Auf Twitter tobt der No-Billag-Kampf – mit einem heimlichen Sieger
2681 – so viele Tweets wurden in den letzten 24 Stunden mit dem Hashtag #nobillag verschickt. Gelesen haben die Tweets rund 1,8 Millionen Twitter-User. Zwar wird über die No-Billag-Initiative erst am 4. März abgestimmt, doch der Kampf um die Stimmen tobt bereits. Allen voran auf Twitter. Dort üben sich Politiker und Moderatoren im digitalen Schlagabtausch. Nicht alle gleich erfolgreich. Wir haben je drei Akteure aus den beiden Lagern unter die Lupe genommen und bewertet.
Das #yesrg-Lager
1. Mike Müller
- Person: Mike Müller ist Schauspieler und Kabarettist. Von 2008 bis 2015 moderierte er zusammen mit Viktor Giacobbo die Late Night-Show Giacobbo/Müller, die auf SRF 1 ausgestrahlt wurde.
- Motiv: Sein Motiv liegt auf der Hand. Müller ist eng mit der SRG verbandelt und eines deren Aushängeschilder. Neben der Late Night-Show spielt Müller auch die Hauptrolle in der SRF-Serie «Der Bestatter».
- Tweets: Müller twittert nicht oft. Doch wenn er es tut, dann sitzen die Tweets. So zum Beispiel als er den Weltwoche-Journalist und No-Bilag-Mitinitiant, Florian Schwab bat, doch einmal den Text der No-Billag-Initiative wirklich durchzulesen. Oder als er dem SVP-Kantonsrat Claudio Schmid antwortete, dass ihm nicht nur die Linken die Rolle als Bestatter verschafften, sondern auch noch ein paar Illuminati und Freimaurer.
Dazu müsste man den Initiativtext lesen. Ok, ich gebs zu, das ist viel verlangt. Das käme direkt einer Recherche gleich. https://t.co/6BNO8mRC51
— Mike Müller (@MikeMuellerLate) 29. Oktober 2017
Falsch, lieber @schmid_claudio, dank den Illuminaten und Freimaurern. Manche sagen gar, die Chemtrails hätten mich zum Bestatter gemacht. https://t.co/XiWSCEYJQm
— Mike Müller (@MikeMuellerLate) 25. Oktober 2017
Bewertung
Müllers Tweets sind nicht viele, aber sie funktionieren. Vor allem weil er die No-Billag-Befürworter mit Humor und Ironie zum Schweigen bringt. Und mit rund 129'000 Followern, sind es nicht wenige, die Müllers Antworten lesen. Darum: Drei von vier Larry Birds.
2. Peter Schibli
- Person: Peter Schibli ist seit 2008 Direktor von «Swissinfo», der News- und Informationsplattform der SRG für Auslandschweizer. Vorher arbeitete er über 20 Jahre bei der Basler Zeitung (BAZ).
- Motiv: Auch Schiblis Motiv ist selbsterklärend. Als Direktor von «Swissinfo» hat er ein grosses Interesse am Überleben seines Arbeitgebers.
- Tweets: «Ich twittere als Privatperson – Äusserungen erfolgen NICHT im Namen der SRG», heisst es auf Schiblis Profil. Zu finden sind hauptsächlich Links zu Artikel von «Swissinfo». Und ab und zu einige Tweets zur #nobillag-Debatte. Einige davon aber etwas ungeschickt. Obwohl Schibli sagt, er twittere als Privatperson, wirft es kein sehr gutes Licht auf ihn, wenn er die Billag-Gegner als «unheilige Allianz von machtgierigen Nationalisten und gewinngeschädigten Verlegern» bezeichnet. Oder wenn er den Blattmacher vom «Blick» blockiert.
Es ist eine unheilige Allianz von: gewinngeschädigten Verlegern, machtgierigen Nationalisten, unzufriedenen Programmkritikern & Neoliberalen https://t.co/gvhQQVU1sy
— Peter Schibli (@peter_schibli) 29. Oktober 2017
Mein Gott, Herr Schibli, Sie müssen sich dringend mehr Diskussionsfähigkeit zulegen. pic.twitter.com/Ypgpe9JqSY
— Thomas Ley (@thomas_ley) 29. Oktober 2017
Bewertung
Eine ausgewogene und sachliche Diskussionskultur sieht anders aus. Peter Schibli reagiert oft zu emotional. Emotionen sind in den sozialen Kanälen zwar gern gesehen – sollten aber als Direktor von «Swissinfo» mit Zurückhaltung bedient werden. Darum: Zwei von vier Larry Birds.
3. Arthur Honegger
- Person: Arthur Honegger moderiert seit 2015 das Nachrichtenmagazin 10 vor 10 auf SRF 1. Vorher war er lange Zeit US-Korrespondent in New York und Washington.
- Motiv: Für Honegger ist klar: Auf Twitter darf er tun und lassen was er will. Nämlich allen voran für das Bestehen des SRF kämpfen. Am Sender ist das natürlich Tabu. Aber er, so Honegger, sei sehr wohl dazu berechtigt sich an der Debatte über seinen eigenen Arbeitgeber zu beteiligen.
- Tweets: Honegger muss auf Twitter viel einstecken. Darunter manchmal auch Drohungen. Doch der Moderator mit Cowboyhut steckt das mit viel Humor und dazu passenden GIFs und selbst gebastelten Bildern weg.
Ich so, wenn wieder mal einer @SRF als „Staatsfunk“ beschimpft.
