Manchmal endet der Wunsch nach strahlender Sonne und ein paar entspannenden Tagen in einer dunklen Zelle irgendwo auf der Welt. 215 Schweizer sitzen derzeit in ausländischen Gefängnissen, wie neuste Zahlen des Bundes zeigen. Gerade jetzt, in der Ferienzeit, könnten weitere Insassen mit rotem Pass hinzukommen. Denn viele werden während ihres Urlaubs in fremden Gefilden verhaftet.
Zum Beispiel in Thailand. 13 Schweizer sitzen im südostasiatischen Ferienparadies in Haft. Dabei warnt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf seiner Homepage vor den Gefahren. Schon die kleinste Menge Drogen würden mit langjährigem Freiheitsentzug – manchmal bis lebenslänglich – geahndet. In gravierenden Fällen sogar mit der Todesstrafe.
Hans-Peter Heiniger leitet die Helpline des EDA und erzählt von einem schweren Fall, dieses Mal aus Indien: «Ich erinnere mich an einen Schweizer, der 14 Jahre wegen Haschisch in Goa im Gefängnis sass», sagt Heiniger in einem Interview mit «NZZ Folio». Alles Intervenieren habe nichts genützt. Der Schweizer sass bis zum letzten Hafttag. «Und die Bedingungen dort sind höllisch», sagt der Fachmann des Aussendepartements.
Drogendelikte sind der häufigste Grund, warum Schweizer im Ausland hinter Gitter landen. Von den 215 Insassen sitzen 60 wegen Drogenverstössen. Beim Rest handelt es sich meistens um Vermögensdelikte, Raub und Diebstahl sowie Verstösse gegen Aufenthaltsbewilligungen. Auf der Hitliste der Länder, in welchen die meisten Schweizer im Knast landen, steht Thailand (13 Insassen) lediglich auf Platz 4. Andere klassische Urlaubsparadiese wie Brasilien (8) belegen ebenfalls nicht die Spitzenplätze.
Am häufigsten mit dem Gesetz in Konflikt geraten Schweizer ganz in der Nähe – im Nachbarland Frankreich. 28 sitzen hinter schwedischen – pardon – französischen Gardinen. 24 sind es in Deutschland, 14 in Spanien.
Dass die Nachbarländer die Liste anführen, ist kein Zufall. Von den 750000 Auslandschweizern leben die meisten in Frankreich (200000), gefolgt von Deutschland (90000). Wo mehr Schweizer wohnen, ist naturgemäss auch die Wahrscheinlichkeit höher, Landsleute im Gefängnis zu sehen. Doch die Statistik kann sich rasch ändern, denn lebenslängliche Haft ist äusserst selten. Manchmal dauert der Gefängnisaufenthalt auch nur wenige Tage, was die Zahlen stark beeinflusst.
Jährlich suchen 65000 Personen Hilfe bei der EDA-Hotline. Dabei stehen meistens Visa-Probleme im Vordergrund, keine Gesetzesverstösse. Oft geht es aber auch nur darum, Menschen zu beruhigen. Zuletzt haben sich vermehrt verzweifelte Eltern ans EDA gewandt. «Sie bitten uns, mit ihren Kindern zu sprechen, um ihnen ihre Reisepläne auszureden», sagt Heiniger. «In Erziehungsfragen mischen wir uns aber prinzipiell nicht ein.»
Angesichts der jährlich 13 Millionen Auslandreisen von Schweizern sei die Menge der Anfragen human. Die meisten Reisenden würden sich gut vorbereiten, sagt Heiniger. Wer allerdings keine Ahnung von den Gepflogenheiten vor Ort habe, für den könne ein Trip auch schnell hinter schwedischen Gardinen enden.
Die Redensart geht übrigens auf die Verarbeitung von schwedischem Stahl zurück, der früher als besonders stabil galt. Gefängnisse aus aller Welt liessen ihre Gitter aus festem schwedischem Stahl fertigen. Auf die Schweiz bezogen, ist der Ausdruck aber mittlerweile alles andere als zutreffend. Sowohl was den Stahl als auch was das Land betrifft. Die Zahl der Schweizer, die in schwedischen Gefängnissen sitzen, beträgt derzeit nämlich – null.