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Tessiner Grenzwache nimmt zu schweren Vorwürfen Stellung

Patrick Benz, Verbindungsoffizier des Bundesamtes fuer Migration des Grenzwachtkorps, links, und Mauro Antonini, Kommandant der Grenzwache Region 4, links, informieren ueber die Migrationssituation an ...
Patrick Benz, Verbindungsoffizier des Bundesamtes für Migration des Grenzwachtkorps (links) und Mauro Antonini, Kommandant der Grenzwache informieren über die Migrationssituation an der Schweizer Südgrenze.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

«Diese Vorwürfe stimmen nicht» – Tessiner Grenzwache nimmt erstmals Stellung

Ruck-Zuck-Asylverfahren und Verletzung des Asylgesetzes: Zu diesen schweren Vorwürfen nehmen die Verantwortlichen für die Sicherung der Schweizer Südgrenze zum ersten Mal Stellung.
31.08.2016, 05:0831.08.2016, 06:14
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Derzeit stehen die Schweizer Grenzwächter im Tessin unter Druck. Kritik von überall prasselt auf sie nieder. Nicht zuletzt auch wegen eines anonymen Briefes von Flüchtlingen, die im Park von Como auf die Einreise in die Schweiz warten.

«Einige von uns haben mündlich um Asyl gebeten, andere taten es schriftlich. Sie schickten alle zurück, auch Minderjährige, Schwangere und Kranke – ohne legalen Beistand», schrieben sie an den Präfekten von Como, Bruno Corda. Weiter war die Rede von Gewaltanwendung, wenn sich die Flüchtlinge weigerten, sich für die Leibesvisitation auszuziehen. Oder von fehlenden Übersetzern, die bei Verständigungsschwierigkeiten vermitteln würden.

«Viele kommen immer wieder über die Grenze.»
Mauro Antonini, Kommandant der Tessiner Grenzwache

«Jeder Flüchtling wird angehört»

Die Vorwürfe will die Grenzwache jetzt nicht mehr auf sich sitzen lassen. Zum ersten Mal nahm diese in Mendrisio (TI) Stellung, wie der Blick schreibt. Vor den Medien erklärten der Kommandant der Tessiner Grenzwache, Mauro Antonini, und Patrick Benz, Verbindungsoffizier vom Bundesamt für Migration, dass jeder Flüchtling angehört werde, sein Gepäck durchsucht und Abdrücke der Zeigefinger genommen würden. Die Leibesvisitation übernimmt laut Antonini medizinisches Personal. «Wir achten darauf, dass Männer von Männern und Frauen von Frauen abgesucht werden. Das ist das übliche Verfahren.»

In diesem Video nimmt Patrick Benz vom Bundesamt für Migration Stellung: «Diese Vorwürfe stimmen nicht.»Video: YouTube/Rederunde Ascona Agorà asconese

Den Vorwurf der Sprachbarriere lassen die beiden nicht gelten. Die Verständigung mit ein paar Wörtern Französisch und Englisch funktioniere gut. Auch ohne Übersetzer. Der Kommandant Antonini sagte weiter: «Viele kommen immer wieder über die Grenze. Die kennen wir schon. Ihr Ziel ist Nordeuropa. Erst wenn sie damit scheitern, wollen sie plötzlich Asyl bei uns. Und wechseln dann ständig ihre Angaben zu Name und Herkunft.»

«Ohne oder mit falschen Papieren geht es zurück nach Italien!»
Mauro Antonini, Kommandant der Tessiner Grenzwache

Haarsträubende Szenen in Como

Oft stimmen die Angaben auch in Bezug auf das Alter nicht. Nur 20 Prozent der in den Ausweispapieren aufgeführten Minderjährigen seien auch tatsächlich unter 18 Jahre alt, wie Antonio Simona, Chef des Empfangszentrums in Chiasso (TI), betonte. Das wisse man, weil: «40 Prozent gestehen später ihre Falschaussagen ein.»

Fest steht in jedem Fall: «Ohne oder mit falschen Papieren geht es zurück nach Italien!», sagt Antonini.

Wegen der Kritik, die in den vergangenen Wochen zunahm, meldete sich letzte Woche bereits Bundesrat Ueli Maurer zu Wort. 

Fest steht: Die Lage im italienischen Como ist haarsträubend. Derzeit sind dort ungefähr 500 Flüchtlinge gestrandet. Das sieht am Bahnhof in Como so aus:

(rwy)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Caprice
31.08.2016 06:57registriert April 2014
Ich kann diese Aussagen aus Erfahrungen an der Nordgrenze bestätigen. Die Leute an der Grenze machen in einer schwierigen Zeit einen sehr guten Job. Die Schweiz hält sich an Dublin, was auch bedeutet kein Asyl Shopping. Persönlich halte ich wenig von diesem System, da die Südgrenzen unverhältnismäßig belastet werden. Es liegt am Rest Europas, Italien und Griechenland zu unterstützen. Dass dies nicht geschieht ist der wahre Skandal, nicht unsere Grenzwächter die nur ihren undankbaren Job tun.
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michiOW
31.08.2016 06:04registriert Juli 2016
Ich will die Asylsuchenden ja nicht grundsätzlich als Lügner bezeichnen, jedoch sind diese verzweifelt und wollen um jeden Preis nach Deutschland. Wenn eine NGO sie dasnn auf solche Gedanken bringt, ist es gut möglich, dass sie masslos übertreiben.

Andererseits werden aber die Grenzwächger sich wahrscheinlich auch nicht immer 100% korrekt verhalten, was jedoch kein Mensch tun kann. Die Grenzwächter werden ständig thematisiert und das selten positiv. Wenn man tagtäglich dieselben Leute zurückschicken muss und diese einen schamlos anlügen, würde wohl jeder mal ein wenig die nerven verlieren.
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Töfflifahrer
31.08.2016 06:47registriert August 2015
Ist doch schön zu sehen wie die EU funktioniert. Italien bleibt auf den Flüchtlingen "sitzen" weil der Rest der EU grundsätzlich mal keine Flüchtlinge aufnehmen will! Möglich, dass Italien keine Änderung in Como will, um zu zeigen was für ein Sauhaufen die EU eigentlich ist. Wenns ums kassieren geht ist jeder zuvorderst, wenns aber darum geht gemeinsam Probleme zu bewältigen, zieht man sich zurück, das ist die EU! Das musste auch Mutti Merkel schmerzlich erfahren.
Noch was für die NGOs, was die GWK macht ist Gesetz und legal, nennt sich Schengenabkommen.
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