Mein Freund ist wieder aktiv auf Parship. Was bedeutet das?
Liebe Klara
Ich weiss, dass Sie mir in der Hoffnung schreiben, dass ich Ihnen eine schöne Begründung auftische, die möglichst schmerzfrei ist und ich habe auch lange versucht, mir eine aus den Fingern zu saugen. Aber da kam nichts, leider. Und ich denke, das ist auch gar nicht nötig, weil Sie die Antwort ganz genau kennen. Und ja, Parship und all seine Gschpöndli die im gleichen trüben Wasser fischen, sind Arschlöcher. Genau darum. Diese einfache Verfügbarkeit von angeblich potenziellen KandidatInnen macht aus uns Menschen nichts Gutes.
Dieses Wegwischen von Menschen, wie man es zum Beispiel bei Tinder tut, gibt einem mit der Zeit das Gefühl, der Mensch sei ein Konsumprodukt, dass man brauchen und bei Nichtgefallen auch wieder umtauschen kann. Die Unverbindlichkeit, die auch vor dem Internetzeitalter schon geherrscht hat, wird dadurch aufs Perverseste gesteigert. Man kann – selbst wenn man in einer Beziehung glücklich ist – weiter Schaufensterlen gehen und schauen, was denn eigentlich sonst noch so auf dem Markt zu haben wäre.
Mich persönlich würde das Anbandeln auf einer solchen Plattform genau darum seelisch furchtbar überfordern. Das Wissen, dass ich eine von ganz vielen bin, die da in eine Reihe gestellt und miteinander verglichen wird, würde mir so ablöschen. Trotzdem kenne ich Menschen, die sich so kennengelernt und sogar Familien gegründet haben. Es gibt also auch andere Beispiele und es scheint eine Frage des Umgangs mit dem Medium zu sein, wie so oft. Vielleicht ist gar nicht Parship das Arschloch, sondern der User, der das Abo nicht kündigt, kaum dass er eine Beziehung mit jemandem eingegangen ist.
Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen das nicht ersparen konnte. Aber gleichzeitig weiss ich auch, dass Sie mir genau darum geschrieben haben.
Viel Kraft wünsche ich Ihnen.
Ganz herzlich, Ihre Kafi
Kafi Freitag (40!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.
Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit ihrem 11-jährigen Sohn in Zürich.
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