Am Sonntag gegen 5 Uhr donnerten oberhalb von Saas Grund Teile des Triftgletschers den Berg hinunter. Die Gefahr war da längst bekannt, das bedrohte Dorfgebiet bereits evakuiert. Denn das drohende Unheil zeichnete sich bereits 2014 ab. Damals machte der Förster von Saas-Grund die Entdeckung, dass der untere Teil der vergletscherten Nordflanke des Weissmies sich gelöst hatte, wie der «Tages Anzeiger» schreibt. Er informierte den ETH-Professor und Glaziologen Martin Funk und schickte ihm Aufnahmen der Bedrohung. «Ich erschrak ziemlich, als ich diese Fotos sah», so Funk im «Tagi». Es habe den Anschein gemacht, dass der Gletscher gleich ins Tal donnern würde.
Funk und die Gemeinde reagierten umgehend auf die Gefahrenlage. Sie liessen ein neuartiges Radargerät aufstellen, das die Verformung im Gelände sehr genau registriert. Auch die Geschwindigkeit, mit der sich der Gletscher bewegt, konnte damit aufgezeichnet werden. Das Gerät hat allerdings seinen Preis: 400 Franken pro Tag.
Nachdem drei Jahre lang nichts passierte, liessen die Behörden im April dieses Jahres den teuren Radar entfernen und installierten stattdessen eine Kamera, die jede Stunde ein Bild machte. Vor rund drei Wochen stellte Glaziologe Funk schliesslich fest, dass sich der Gletscher wieder schneller bewegte. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt keine dieser High-Tech-Geräte mehr verfügbar. Schliesslich wurde man in Deutschland fündig und konnte den Überwachungs-Radar am Donnerstag aufstellen – drei Tage vor dem Abbruch.
«Ohne den Radar hätte man die Lawine nie so genau vorhersagen können», ist Funk überzeugt. Zwar brachen von der Gletscherzunge nur zwei Drittel des instabilen Teils ab. Zudem löste sich das Eis nicht in einem Stück, was die die Wucht der Eislawine zusätzlich dämpfte. Die Lawine donnerte denn auch nicht bis ins Tal hinunter. Funk schliesst aber nicht aus, dass ohne das Frühwarnsystem etwa Bergtourengänger der Lawine hätten zum Opfer fallen können. (meg)