Bericht über eine frühere Razzia gegen Darknet-Drogenhändler. Nun hat es «Lucky» erwischt.screenshot: twitter Die Tor-Adresse germanyhusicaysx.onion stand für den unkontrollierten Austausch von Meinungen und (illegalen) Gütern. Das vorläufig letzte Wort hat «Uwe».
13.06.2017, 19:1406.11.2018, 14:00
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«Das ist keine normale Durchschnitts-Dunkelheit hier. Das ist ... fortgeschrittene Dunkelheit!»
Spongebob
Was man für Darknet-«Expeditionen» braucht
Fragt ein User im Darknet-Forum: «Was ist zusätzlich an Vorkehrungen/Vorsichtsmassnahmen notwendig, wenn
man sich mit Tor (installiert auf einem USB-Stick) ins Darknet
verbindet?»
Die Antworten:
- Sturmhaube
- Lesebrille
- Kondom
- Flaschenbier
- Handtuch
- Badeschlappen
- VPN
- Eichhörnchen
- Aluhut
- Kalaschnikow
- Hirn und Duden
- Gasmaske
- Nokia 3210
- Ne Taschenlampe, ist dunkel hier ;-)
- brain.exe
- Gleitcreme
- Shrooms, ohne die geht es einfach nicht
- Zwangsjacke
- Humor
Die Antworten stammen aus dem (vermutlich) grössten und (sicher) bekanntesten deutschen Darknet-Forum. Zutritt hatten alle Internetnutzer, man musste nur den kostenlos verfügbaren Tor-Browser starten und germanyhusicaysx.onion aufrufen.
So sah «Deutschland im DeepWeb» bis vor kurzem aus ...
Und heute?
screenshot: germanyhusicaysx.onion
Der Schock sitzt tief bei den laut Schätzungen mehr als 30'000 registrierten Mitgliedern und noch viel mehr unregelmässigen Besuchern. Was ist passiert? Die Antwort lautet: Uwe.
Uwe? Oh weh!
«Ob in Bayern oder Bremen. Ob in Russland und im Jemen. In jedem noch so fernen Land, ist unser Uwe wohl bekannt. Suchst du nach Pilzen, Pillen, Haze? Treff (sic!) dich mit Uwe Face to face. Hast du Sorgen oder Kummer? Frag nach seiner Handynummer. Und ist der Treffpunkt noch so weit, er kommt vorbei zu jeder Zeit. Doch statt ihm kommen die Cops und nehmen dich ganz schnell mal hops. Bist dann für lange Zeit verschwunden, denn Uwe der war nur erfunden. Und die Moral von der Geschicht? ... ein Real-Life-Treffen? Lieber nicht!»
Bei germanyhusicaysx.onion veröffentlichtes «Gedicht».
«Wer geistert hier durch jeden Thread und ist zu jedem Neuling nett? Wer hat die Taschen voller Geld und reist tagtäglich um die Welt ? Wer ist stets munter und heiter und gibt schnell seine Nummer weiter? Wo werden Kifferträume wahr? Naja beim Uwe, ist doch klar.»
Noch ein poetischer Erguss ...
Uwe war ein im Forum verwendetes Codewort für die Polizei, respektive die deutschen Strafermittler. Und wie es aussieht, hat Uwe einen folgenschweren Treffer gelandet.
Oder müsste man Andreas sagen?
Er sieht aus wie Woody Harrelson – und ist der gefährlichste Darknet-Jäger Deutschlands. In diesem sehenswerten Video spricht Andreas May über schützende Technik und unvorsichtige Dealer.
Nach den jüngsten Ereignissen erhält ein Auftritt von May zusätzliche Brisanz. Der Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main äusserte sich kürzlich an der «re:publica» in Berlin zu den schwierigen Ermittlungen im deutschen Darknet. Womöglich stapelte der Jurist auch tief, als er sagte, seine Ermittler kämen kaum an die Darknet-Dealer heran.
«Wir fangen nur die Doofen.»
Andreas May, Oberstaatsanwalt
Mays Behörde hat am Montag die Verhaftung des mutmasslichen Betreibers von «Deutschland im DeepWeb» verkündet. Ein 30-Jähriger Deutscher sei verhaftet worden. Was dem als vorsichtig geltenden Mann mit dem Pseudonym Lucky zum Verhängnis wurde, ist nicht bekannt. Waren es Real-Life-Kontakte?
In der Medienmitteilung heisst es:
«Die als Forum aufgebaute Plattform, auf der zuletzt über 20'000 Mitglieder registriert waren, verfügte unter anderem über eine Marktplatz-Sektion, über die zahlreiche illegale Handelsgeschäfte, insbesondere Drogen- und Waffenverkäufe, angebahnt wurden. Darüber hinaus konnten über die Plattform auch Falschgeld, gefälschte Personalausweise, ausgespähte Kreditkartendaten und Kundenkonten auf Internethandelsplattformen sowie gefälschte Bankkonten erlangt werden. Auch die Anbahnung des Erwerbs der bei dem Amoklauf in München am 22. Juli 2016 eingesetzten Waffe erfolgte über diese Plattform.»
Bleibt festzuhalten, dass Luckys Plattform kein Marktplatz wie Silk Road war, sondern ein Diskussionsforum ohne Shops, das primär für den Meinungsaustausch gedacht war. Zwar boten viele Händler Waren an. Verkauft wurde aber nicht über die Plattform selber, sondern im direkten Kontakt mit Interessenten.
Bei heise.de brachte es jemand auf den Punkt:
«Ich habe dort mehrere Jahre mitgelesen, diskutiert und viel dazugelernt. Es ist ja nicht so dass da nur kriminelle Sachen abliefen. Ich habe dort immens über Verschlüsselungen, Anonymisierung und über IT-Sachen generell dazugelernt. Im Clearnet habe ich nicht halb so viele hilfsbereite Leute kennengelernt, die mir mit viel Geduld weiterhalfen. Hoffentlich gibt es bald wieder einen vollwertigen Ersatz. ‹RIP Deutschland im Deepweb.›»
Dem ist nichts anzufügen.
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