Wirtschaft
Gesellschaft & Politik

Rasenmäher sind kleine Dreckschleudern mit grosser Wirkung

Ein Rasenmäher bläst so viel Dreck in die Luft wie zwölf Mittelklasse-Autos. 
Ein Rasenmäher bläst so viel Dreck in die Luft wie zwölf Mittelklasse-Autos. 

Rasenmäher sind kleine Dreckschleudern mit grosser Wirkung – was man dagegen tun kann

Rasenmäher, Kettensägen und Laubbläser blasen grosse Mengen Schadstoffe und Feinstaub in die Luft. Ein Mann will dies ändern.
09.09.2018, 17:2510.09.2018, 09:41
Mehr «Wirtschaft»

Die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, bis 2030 die Treibhausemissionen zu halbieren. Bisher sieht es nicht gut aus: Trotz steigender CO2-Abgaben blasen wir nach wie vor jedes Jahr mehr von diesem Gas in die Luft.

Autos, Flugzeuge und Heizungen gelten als wichtigste CO2-Emittenten. Es gibt jedoch auch kleinere Sünder, die eine grosse Wirkung haben. «Ein Rasenmäher produziert etwa gleich viel Schadstoffe wie zwölf Mittelklasse-Autos», sagt Urs Weidmann. «Kettensägen und Laubbläser sind nicht viel besser.» Er ist Chairman der Firma Silent Power (Projects) – und er hat eine Idee, wie man das ändern könnte.

Glaubt an die Zukunft von Methanol: Urs Weidmann, Chairman von Silent-Power (Projects) AG. 
Glaubt an die Zukunft von Methanol: Urs Weidmann, Chairman von Silent-Power (Projects) AG. 

Weidmann ist Elektroingenieur ETH und hat danach als Investmentbanker auf dem Energiesektor für die Credit Suisse First Boston gearbeitet. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich intensiv mit Methanol. «Dieser Treibstoff könnte entscheidend dazu beitragen, unsere Klimaziele zu erreichen», sagt er.

Methanol ist eine Art synthetisches Benzin, allerdings ohne schädliche Nebenwirkungen. Es ist biologisch abbaubar und beim Verbrennen entsteht weder Russ noch Feinstaub. Stattdessen zerfällt es ganz einfach wieder in seine Ausgangsstoffe CO2 und Wasser.

epa04858492 (FILE) A file picture dated 27 October 2005, showing a member of staff of chemical group BASF standing in front of the plant installation 'Steamcracker II' in Ludwigshafen, Germa ...
BASF-Raffinerie in Ludwigshafen: Die Grosschemie hat Methnol längst entdeckt.Bild: EPA/DPA FILE

Unternehmen wie BASF arbeiten seit langem mit Methanol. Sie beziehen es in der Regel von Katar, dem grössten Erdgas-Produzenten der Welt. Auf Chinas Strassen sind derweil rund 3,6 Millionen Autos unterwegs, die Methanol als Treibstoff verwenden, das aus Kohle hergestellt wird. Grosschemie und die Chinesen begehen die gleiche Sünde: Ihr Methanol ist nicht CO2-neutral.

Das «grüne» Methanol

Das muss nicht so sein. Methanol lässt sich auch mit CO2 herstellen, das aus der Luft gefiltert wird, und mit Strom, der aus Solarzellen, Wasserkraft und Windturbinen stammt. Dieses «grüne Methanol» ist klimaneutral, will heissen, es erhöht die CO2-Menge in der Atmosphäre nicht.

Weidmann will eine solche Methanolsyntheseanlage bauen. Idealerweise stünde sie in der Nähe einer Müllverbrennungsanlage, weil dort viel CO2 anfällt, vor allem beim Verbrennen von Plastik. «Plastik in Methanol zu verwandeln ist wirtschaftlich», sagt Weidmann. 

Die Motoren von Rasenmähern könnten – wie die meisten Motoren – mit grünem Methanol betrieben werden, genauso wie diejenigen von Kettensägen und Laubbläsern. Um gesundheitliche Schäden zu vermeiden, verwenden Profis heute in der Regel ein spezielles Benzin. Dieses kostet derzeit etwas mehr als fünf Franken pro Liter.

