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Peter Bossert hat die moderne Geschichte unseres Hockeys geprägt wie nur wenige Funktionäre. Er führte den EHC Arosa ein letztes Mal in meisterlichen Höhen. 1986 zog er die Notbremse und Arosa zog sich aus wirtschaftlichen Gründen freiwillig in die 1. Liga zurück. Die Aktion war ein machiavellistisches Meisterstück. Peter Bossert verlängerte vor dem freiwilligen Abstieg die Verträge mit wichtigen Spielern.
Heimlich verständigte er sich hinter dem Rücken des damaligen Verbandspräsidenten René Fasel mit dem um den Aufstieg ringenden SC Bern: die Berner sollten Arosas Platz am grünen Tisch bekommen und dafür im Gegenzug ein paar Spieler Arosas plus Trainer Timo Lahtinen übernehmen. So geschah es. Bern scheiterte im Aufstiegskampf gegen Chur, Arosa stieg freiwillig ab, der ZSC musste als sportlicher Absteiger in die NLB und der SCB stieg am grünen Tisch auf.
Die helvetische Hockeywelt hielt den Atem an. Arosa pleite! Nur vier Jahre nach dem Titelgewinn! Eines der charismatischsten Hockeyunternehmen verschwindet von der Hockey-Landkarte! Der Untergang unseres Hockey-Abendlandes wurde ausgerufen. Eishockey hat als Profisport im kleinen Markt Schweiz keine Chance mehr! Das ist der Beginn der grossen Krise und weitere Pleiten ist nicht abzuwenden!
Das Gegenteil war der Fall. Das Ende von Arosa war der Beginn des neuen, goldenen Zeitalters unseres Hockeys. Eine Korrektur der Marktkräfte hatte Arosa den Sauerstoff entzogen. Der Standort in den Bergen, weitab von den urbanen Zentren, war ein zu grosser Nachteil. Und die lokale Wirtschaft war nicht willens (oder nicht dazu in der Lage), den Spielbetrieb eines NLA-Teams zu finanzieren. Das Budget lag damals noch unter zwei Millionen.
Peter Bossert war auch die treibende Kraft bei der Modernisierung unseres Hockeys. Er ist der Vater der Playoffs. Ihm war es gelungen, diese Modusänderung in der Liga durchzubringen. Der Widerstand war stark gewesen. Die öffentliche Meinung klar: Kein Mensch interessiere sich für eine Qualifikation in der es bloss darum gehe, aus welcher Position heraus die Playoffs begonnen werden. Damals ging es um 36 Qualifikationsrunden. Heute spielen wir 50 Runden und haben soeben einen neuen absoluten Zuschauerrekord erreicht.
Nie haben bei uns mehr Menschen Eishockey live im Stadion gesehen als diese Saison. Ironie des Schicksals: 2001 kehrte er, der Patriarch im besten Wortsinne, nochmals zurück, rettete die Kloten Flyers und übergab den Klub 2008 als NLA-Tabellenführer dem neuen Besitzer und Präsidenten Jürg Bircher.
Nüchtern betrachtet hätte ein Ende der Kloten Flyers, die seit 1962, länger als jeder andere Klub in der NLA spielen, keine Folgen für unser Hockey. Natürlich würde dem Hockeyromantiker fast das Herz brechen. Kloten hat unsere Hockeykultur stark geprägt. Jahrzehntelang führte der EHC Kloten (später Kloten Flyers) die beste Nachwuchsorganisation im Lande. Das so typisch schweizerische Lauf- und Tempohockey, das der HC Davos heute meisterlich spielt, ist in Kloten «erfunden» worden.
Aber so wie unsere Hockey 1986 Arosa nicht mehr brauchte, so braucht unser Hockey 2016 Kloten nicht mehr. Die ZSC Lions haben längst im Grossraum Zürich eine bessere Nachwuchsorganisation aufgebaut. Es ist kein Problem mehr, wenn Kloten zu einem Standort für Junioren- oder Erstligateams schrumpft. Natürlich hätten die Kloten Flyers im Glattal, in einer der reichsten Industrieregionen der Welt, eine gute Chance.
Sie könnten das Gegenmodell zu den grossen, reichen, arroganten Zürchern sein – so wie sich die SCL Tigers erfolgreich als Gegenmodell zum SCB positionieren. Alles, was sie brauchen, ist eine Investorengruppe, die das Unternehmen rettet, neu aufstellt und endlich richtig managt.
Das grosse Problem: Wenn Milliardäre den Klub übernehmen – wie Philippe Gaydoul oder die nordamerikanische Avenir-Gruppe – ist es praktisch unmöglich, den Mythos vom Dorfclub wieder zu beleben. Wenn Milliardäre die Besitzer sind, gibt es keine breite Abstützung in der lokalen Wirtschaft: niemand will einem Milliardär helfen, weniger Geld zu verlieren und noch reicher zu werden. Das ist eine psychologische Ausgangslage, die es allen Investoren in Kloten so schwermacht.
Deshalb kann nur eine Investorengruppe mit Bezug zur Region und natürlicher Bescheidenheit erfolgreich sein. Die Schwierigkeiten der Kloten Flyers sind nicht die Folge einer allgemeinen Krise unseres Hockeys, wie die nordamerikanischen Besitzer und ihre Anhänger gerne erklären. Diese Schwierigkeiten sind die Folgen eines miserablen, arroganten Managements. Eine Pleite der Kloten Flyers wäre nichts anderes als das, was in jedem Wirtschaftszweig passiert: ein schlecht geführtes Unternehmen kann nicht überleben.
Die logischen Nachfolger der Kloten Flyers wären die Lakers. Sie haben die Strukturen für die NLA und sind dazu in der Lage, ein NLA-Team zu finanzieren. Ob die Kloten Flyers oder die Lakers in der NLA spielen ist gehupft wie gesprungen. Die Kloten Flyers sind in den letzten Jahren eines der langweiligsten Hockeyunternehmen geworden und haben beim Rest der Hockeyschweiz nur noch mit ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten Aufmerksamkeit erregt. Sie sind die neuen Lakers geworden.
Wir würden also bei einem Verschwinden der Kloten Flyers die neuen Lakers mit den alten Lakers ersetzen. Die Medienhunde würde bellen, die Schweizer Hockeykarawane weiterziehen. Und ganz nebenbei hätte das Ende der Kloten Flyers eine heilsame Wirkung. Die Schockwellen der Pleite würden der Lohntreiberei (die Kloten Flyers gehören zu den schlimmsten Lohntreibern der Liga) vorerst beenden, den Spielermarkt vorübergehend entspannen und da und dort einen Spieler und dessen Agenten davon abhalten, den letzten Franken herauszupressen.