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Verschwörungstheoretiker interessieren sich sehr für Politik, zeichnen sich gleichzeitig aber durch ein arg beschränktes politisches Bewusstsein aus. Sie wissen immer genau, was wahr ist, auch wenn es keine Wahrheit gibt.
Wahr ist für sie zum vornherein das Gegenteil von dem, was aus dem Mund von Politikern kommt. Oder was uns die Medien verkünden, die sie gern pauschal als «Lügenpresse» beschimpfen.
Sie haben also eine eigene Analysetechnik nach dem Motto: Verkehre die Botschaften der Politiker in ihr Gegenteil und die Wahrheit liegt glasklar auf dem Tisch.
Das hat den Vorteil, dass diese Methode auch von Menschen mit mehr als durchschnittlicher Intelligenz erfolgversprechend angewendet werden kann. Und sie verhilft den Verschwörungstheoretikern zu überraschenden, ja originellen Erkenntnissen.
Sie müssen nicht nachbeten, was uns die Politiker und Medien vorsetzen. Nein, man erhält seine eigene, «unabhängige» Meinung. Diese wird dann höchstens von anderen Eingeweihten geteilt, die auch nicht blind glauben, was das Establishment verkündet. Das gibt ihnen das Gefühl, die Wahrheit zu kennen, unbestechlich und saumässig gescheit zu sein.
Eine der bekanntesten Verschwörungstheorien betrifft die erste Mondlandung der Amerikaner. Für die Theoretiker ein Fake. Die extraterrestrische Landung sei in einem Studio inszeniert worden, behaupten sie. Die abenteuerliche Interpretation ist relativ harmlos, weil sie keine grosse politische Auswirkung hat. Ausser dass sie bedeuten würde, dass die USA die Weltöffentlichkeit schamlos hinters Licht führte.
Dagegen ist die weit verbreitete Desinformation der Verschwörungstheoretiker beim Attentat vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York schon gefährlicher. Nur zwei von vielen Theorien: Die USA hätten die Anschläge inszeniert, um einen Vorwand zu bekommen, gegen die islamische Welt vorzugehen.
Noch absonderlicher ist die zweite Behauptung. Danach sollen jüdische Kreise den Terrorakt initiiert haben, um Hass gegen die islamische Welt zu schüren, der wiederum politische Sanktionen bewirken sollte.
Dabei kaschieren die Verschwörungstheoretiker, dass es ihnen primär darum geht, antisemitische Ressentiments zu fördern. Denn sie sind mehrheitlich populistische, braune Scharfmacher.
Das zeigt sich auch bei der Mutter aller Verschwörungstheorien, die sich um die Protokolle der Weisen von Zion ranken, die Anfang des letzten Jahrhunderts entdeckt worden sein sollen. Das geheime Papier enthalte das Konzept, wie jüdische Politiker und Banker klammheimlich eine Weltregierung anstrebten, um die Menschheit zu unterjochen.
Obwohl bereits 1920 nachgewiesen und gerichtlich bestätigt wurde, dass die Protokolle gefälscht worden waren, benutzten sie die Nazis erfolgreich für ihren Propagandakrieg gegen die Juden. Frei nach dem Motto: Wir müssen die klandestine Brut ausrotten, sonst tut sie es dereinst mit uns.
Die Verschwörungstheorie diente letztlich dazu, den Holocaust zu legitimieren. Der gefährliche Mythos von den angeblichen Protokollen der Weisen von Zion ist bis heute nicht auszurotten und kursiert weiterhin in rechtsradikalen und esoterischen Kreisen. Dabei geht es vor allem darum, die Juden weiterhin zu stigmatisieren und antisemitischen Hass zu schüren.
Diese Kreise halten an ihrer widerlegten Behauptung fest, jüdische Industrielle und Banker hätten sich im Geheimen zusammengeschlossen und strebten immer noch die Weltmacht an. Sie würden bewusst Chaos, Konflikte und Kriege provozieren, um die Welt politisch und wirtschaftlich zu destabilisieren und die globale Macht leichter an sich reissen zu können. Und den Planeten Erde in eine Art weltumspannende Holdinggesellschaft umzubauen.
Verschwörungstheorien dienen also wie Heilslehren von Sekten dazu, komplexe Phänomene auf einfache Erklärungsmuster zu reduzieren. Die Idee von geheimen Mächten wird als Ursache für das Elend auf der Welt herangezogen.
Verschwörungstheorien drücken eine kindlich-naive Sehnsucht nach der heilen Welt aus und haben gleichzeitig eine gefährliche politische Wirkung. Verschwörungstheoretiker pflegen ein verschobenes und verschrobenes Weltbild. In ihrem missionarischen Furor sind sie meist radikal und unberechenbar. Sie glauben, sie müssten die Menschheit retten, sonst renne sie ungebremst dem Abgrund zu.
Der aktuell prominenteste Vertreter dieser Gattung ist zweifellos Donald Trump. Richtig: der Kandidat der Republikaner für das amerikanische Präsidentenamt. Das ist kein Witz, wie Trump im Wahlkampf immer wieder demonstrierte.
Vor wenigen Tagen behauptete der Rambo zum Beispiel, es brauche keine Rationierung des Wassers in Kalifornien, das von einer Dürre heimgesucht wird. Die Trockenheit sei eine Verschwörung der Behörden. Diese würden das Wasser ins Meer hinaus pumpen.
Aber hallo, Herr Trump! Nennen Sie uns doch bitte einen plausiblen Grund, weshalb die Behörden einen solchen Irrsinn tun sollten. Sie finden keinen. Ich aber kann Ihnen sagen, wie Sie zu dieser Aussage kommen: Als Verschwörungstheoretiker wollen Sie unangenehme Aspekte nicht akzeptieren, weshalb sie Zuflucht in der Verschwörungstheorie suchen und das Problem mit einer einfachen Erklärung aus der Welt schaffen wollen. Ausserdem misstrauen Sie wie alle Ihre rechten Kumpanen grundsätzlich den Aussagen der Behörden.
Trump zweifelt auch wie alle Verschwörungstheoretiker die Version der amerikanischen Regierung zum Terroranschlag auf die Twin Tower von 2001 an. Er versprach seinen Wählern, die wahren Ursachen und Zusammenhänge aufzuklären, wenn er Präsident sei.
Weiter stimmte der Präsidentschaftskandidat zu Beginn der Ära Obama auch lautstark in den Chor der Verschwörungstheoretiker ein, wonach der Präsident sein Amt mit Hilfe der geheimen Mächte erschlichen habe. Denn Obama sei in Kenia geboren und somit nicht legitimiert, als Präsident zu kandidieren. Ausserdem sei er in Wirklichkeit kein Christ, sondern Muslim. Als Obama seine Geburtsurkunde präsentierte, behauptete Trump, diese sei gefälscht.
Sollte Trump tatsächlich Präsident werden, hätten alle übrigen Verschwörungstheoretiker auf dieser Welt ein gröberes Problem. Denn dann wäre ihr Donald der Prototyp eines Verschwörers und gehörte bald zur geheimen Weltregierung. Trump wäre dann nicht nur reich, sondern auch mächtig.
Verschwörungstheoretiker sind unberechenbar. Sie haben Wahrnehmungsverschiebungen und einen Realitätsverlust. Deshalb wäre ein Verschwörungstheoretiker als US-Präsident nicht nur eine Gefahr für die USA, sondern für die ganze Welt.