Roger Federer, Sie sitzen nach Ihrem Comeback als 18-facher Grand-Slam-Sieger hier. Kommt Ihnen das etwas unwirklich vor?
Roger Federer: «Schon ja. Als ich 2:1 Sätze führte, ging mir zum ersten Mal durch den Kopf, dass das vielleicht möglich wäre. Und als ich im fünften Satz zurückbreakte und 4:3 in Führung ging, dachte ich, jetzt ist etwas möglich. Es ist fast schon total surreal. Auf einmal war der Match, zack, fertig. Ich fühlte mich noch gut trotz der Probleme, die ich hatte. Und ich sagte mir, dass er vielleicht auch müde ist. Er hat ein paar Bälle laufen lassen, sich für eine Seite entschieden, was bei Rafa sonst nie passiert.»
Was bedeutet es Ihnen, mit dem 18. Titel ein wenig Distanz zwischen Ihnen und Ihren ärgsten Rivalen geschaffen zu haben?
«Das ist ehrlich gesagt der kleinste Teil. Für mich geht es nur um mein Comeback, wieder einen epischen Match gegen Rafa. Um meine Popularität hier in Australien und dass ich es in meinem Alter und nach fast fünf Jahren ohne Grand-Slam-Sieg noch kann. Die Anzahl Grand-Slam-Titel spielt keine Rolle.»
Wie haben sie den Matchball mit der Challenge des Linienballs durch Nadal erlebt?
«Es ist natürlich ein wenig seltsam, so zu gewinnen. Ich war unglaublich glücklich, das können Sie sich ja vorstellen. Ich sah mein ganzes Team, Mirka, wie sie ausgeflippt sind. Da realisierte ich, dass ich tatsächlich gewonnen habe.»
Wie haben Sie es geschafft, im fünften Satz nach einem Break-Rückstand nochmals zurückzukommen?
«Ich sagte mir, spiele frei auf. Das habe ich mit Ivan (Ljubicic) und Seve (Lüthi; Federers Coaches) vorher so besprochen. Du spielst den Ball, nicht den Gegner. Sei frei, die Mutigen werden hier belohnt. Ich hatte Chancen am Anfang des fünften Satzes, die ich nicht nutzen konnte. Da hätte ich enttäuscht sein und die Fakten akzeptieren können. Aber ich kämpfte weiter, glaubte weiter daran, dass es eine Möglichkeit zum Sieg gibt. Deshalb habe ich am Ende mein bestes Tennis gespielt, was mich doch ein bisschen überrascht hat. Im vierten und zu Beginn des fünften Satzes hatte ich doch ein wenig ein Tief.»
Man kann wohl sagen, dass Nadal Ihr grösster Rivale ist. Was bedeutet es Ihnen, gegen ihn zu gewinnen?
«Rafa ist in meiner Karriere immer sehr speziell gewesen. Er hat mich zu einem besseren Spieler gemacht. Sein Spiel ist sehr ‹tricky› für mich, das habe ich offen gesagt. Er bleibt für mich die ultimative Herausforderung. Gegen ihn zu gewinnen ist super speziell und süss, weil ich schon so lange keinen Final mehr gegen ihn gewonnen habe. Seit Wimbledon 2007. Es ist für uns beide ein Comeback. Es wäre für beide von uns schön gewesen zu gewinnen. Aber im Tennis gibt's kein Unentschieden, das ist manchmal brutal. Es wird mehr Zeit brauchen, diesen Sieg zu realisieren. Das werde ich wohl erst, wenn ich zurück in der Schweiz bin. Ich kann ihn mit keinem anderen vergleichen ausser vielleicht mit dem French Open 2009. Auf diesen Sieg hatte ich lange gewartet. Ich versuchte es, ich kämpfte, ich schaffte es nicht. Bis ich es endlich schaffte. Das hier fühlt sich ähnlich an.»
Wie werden Sie feiern?
«Ich habe mittlerweile etwas mehr Erfahrung darin. Ich tauche nicht einfach auf und schaue, was abgeht. Wir haben eine Party organisiert, mit Freunden aus der Heimat und von hier. Wir werden 20, 30, 40 Leute sein. Es ist besser, mit einer grossen Gruppe zu feiern als alleine mit einem Glas Champagner. Ich werde sicher viel Spass haben. Ich mochte die Zeiten, als die Finals am Tag waren. Da wurde es nicht fast 2 Uhr morgens. Und ich muss noch zur Dopingkontrolle. Da bin ich jetzt ziemlich unter Druck.» (zap/sda)