An Hochschulen sind Aufenthalte im Ausland seit langem üblich. Heutzutage ist es für Studierende fast schon Pflicht, mindestens ein Semester in einem anderen Land zu absolvieren. Auch an Fachhochschulen und Gymnasien gibt es entsprechende Programme. Wer hingegen eine Berufslehre macht, konnte bislang nur in Ausnahmefällen ein ähnliches Angebot beanspruchen.
Ein junger Aargauer will dies ändern. Robin Röösli aus Freienwil hat selber eine Banklehre gemacht. Heute studiert er Betriebswirtschaft an der Universität St.Gallen. Letztes Jahr nahm Röösli am Ideenwettbewerb Wunsch-Schloss teil mit dem Vorschlag, die Berufslehren durch länderübergreifende Projekte und Auslandseinsätze den Herausforderungen der Globalisierung anzupassen.
Sieger von „Wunschschloss Thun“, Robin Röösli, will mehr Austauschprogramme für Lernende anstossen und kann mit Unterstützung vom Bund rechnen pic.twitter.com/7X67aeHsSr
— J N Schneider-Ammann (@_BR_JSA) 5. Dezember 2017
Damit schaffte es der Wirtschaftsstudent nicht nur in die Top 10, die ihre Idee letztes Jahr auf Schloss Thun vorstellen durften. Robin Röösli überzeugte die Jury und die rund 160 Gäste dermassen, dass sie ihn zum Sieger wählten. Mit dieser Auszeichnung verbunden ist jeweils ein Treffen mit den Generalsekretären der grossen Schweizer Parteien.
Für Röösli war die «Reise» damit nicht zu Ende. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen und SP-Ständerat Hans Stöckli ermöglichten ihm ein Treffen mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Dem Wirtschaftsminister ist die Berufslehre ein grosses Anliegen. Er vermittelte Röösli den Kontakt zum Technologiekonzern ABB.
Die Anschubhilfe aus Bundesbern trägt nun Früchte: Am nächsten Montag darf Robin Röösli seine Projektidee bei der ABB-Geschäftsleitung vorstellen, wie er im Gespräch mit watson erklärte. Auch der Kanton Schaffhausen und die Berner Gemeinde Steffisburg haben bei ihm ihr Interesse an einem Pilotprojekt angemeldet, das Lernenden einen Auslandsaufenthalt ermöglichen soll.
Ein Highlight steht im Sommer an: Röösli wird in New York ein Projekt für die Noser Young Professionals AG aufbauen. Sie ist das Kompetenzzentrum für Aus- und Weiterbildung der Firmengruppe des Zürcher FDP-Ständerats und IT-Unternehmers Ruedi Noser. «Letztes Jahr gab es bereits ein Pilotprojekt in New York, das aber nur kurze Aufenthalte vorsah», erzählt Röösli.
Das eigentliche Projekt sieht vor, dass Lernende der Noser-Gruppe ab September für drei bis vier Wochen in einem New Yorker Unternehmen arbeiten werden. Das Pilotprojekt zeigt, dass Röösli mit seiner Idee nicht ganz allein war. Tatsächlich gibt es bereits verschiedene Programme, die Austausch und Mobilität im Bildungsbereich fördern, etwa die Agentur Movetia in Solothurn.
Auch bei ABB können Lernende einen Teil ihrer Ausbildung in Schweden absolvieren. «Diese Möglichkeit war bisher den besten vorbehalten», sagt Röösli, der als Vizepräsident der Aargauer Jungfreisinnigen auch politisch aktiv ist. Er will, dass möglichst viele Absolventen einer Berufslehre eine solche Option erhalten. Einen persönlichen Nutzen will er auch daraus ziehen: Robin Röösli plant, seine Bachelorarbeit über die preisgekrönte Wunsch-Schloss-Idee zu verfassen. (pbl)