Lastwagen stehen beim Lager von Volg zum beladen bereit, am Dienstag, 10. April 2018, in Winterthur. Die Volg Gruppe ist im Geschaeftsjahr 2018 erneut gewachsen. (KEYSTONE/Melanie Duchene)
Volg-Lastwagen vor dem Lager in Winterthur.Bild: KEYSTONE

Methanol ist deutlich billiger. Die landwirtschaftliche Genossenschaft Fenaco (Landi, Volg, Agrola) – übrigens einer der grösste Heizölhändler in der Schweiz und zudem einer der führenden Rasenmäherverkäufer – zeigt daher grosses Interesse an Weidmanns Plänen. Seine Methanol-Fabrik würde zwei Fliegen auf einen Schlag treffen: Billiger Treibstoff für Rasenmäher und andere Maschinen und das Ausschalten der kleinen Dreckschleudern.

Keine Angst vor der Ether-Baisse

Bereits in drei Jahren will Weidmann seine erste Anlage in Betrieb nehmen. Dafür braucht er Wagniskapital, konkret sind das rund 28 Millionen Franken. Als ehemaliger Investmentbanker kennt er die neuesten Trends auf den Finanzmärkten. Deshalb will er das Geld mit einem sogenannten ICO (Initial Coin Offering) beschaffen.

ICOs sind im Zusammenhang mit Kryptowährungen bekannt geworden. Basierend auf der Blockchaintechnologie werden sogenannte Tokens emittiert. Diese Tokens sind mit bestimmten Versprechungen verknüpft. Im Fall von Silent-Power (Projects) AG heisst dies: 82 Prozent des Gewinns der Firma werden an die Silent-Token-Inhaber ausgeschüttet.

Silent-Power (Projects) AG ist in Cham stationiert. Der Firmensitz befindet sich somit im Herz des Schweizer Krypto-Valleys, wie der Kanton Zug neuerdings genannt wird. Dass die Kryptowährungen wie Ether derzeit einen Minicrash verdauen müssen, bereitet Weidmann keine Sorgen. «Wer heute zugreift, kann auch von bald wieder steigenden Kursen profitieren», sagt er.

Die Finanzierungsrunde läuft bis Ende Jahr. Wer mitmachen will, muss mindestens 5000 Franken aufwenden.

Rasenmäher und Laubbläser sind bloss kleine Methanol-Fische. Weltweit herrscht ein Boom. «China hat soeben 200 Anlagen bestellt, die Plastik in Methanol verwandeln», weiss Weidmann. Auch der Plastikmüll in den Weltmeeren könnte nach dem Einsammeln auf diese Weise entsorgt werden.

Über die Nachfrage muss man sich keine Sorge machen. Nicht nur in der Grosschemie, auch in den Bereichen Mobilität, Energie und Heizen ist Methanol ein Thema geworden. «Katar kann diese Nachfrage gar nicht mehr befriedigen», sagt Weidmann.

So wird das Plastiksackverbot in Kenia durchgesetzt

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
31 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Eifach_öpis
09.09.2018 17:52registriert Februar 2016
"Autos, Flugzeuge und Heizungen gelten als wichtigste CO2-Emittenten" schreibt Löpfe.

Vor diesem Hintergrund ist es schier unglaublich dass auf Kerosin immer noch keine Steuern erhoben werden!

Generation easy jet ist ja schön und gut aber leider nicht sehr umweltverträglich.
23218
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jol Bear
09.09.2018 18:57registriert Februar 2014
"Ein Rasenmäher produziert etwa gleich viel Schadstoffe wie zwölf Mittelklasse-Autos». Auf was bezieht sich diese Aussage, gefahrener km? Global wirkt der Rasenmäher möglicherweise im Vergleich zum Fahrzeug-, Schiffs- u. bes. Flugverkehr wie der Tropfen auf den heissen Stein. Interessant wäre der Bioalkohol als Benzinsubstitut. War doch in Brasilien stark verbreitet?
925
Melden
Zum Kommentar
avatar
zuercher123
09.09.2018 18:47registriert August 2016
Das ganze Projekt klingt ja ganz gut und sinnvoll, aber die Finanzierung via ICO ist einfach nur idiotisch. So wird das nie zustande kommen.
Die ganze Sache mit Coins, Blockchain und etc ist weder praktikabel noch sinnvoll (->Mining von Coins ist ja sicher sehr CO2 neutral .......).
5119
Melden
Zum Kommentar
31
Sika wächst dank grosser Übernahme stark

Die Bauchemie- und Klebstoffherstellerin Sika ist mit einem starken Umsatzplus ins Geschäftsjahr 2024 gestartet. Eine grosse Akquisition steuerte den grössten Teil zum Wachstum bei.

Zur Story