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Was sagt man einem, der öffentlich pisst?

Im Prinzip darf man hier keine Drohnen steigen lassen. Selbstverständlich habe ich es dennoch getan. 
Im Prinzip darf man hier keine Drohnen steigen lassen. Selbstverständlich habe ich es dennoch getan. kafi freitag 
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Was sagt man einem, der öffentlich pisst?

Am Wochenende lief ich bei prächtigem Wetter eine vielbelaufene Treppe zur Limmat hinunter, als unvermittelt vor mir ein junger Mann, ca. 30-jährig, seelenruhig auf diese brunzte. Darf/muss ich ihn darauf ansprechen, dass sich dies nicht gehört? PS: Ich muss noch hinzufügen, dass seine weibliche Begleitung direkt daneben stand und dies anscheinend völlig in Ordnung fand … Marco, 33
23.07.2017, 21:0527.07.2017, 13:34
Kafi Freitag
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Lieber Marco

Wissen Sie, was mich in der Schweiz und an den Schweizern am meisten nervt? Dieses Hobbypolize-Spielen. Das erlebe ich sonst nirgends in dieser ausgeprägten aufgeilenden Art wie hier. Nirgends, wüki. Wir sind ein Volk von Menschen, die 1. immer wissen, was richtig ist und wie man es besser macht, und die es 2. ungefragt jedem mitteilen. Ein Velo auf dem Trottoir? Geht gar nicht!!! Sofort ausrufen, auch wenn's 3 Meter weit weg im Schritttempo fährt. Auf der Rolltreppe links stehen statt rechts: Elende huere Sauerei! Auch dann, wenn ich es eigentlich gar nicht eilig habe und nicht würde hochgehen wollen, stünde da nicht einer, der es mir verunmöglicht. Ich könnte Ihnen noch tausige solcher Beispiele aufzählen, aber irgendwie habe ich grad besseres zu tun und ich denke Sie verstehen, was ich meine.

FragFrauFreitag
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Ob es sich hier um eine vergleichbare Situation handelt, ist schwer zu sagen. Es ist anstössig und unappetitlich, wenn man dabei zusehen muss, wie einer auf die Treppe uriniert. Aber seien wir mal ehrlich, Sie und ich: Wass genau würde es bringen, wenn Sie den guten Mann angesprochen hätten? Wäre ein gepflegtes Gespräch daraus entstanden, bei dem man sich über Pro und Contra von öffentlichem Pissen unterhalten hätte? Vermutlich eher nicht. Sie hätten ihm wohl im Vorbeigehen «Sauhund» angeworfen und wären dann weiter gegangen. Denn schliesslich weiss auch der Betreffende, dass man das im Prinzip nicht tut. Er war mit ziemlicher Sicherheit verladen oder breit oder verladen UND breit. Und so war es ihm egal, was im Prinzip gilt. Und Ihre Wortmeldung hätte nur dazu gedient, genau dieses Prinzip zu verdeutlichen. Das Prinzip, das wir Schweizer so gern verteidigen, nicht wahr? Dass man prinzipiell nicht auf dem Trottoir Radfahren darf und im Prinzip rechts auf der Rolltreppe steht ...

Aber wem genau dient dieses Prinzipiengewixe? Warum geilt sich der anständige Schweizer so daran auf, wenn er jemandem erklären kann, was erlaubt ist und vor allem: WAS NICHT? Was wird da genau befriedigt? Ich kann es leider nicht sagen, weil ich dafür ganz offensichtlich zu unschweizerisch bin. Ich brauche keinem Junkie auf Entzug (oder high) erklären, wie er sich sittsam zu benehmen hat, und wenn ich es nicht eilig habe, stehe ich gern hinter einem Blockierer auf der Rolltreppe.

Darum muss ich hier leider passen. Aber ich bin sicher, dass Sie in der Kommentarspalte eine griffige Antwort für diesen Fall bekommen. Der Ring ist also frei.

Herzlich, Ihre Kafi

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Kafi Freitag (41!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.

Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit ihrem 12-jährigen Sohn in Zürich.

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100 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hops
23.07.2017 23:45registriert April 2016
Auf der Rolltreppe kam ich bis jetz noch immer mit einem "Äxgüsi" & lächeln durch. Oft geht es doch darum, dass man den eigenen Frust nicht sich tragen will. Polizist spielen finde ich doof. Aber ab & an Leute auf etwas hinweisen ist ok. Als einer mal eine Zigi auf den Boden geworfen hat & mir fast auf die Füsse, hab ich freundlich, aber bestimmt gesagt "Wär supper, wennd die negschmal in Chübel rüersch, wär au cool fürd Umwelt und so." Er sagte "ou ja sorry"& hob sie auf. Alles easy. Und wenn er es nicht getan hätte, so what. Also je nach Treppenpisser kann ein anständiger Satz wirksam sein.
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Wald Gänger
24.07.2017 09:20registriert Juli 2017
Um was es bei dem "Prinzipiengewixe" geht:
Dass die soziale Kontrolle es einem nach Möglichkeit erspart, pissende Leute auf der Treppe anzutreffen. Wenn dem jungen Mann nämlich x Leute gesagt hätten, dass er ein Sauhund ist, würde er das nächste Mal seinen Dödel vielleicht in der Hose lassen bis ne Toilette in der Nähe ist.
Ich fand das in den 80ern noch ganz angenehm, dass der soziale Druck noch viel grösser war und man weniger Pisse, Abfall, Gleichgültigkeit etc. hinnehmen musste.
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sämf
24.07.2017 10:45registriert Februar 2016
Als ich neben dem Letzigrund-Stadion wohnte, hatten wir nach den Konzerten regelmässig verpisste Hauseingänge. Ich hab dann aus dem Fenster gerufen, dass man doch bitte wenigstens ins Gras daneben pinkeln soll. Und hier bin ich der Meinung, "was zu Hause stört, stört auch in der Öffentlichkeit". Also hätte ich auch den Treppenpinkler an der Limmat darauf hingewiesen, dass er sich immerhin dort hätte erleichtern können, wo die Pipi besser versickert. Und also hallo, links stehen ist etwas anderes als rumpissen, find ich. Und Kommunikation finde ich meistens besser als Ignoranz.
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