Schweiz
Justiz

Fall Walker: Neue Akten zeigen Verfahrensmängel

Ignaz Walker: Der Fall des Urner Cabaretbetreibers wird neu verhandelt – mit neuen Akten.
Ignaz Walker: Der Fall des Urner Cabaretbetreibers wird neu verhandelt – mit neuen Akten.
Bild: KEYSTONE

Neue Akten im «Fall Walker» bringen Urner Behörden in Bedrängnis

Der «Fall Walker» wird erneut vor Gericht verhandelt: Neue Akten zum umstrittenen Kronzeugen zeigen laut «Rundschau» gravierende Unterlassungen der Urner Strafverfolgungsbehörden. Ob die Aussagen des Hauptbelastungszeugen damit noch verwertbar sind, ist fraglich.
10.02.2016, 16:1516.02.2016, 14:12
Mehr «Schweiz»

«Fall Walker»: Darum geht's

  • Der Erstfelder Cabaretbetreiber Ignaz Walker soll im November 2010 einen Killer beauftragt haben, seine damalige Ehefrau umzubringen. Er wurde vom Urner Obergericht zu 15 Jahren Haft verurteilt. Walker gilt als Querulant und steht mit der Polizei auf Kriegsfuss.
  • Johannes Peeters, der Hauptbelastungszeuge, sagte aus, Walker habe auch auf ihn geschossen. Zum Zeitpunkt der Tat war Peeters allerdings sturzbetrunken.
  • Recherchen der «Rundschau» zeigten bereits grobe Verfahrensmängel der Urner Justiz: So behauptete der Staatsanwalt, Peeters sei im Ausland unauffindbar. Dabei wusste der Staatsanwalt immer, wo der Holländer war.
  • Als «Hauptindiz» würdigte das Gericht zudem eine DNA-Spur auf der abgefeuerten Patronenhülse – eine kleine forensische Sensation der Urner Ermittler. Eine solche Rekonstruktion ist zuvor allerdings noch nie gelungen.
  • Eigentlich hätte das neue Urteil gegen Ignaz Walker im November gefällt werden sollen. Nachdem aber die Ungereimtheiten im Verhalten der Staatsanwaltschaft publik wurden, legte das Obergericht einen neuen Verhandlungstermin für den 22. bis 24. Februar 2016 fest.

Die neuen Akten – und was jetzt passiert

Kurz vor dem neuen Verhandlungstermin kommt jetzt also die nächste Enthüllung. Dabei geht es um 700 Seiten Akten, die bislang nicht veröffentlicht wurden und nun von der «Rundschau» ausgewertet wurden. Sie zeigen gemäss dem Recherche-Magazin neue gravierende Unterlassungen der Urner Strafverfolgungsbehörden. Die Akten dokumentieren die Ermittlungen der Urner Fahnder rund um einen Drogendeal im Mai 2010, also wenige Monate nach Peeters Aussage gegen Cabaret-Betreiber Walker.

Ob die ursprünglichen Aussagen des Hauptbelastungszeugen, Johannes Peeters, damit noch verwertbar sind, ist fraglich.

Ein Justizskandal aus Uri: Alles zum «Fall Walker»

Fall Walker
AbonnierenAbonnieren

Das steht in den neuen Akten

  • 2010 werden in einer Wohnung in Altdorf 8 Kilogramm Amphetamin sichergestellt, Peeters wird verdächtigt, den Stoff geliefert zu haben und wird verhaftet.
  • Zudem fanden die Ermittler in Peeters Pensionszimmer 6500 Euro in bar, Notizen zu Drogenlieferungen aus Holland in die Schweiz, sowie mehrere Mobiltelefone.
  • «Doch die Urner Ermittler schonten Peeters offenbar, denn Hinweise zu weiteren Ermittlungen oder Auswertungen der Mobiltelefon-Daten fehlen in den Akten», schreibt die «Rundschau». Peeters verstarb letzten August in Frankreich.

Die offenen Fragen

Natalja K.: Auf sie soll Ignaz Walker geschossen haben.
Natalja K.: Auf sie soll Ignaz Walker geschossen haben.
Bild: KEYSTONE

Weshalb haben sich die Urner Strafverfolger gegenüber dem Hauptbelastungszeugen im Fall Walker derart passiv verhalten? Weder die Staatsanwaltschaft noch die Kantonspolizei Uri beantworten diese Frage.

Du hast watson gern?
Sag das doch deinen Freunden!
Mit Whatsapp empfehlen

Tatsache ist: Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren gegen Peeters ein Jahr später ein, mit der Begründung, der Tatverdacht habe sich nicht erhärten lassen. Peeters erhielt eine Genugtuung von 5600.- Franken.

Die französische Polizei packte Peeters weit weniger sanft an: Nur ein Jahr nach dem Persilschein aus Uri wird Peeters im französischen Douai verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. Die französischen Behörden halten unmissverständlich fest, dass Peeters seinen Handel mit Drogen zugegeben hat, und sich selber als Architekten des Handels bezeichne.

Die Oberstaatsanwaltschaft Uri verschwieg dieses Wissen im Zusammenhang mit dem Fall Walker immer. Sie bestritt jegliche Verbindung zwischen dem Hauptbelastungszeugen Peeters und dem Drogenhandel.

Die Konsequenzen für den Fall Walker

Der Urner Oberstaatsanwalt Thomas Imholz.
Der Urner Oberstaatsanwalt Thomas Imholz.
Bild: KEYSTONE

Die 700 Seiten zu Johannes Peeters dürften demnächst neue unangenehme Fragen an Oberstaatsanwalt Imholz nach sich ziehen. 

Entscheiden werden die Urner Richter: Die Verhandlung im Fall Walker geht am 22. Februar vor Obergericht in die Verlängerung. Das Urteil wird nicht vor April erwartet.

(egg)

>>> Mehr dazu in der «Rundschau», heute um 20.55 Uhr auf SRF 1

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
rolf.iller
10.02.2016 16:30registriert Juli 2014
Die Schweizer Variante von "Making a murderer". Hoffentlich mit einem besseren Ende als für Steven Avery.
361
Melden
Zum Kommentar
avatar
Unkalmar
10.02.2016 20:40registriert Februar 2016
Man darf gespannt sein, wie plump die Urner Justiz den Fall unter den Teppich kehren und den Angeklagten zum Sündenbock machen wird.
Ein Musterbeispiel für die urschweizerische Interpretation von "Rechtsstaat": Wir sind der Staat! Wir haben recht!
373
Melden
Zum Kommentar
avatar
Duweisches
10.02.2016 18:20registriert Juni 2015
Der Fall wird ja immer heisser! Insbesondere für die anklagende Seite...
312
Melden
Zum Kommentar
5
Darum haben die SBB jetzt einen grünen Sekunden-Zeiger

Die SBB wollen grüner werden. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018 halbiert werden. Ausserdem sollen die Züge so bald wie möglich nur noch mit erneuerbarer Energie fahren. Damit dies gelingt und die Bahn, neben dem Langsamverkehr, das klimafreundlichste Verkehrsmittel bleibt, laufen mehr als 200 Nachhaltigkeitsprojekte.

Zur Story