Der Tod setzt viele Ängste und Fantasien frei. So viele wie kaum ein anderes Phänomen im Leben von uns Menschen. Wir wissen, dass unser Dasein begrenzt ist und abrupt enden kann.
Allein schon die Vorstellung vom Tod überfordert die meisten von uns. Der Tod ist emotional schwer fassbar und hat viele Gesichter. Wie fühlt er sich dereinst an? Wie werden wir ihn wahrnehmen?
Schlüssige Antworten gibt es nicht. Wir wissen nur, dass beim Ableben unser Körper den Geist aufgibt. Medizinisch betrachtet gibt es den Tod gar nicht. Vielmehr führen Organversagen zum Tod.
Trotzdem spielt der Tod in unserem Bewusstsein eine wichtige Rolle. Um eine Vorstellung zu haben und ihn sprachlich zu fassen, personifizieren wir ihn gern. Wir brauchen dazu Bilder.
Deshalb hat der Tod viele Namen. Wir nennen ihn Sensenmann, Schmitter oder Gevatter. In der darstellenden Kunst erscheint er als grausige Figur mit einem Knochengerippe, einem Totenkopf, einer grossen Kapuze und ausgerüstet mit einer Sense oder einer Sichel. Der Tod enthält alle Ingredienzen, um uns anfällig zu machen für übersinnliche und paranormale Erklärungen und Rituale. Wenn uns die Angst erfasst, unser Verstand an Grenzen stösst und die Emotionen verrückt spielen, sind esoterische oder spirituelle Anbieter, die Hilfestellungen und angebliche Lösungen versprechen, nicht weit.
Zu ihrem Repertoire gehören Jenseitskontakte. Angeblich spirituell begabte Medien behaupten, Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen und Botschaften übermitteln zu können. Solche Sessions spenden den Trauernden Trost und lindern den Verlustschmerz. Gleichzeitig geben sie den Hinterbliebenen das Gefühl, die Verstorbenen seien noch anwesend. In welcher Form auch immer. Als Geist oder magische Energie.
Jenseitskontakte müssen wohl im Reich des Aberglaubens angesiedelt werden. Es gibt keine plausiblen Erklärungen für das Phänomen. Würde es existieren, könnten Geister mit empirischen Methoden nachgewiesen werden. Und viele Menschen würden die Präsenz von verstorbenen Angehörigen wahrnehmen.
Erstaunlicherweise sind viele Geister der Verstorbenen ausgesprochen hinterhältig und böse und machen den Abergläubigen das Leben schwer. Sie sollen zu Lebzeiten so viele schlechte Taten begangen haben, dass sie als Strafe den Eingang ins Jenseits nicht finden und als Poltergeister umherirren. Vornehmlich in Schlössern und alten Bauernhäusern.
Meistens wohnten diese Geister früher einmal in diesen Liegenschaften. Eine weitere skurrile Auffälligkeit: Spukende Geister sind in den meisten Fällen Männer. Ein weiteres Indiz, dass Geister von Toten das Produkt menschlicher Fantasie sind. Es spukt offenbar nicht nur in Schlössern, sondern auch in Köpfen.
Die Betroffenen berichten oft von Ängsten und Krankheiten, die Spukgeister bewirken würden. Dieses Narrativ pflegt auch die Stiftung Wanda Pratnicka (wandapratnicka.de). Urheberin ist Dr. Wanda Pratnicka. Sie hat mehrere Bücher zum Thema geschrieben und sagt von sich:
Ihr Verständnis: «Geister sind Seelen, die früher Menschen gewesen sind, die sich jedoch nach dem Tode nicht dazu entschlossen haben, auf die andere Seite des Todesvorhanges überzugehen (…) Besetzung durch Geister ist eine weit verbreitete Erscheinung, und es ist sicherlich eine der am meisten kontroversen und unverstandenen Formen der energetischen Krankheit.»
Diese können angeblich zur Verschlechterung der Gesundheit führen. Mögliche Symptome seien Müdigkeit, Kältegefühl, Konzentrationsschwäche, Angstzustände, Depression, obsessive Gedanken, Beziehungsprobleme, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Allergien, Süchte und das Gefühl, beobachtet, berührt oder vergewaltigt zu werden. Eine stolze Liste.
Es gibt aber auch humorvolle Geister, wie Sheila Lang auf ihrer Homepage seelen-fenster.ch beschreibt. Ihr Klient Nico hatte sie gebeten, sein Haus auszuräuchern, weil er Schatten sehe, sich ängstige und oft krank sei. Als Lang die Küche räucherte, musste sie schmunzeln, denn sie nahm die starke Präsenz seines Grossvaters wahr.
Er sei ein Mann mit viel Humor und Schalk gewesen, sagte Lang. Wörtlich:
Nico bestätigte ihr die Charakterisierung seines Grossvaters. Diese Erkenntnis beruhigte ihn offenbar.
Das Happy End beschreibt Lang so:
Früher sprach man oft nur hinter vorgehaltener Hand über Spukgeister. Betroffene befürchteten, als Spinner tituliert zu werden. Doch die Esoterikszene machte Geister salonfähig. Sie sind zu einem lukrativen Business-Zweig geworden. Für die Geister ein schlimmes Schicksal: Sie müssen nicht mehr nur als verfemte Wesen nachts durch Häuser wandeln, sondern werden nun auch noch vertrieben und vermarktet.