«Jebo te, sine, gde si!?!», plärrte meine Mutter kürzlich ins Telefon. Ich hatte mich ein paar Tage nicht gemeldet. Sie ist panisch, sieht mich bereits tot in einem Strassengraben liegen. Jugos sind dramatisch. Und sie fluchen. Oft, ohne es bös zu meinen. So wie meine Mutter am Telefon, als sie mich eben mit «Ich fick dich, mein Kind, wo bist du!?!» begrüsste.
Es tue mir leid, dass ich abtauchte, sage ich, wohlerzogen wie ich bin, zu Mama. «Serem ti se u usta», antwortet sie. Zu deutsch: «Ich scheiss dir in deinen Mund». Du hältst meine Mutter für wahnsinnig respektlos? Ist sie nicht.
Bist du dir sicher, dass man so nicht miteinander redet? Tut man doch. Mit aller Mutterliebe, die man in sich hat. Das verwirrt dich? Wirst du doch von Ihrer Mama maximal «Löli», «Totsch» oder vielleicht mal «Glünggi» genannt.
Unser Telefonat dauert jedenfalls rund zehn Minuten. Als ich die sehr kurzfristige Einladung zum Znacht bei ihr und meinem Vater ausschlage, serviert sie mich mit einem lachenden «Jebo ti pas mater» ab. Für die Übersetzung dieser Worte musst du stark sein. «Jebo ti pas mater» heisst nämlich nichts anderes als «Möge der Köter deine Mutter ficken».
Nun, nehmen wir Mama Balkanovic beim Wort, fasse selbst ich mir an den Kopf: Wie abgefahren, wenn deine eigene Mutter deine Mutter beleidigt? Aber auf Jugo – der Muttersprache des Fluchens – gehören Ausdrücke wie oben erwähnte zum täglichen Gebrauchsjargon. Hätte das Telefonat mit Mum auf Deutsch stattgefunden, was durchaus hätte sein können, hätte es wie folgt getönt:
Mum: «Läck Chind, wo stecksch die ganz Ziit?»
Ich: «Sorry, Mami, voll viel z tue grad.»
Mum: «Okay, han dänkt, du chöntsch hüt zabig bi eus Znacht ässe.»
Ich: «Ich wür gern, han aber scho öppis anders vor.»
Mum: «Okay, dänn halt nöd. Denn aber gern glii mal, okay?!»
Ich: «Ja, klar.»
Mum: «Super. Denn bis bald, Schatz.»
Ich: «Supi. Tschüss, Mami.»
Am spannendsten wird es, wenn zwei Balkaner aufeinandertreffen. Heterosexuelle natürlich. Die Akzeptanz der Homosexuellen ist auf dem Balkan – gelinde gesagt – leider noch nicht ganz angekommen. Dafür die Drei-Küssli-Begrüssung. Die ist auch unter echten, meist homophoben Kerlen unproblematisch. Genau so wie der Satz «Jebem ti majku, gde si!?». Zu Deutsch: «Ich fick deine Mutter, wo steckst du?».
Die Herren werden sich um den Hals fallen, ein bisschen Smalltalk betreiben, ein paar Zigaretten rauchen und Schnäpse und mindestens einen sehr starken schwarzen Kaffee trinken. In weniger als einer halben Stunde.
Sie werden sich gegenseitig ein wenig anzünden, bis der eine mit «Hocu malo kurac »antworten wird. Wortwörtlich heisst das: «Ein bisschen will ich einen Schwanz». Umgangssprachlich wird der Ausdruck für «Einen Scheiss will ich» benutzt.
Sitzen die beiden Herren in einer «Kafana», dem Lieblings-Spunten des passionierten Balkaners, und bestellen die Rechnung, gehen die Diskussionen erst richtig los. Balkaner laden ein – und werden nicht gerne eingeladen.
Am besten fährt man also, wenn man zahlt, während der andere auf dem Klo oder so ist. Er wird die Einladung mit einem liebevollen «Idi u picku materinu» quittieren – «Geh zurück in die Vagina deiner Mutter.» Der, der bezahlt hat, wird dem Fluchenden einen Schulterklaps und drei Küsschen geben, bevor beide wieder ihre eigene Wege gehen.
Schöner und liebevoller könnte eine Balkan-Bromance nicht sein.
Probier es aus: Red das nächste Mal mit einem Jugo, pack ein «Jebo te»/«Ich fick dich» vor oder nach jeden zweiten Satz. Der Jugo wird dich sofort in sein Herz schliessen.
Darauf gebe ich dir mein Wort, jebo te!
Eure Ludmila!