Wie plausibel ist die christliche Religion, der christliche Glaube? Würde man die Tiere fragen, würden viele die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und antworten: Von der Barmherzigkeit und Güte Gottes spüren wir wenig.
Dabei nehmen Tiere in der Bibel eine herausragende Stellung ein. Die Fische, die Opferlämmer und alle Tiere, die in der Arche Noah Platz fanden. Die Vögel genossen sogar einen besonderen Status:
Schon in der Genesis im ersten Buch Mose spielen Tiere eine wichtige Rolle. Danach schuf Gott die Flugtiere schon am 5. Tag, ein Tag vor den Landtieren und Adam. Gott liebte die Tiere, er hat sie aus Lehm geformt und ihnen den Atem eingehaucht, wie bei Adam.
Frauen waren im Plan Gottes offenbar nicht vorgesehen. Weil es Adam langweilig war, schuf Gott Eva bekanntlich aus einer seiner Rippen. Die erste Frau betrat also nach den Tieren den Garten Eden. Und nur als Gespielin des einsamen Adams.
Da im Paradies der Tod nicht existierte, lebten die Löwen friedlich mit den Hirschen. Alle waren Pflanzenfresser, Angst musste niemand haben. Die Welt war heil, es herrschte Frieden. Adam, Eva und die Tiere fristeten als Vegetarier ein beschauliches Leben. Es war ein Schlaraffenland, Milch und Honig flossen im Überfluss.
Doch dann schlug das Schicksal gnadenlos zu. Eine Schlange verführte Adam und Eva, verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis zu naschen. Neugier, Machtdrang und Überheblichkeit wurden ihnen zu Verhängnis. Gott wollte verhindern, dass sich die beiden auch noch am Baum des ewigen Lebens labten und wies sie aus dem Paradies.
Somit setzte er sie den rauen Naturgesetzen der Erde aus, Angst, Leid und Tod wurden ihre ständigen Begleiter. Eine happige Strafe für eine leidliche Sünde.
Statt Adam und Eva zu helfen oder ihnen zu verzeihen, rügte Gott laut Genesis die Schlange: «Verflucht sollst du sein wegen dieser Tat. Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang – du allein von allen Tieren.» Seither gelten Schlangen als böse und verschlagen. Oder als Symbol des Satans.
Da stellen sich ein paar Fragen: Wieso konnte der Teufel ins Paradies eindringen und sich der Schlange als Werkzeug bemächtigen? Weshalb durften die ersten Menschen nicht vom Baum des ewigen Lebens naschen, wenn es doch den Tod im Garten Eden gar nicht gab?
Mir ist bewusst, dass solche alttestamentarischen Geschichten gleichnishaft und metaphorisch interpretiert werden müssen. Doch das moralische Grundrauschen und die ethische Kulisse sind so radikal und eindeutig, dass der Spielraum begrenzt ist.
Die Verbannung aus dem Paradies ins irdische Jammertal lässt sich nur schwer als Gleichnis verharmlosen, denn die Strafe ist mehr als nur drakonisch. Verantwortlich dafür ist einzig und allein Gott, der uns im Religionsunterricht und bei Gottesdiensten als Schöpfer und liebender Gott dargestellt wird.
Zurück zu den Tieren. Gott jagte auch sie aus dem Paradies, obwohl sie keine Sünde begangen hatten. Nicht begehen konnten, denn sie haben ja kein Unrechtsbewusstsein oder moralisches Empfinden.
Nicht genug: Gott machte viele Tiere zu Fleischfressern, weshalb manche seiner angeblich geliebten Tiere zu Tötungsmaschinen wurden. Man denke nur an den Fuchs, der in einen Hühnerstall eindringt. Oder den Wolf, der eine Schafherde reisst, obwohl er nicht einmal ein einziges Tier vertilgen kann.
Auch die lieblichen Schmusekatzen können ganz schön brutal ans Werk gehen und gefangene Mäuse minutenlang zu Tode quälen. Sogar Kannibalismus der besonderen Art bietet die Tierwelt: Viele männliche Spinnen werden ausgerechnet nach der Paarung von den Weibchen aufgefressen. Quasi als Dank für die Arterhaltung.
Die ahnungslosen und «sündenfreien» Tiere leben auch sonst gefährlich. Sie sind Krankheiten hilflos ausgeliefert. Da geht es uns sündigen Menschen vergleichsweise gut. Medizin und technische Hilfsmittel helfen uns über manch lebensbedrohliche Situationen hinweg.
Davon profitiert bestenfalls die kleine Gruppe der Haustiere, die von uns Menschen gehegt werden. Gott hingegen glänzt durch vornehme Zurückhaltung. Schliesslich sagt Gott im Psalm 50:
So stellen sich weitere Fragen: Hat es das Paradies gar nie gegeben? Bleibt es auch nach der Wiederkunft von Jesus eine Illusion? Wurden die Tiere zusammen mit Adam und Eva aus dem Garten Eden verbannt, weil sie als Milch- und Fleischlieferanten das Überleben der «Krone der Schöpfung» (Macht euch die Erde samt den Tieren untertan …) zu sichern? Brauchten unsere Vorahnen die Tiere, um Gott Lämmer opfern zu können?
Was immer Gott mit uns Lebewesen beabsichtigt hat: Bei den Tieren hat er es ziemlich verbockt. Da verhedderte er sich kolossal: moralisch und ethisch.
Vielleicht hat aber nicht Gott das Chaos angerichtet, sondern die Evolution. Daraus ergäben sich dann neue, unangenehme Fragen an die Bibel und die christlichen Glaubensgemeinschaften.