Medienbericht mehr Emissionen, als sie aus der Atmosphäre absorbieren. «Sie behaupten, mehr CO₂ einzufangen als sie tatsächlich tun», sagte der isländische Investigativjournalist Bjartmar Alexandersson gegenüber «10 vor 10».
Die erste Anlage namens «Orca» will der Luft jedes Jahr rund 3000 Tonnen Kohlendioxid entziehen. Das entspricht gemäss NZZ den jährlichen Emissionen von rund 450 Europäern, ist also nicht einmal ein Tröpfchen auf dem heissen Stein. Doch selbst dieses Ziel wird bislang verfehlt. 2023 schaffte «Orca» knapp 1000 Tonnen, wie Climeworks selbst einräumte.
Vor einem Jahr wurde die zehnmal so grosse Anlage «Mammoth» in Betrieb genommen, doch auch dort wurde das Ziel mit etwa 100 Tonnen CO₂ weit verfehlt, wie Wurzbacher in der NZZ bestätigte. Er betonte, die Anlage sei nicht fertiggestellt, doch sein Verweis auf die finanziellen Mittel deutet darauf hin, dass die Investoren ungeduldig werden.
Ein Problem, das Climeworks anscheinend zu wenig auf dem Radar hatte, ist das im wahrsten Sinn garstige Klima auf Island. Eis und Schnee machen den «Staubsaugern» zu schaffen, teilweise funktionierten sie nicht mehr. Es kann sein, dass diese Kinderkrankheiten überwunden werden, doch es gibt wachsende Zweifel am Sinn der Technologie.
Das zeigt ein Papier von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT), der weltweit renommiertesten Tech-Hochschule. Sie gehen davon aus, dass die Entnahme von CO₂ aus der Luft langfristig teuer bleibt. Denn die Konzentration von CO₂ in der Atmosphäre ist trotz der enormen Auswirkungen auf das Weltklima mit etwa 0,04 Prozent sehr gering.
Deshalb müssen riesige Mengen an Luft abgesaugt werden, was viel Geld und Energie kostet. Oder anders gesagt: Was wir mit unserem Energieverbrauch verursachen, muss mit noch mehr Energieaufwand behoben werden. Deshalb baute Climeworks seine Anlagen auf der Vulkaninsel Island, wo günstige Geothermie verfügbar ist.
Benötigt werden auch viel Wasser und geeignetes Gestein, um das Treibhausgas sicher einzulagern. Und stabiles Wetter. Die beiden ersten Voraussetzungen sind in Island gegeben, letztere wie erwähnt nicht, was alle wissen, die einmal dort waren. Ideale Verhältnisse wird man kaum irgendwo auf der Welt finden, weshalb die Kosten hoch bleiben dürften.
Climeworks geht davon aus, den Preis bis 2050 auf 100 bis 250 Dollar pro Tonne senken zu können. Das ist immer noch viel, doch selbst diese Prognosen könnten zu optimistisch sein, wie ausgerechnet die ETH Zürich, aus der das Unternehmen hervorgegangen ist, letztes Jahr errechnet hat. Demnach dürfte der Preis pro Tonne bei 230 bis 540 Dollar liegen.
Ohnehin sind solche Summen ein Verhältnisblödsinn, denn die günstigste Variante wäre, kein CO₂ zu erzeugen. Doch lieber hofft man auf Technologien wie den Staubsauger. Bleibt der Durchbruch aus, könnte im schlimmsten Fall die Glaubwürdigkeit der gesamten globalen Klimapolitik erschüttert werden, warnen die MIT-Forscher gemäss NZZ.
Man kann den Machern von Climeworks und ähnlichen Projekten attestieren, dass sie stets betonen, die Vermeidung von CO₂-Emissionen habe erste Priorität. Sie sind nur bedingt verantwortlich für überhöhte Erwartungen in ihre Technologien, die ein Wissenschaftler vor einigen Jahren im Gespräch leicht zynisch als «palliativen Klimaschutz» bezeichnete.
Selbst die NZZ will die Hoffnung auf die Entfernung von CO₂ aus der Luft nicht aufgeben. Sie räumt aber ein, dass dafür klimapolitische Auflagen und Abgaben notwendig sind, etwa eine Bepreisung des CO₂-Ausstosses. Im gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Umfeld aber wirkt dies unrealistisch. Klimaschutz stösst im Gegenteil zunehmend auf Widerstand.
«Bis diese Rahmenbedingung nicht Realität ist, wird kein robuster Markt für die notwendigen Technologien entstehen können», räumt die NZZ ein. Angesichts der finanziellen Herausforderungen scheint es fraglich, dass dies jemals der Fall sein wird. Climeworks ist nicht gescheitert, aber vieles deutet darauf hin, dass eine Klima-Illusion zerplatzt.
Also Hose hochziehen T-Shirt richten und weiter tüfteln, ich drück euch die Daumen.
Wenn man grüne Energie im Überfluss hat, dann sieht es anders aus.
Das Ganze "taugt" aktuell nur für Greenwasing Zwecke.