— Arthur Honegger (@honegger) 5. November 2017
( Zur Info hier die wahre Struktur der @SRGSSR: https://t.co/IYGLth2ztW ) pic.twitter.com/GVrWiQh1LP
Liebe SRF-Hasser (ihr wisst wer ihr seid): Da euer #ServicePublic-Bashing eh immer absurder wird, hab' ich euch was gebastelt. Zum Advent ;) pic.twitter.com/EdGqMtoQuC
— Arthur Honegger (@honegger) 13. Dezember 2016
Bewertung
Honeggers Kampf gegen die No-Billag-Initiative auf Twitter ist nicht verbissen. Sondern unterhaltsam und informativ. Trotz der zahlreichen Anfeindungen, verliert er nie die Contentance. Darum: Vier von vier Larry Birds.
Das #nobillag-Lager
1. Florian Schwab
- Person: Florian Schwab ist Journalist. Bei der Weltwoche schreibt er über Wirtschaftsthemen. Auf Twitter ärgert er sich über die SRG.
- Motiv: Die gebührenfinanzierte SRG ist Florian Schwab ein Dorn im Auge. Allen voran «Swissinfo», die Nachrichtenseite für Auslandschweizer. Laut Schwab betreibe diese «politisch gefärbte Desinformation», wie er in einem Weltwoche-Beitrag schreibt. Zudem ist Schwab Mitinitiant der No-Billag-Initiative.
- Tweets: Auf Twitter lässt Florian Schwab seinem Frust freien Lauf. Er beklagt sich über diverse Sendungen des SRF, darunter Tagesschau und Arena. Hinzu kommt die Regelmässigkeit: Pro Tag setzt der Journalist knapp drei Tweets ab.
Liebe @SRGSSR, ein freundschaftlicher Rat: Also das mit dieser PR-Materialschlacht in eigener Sache, kommt nicht guthttps://t.co/Dw6UCGi5jW pic.twitter.com/dyc5KsxXQm
— Florian Schwab (@FlorianSchwab) 23. Oktober 2017
Heute bietet uns #10vor10: Einseitiges Bashing des Verbrennungsmotors und unkritisches Hochjubeln des Elektroautos.
— Florian Schwab (@FlorianSchwab) 25. Oktober 2017
Bewertung
Schwab ist sehr aktiv auf Twitter. Er kommentiert, reagiert und diskutiert. Und seine Tweets stossen auf viel Anklang. Darum: Drei von vier Larry Birds.
2. Olivier Kessler
- Person: Olivier Kessler ist Co-Präsident der No-Billag-Initiative und wurde auch schon als der «rechte Wermuth» bezeichnet. Kessler ist Vizedirektor im liberalen Institut, einem staatskritischen Thinkthank mit Sitz in Zürich.
- Motiv: Kesslers Misstrauen gegenüber den Medien sitzt tief. Schon 2015 schrieb er auf der Plattform «politnetz.ch», dass Journalisten den Zweck verfolgen, «Schweizer Stimmbürger zu manipulieren». Für ihn ist klar: Die Billag muss weg.
- Tweets: Kessler hat zwar einen Twitter-Account mit 920 Followern. Viel zu lesen gibt es dort aber nicht. Der letzte Tweet stammt vom Februar 2017.
«Die Politik hat die Medien abhängig gemacht», sagt @Oli_Kes von #NoBillag im Interview https://t.co/2HXRhcZwKq pic.twitter.com/lJUdokIGqa
— persoenlich.com (@persoenlichcom) 21. Februar 2017
Bewertung
Während der Kampf um die No-Billag-Intitiative auf Twitter tobt, macht sich deren Co-Präsident rar. Ist es Strategie oder Desinteresse? Interessant auf jeden Fall nicht. Darum: Einer von vier Larry Birds.
3. Claudio Zanetti
- Person: Claudio Zanetti ist Politiker und vertritt die SVP im Nationalrat. Zudem arbeitet er als Kommunikationsberater.
- Motiv: Zanetti ist vieles zuwider: Fremde Richter, EU-Beitritt und eben die Billag. Die Inhalte auf SRF bezeichnet er als «Einheitsbrei» der Linken. Er sieht sich als liberalen Zeitgenossen, der kein Geld für ein Produkt bezahlen will, das er nicht selbst auswählt.
- Tweets: Zanettis Tweets zu #nobillag sind vor allem Retweets oder höhnische Beiträge über die Gegner der Initiative. Letztere bezeichnet Zanetti als verzweifelt oder gar dumm.
Wahlfreiheit als Gefahr? Was lernen die heute an den Unis? Dass Gebührenzwang für ein Produkt, das man nicht will, frei macht? pic.twitter.com/p4RSVsSMEs
— Claudio Zanetti (@zac1967) 4. November 2017
Mann, müssen die verzweifelt sein... #NoBillag pic.twitter.com/nZqdJeq0ml
— Claudio Zanetti (@zac1967) 28. Oktober 2017
Bewertung
Bei Zanettis Twitter-Account hat man das Gefühl, er springt auf den rollenden Zug auf und twittert einfach auch noch ein bisschen zu #nobillag mit. Gute Argumente für eine Befürwortung der Initiative und Fakten sind nicht zu finden. Darum: Zwei von vier Larry Birds.
Fazit
Arthur Honegger geht als Sieger der sechs aus dem Rating. Denn er hat eine schwierige Aufgabe: Er ist verpflichtet auf Sendung neutral zu bleiben, während sein tägliches Brot auf der Kippe steht. Er meistert die Situation mit Bravour.