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Gott hat die Sache mit den Tieren verbockt

Papageien im Paradies
Gott schuf die Flugtiere, bevor er Adam zum Leben erweckte.Bild: Shutterstock
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Gott hat die Sache mit den Tieren verbockt

Glaubt man der Bibel, hat Gott die Tiere zusammen mit Adam und Eva aus dem Garten Eden gejagt, obwohl sie nicht sündig geworden waren. Das ergibt wenig Sinn.
18.02.2023, 07:5518.02.2023, 07:58
Hugo Stamm
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Wie plausibel ist die christliche Religion, der christliche Glaube? Würde man die Tiere fragen, würden viele die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und antworten: Von der Barmherzigkeit und Güte Gottes spüren wir wenig.

Dabei nehmen Tiere in der Bibel eine herausragende Stellung ein. Die Fische, die Opferlämmer und alle Tiere, die in der Arche Noah Platz fanden. Die Vögel genossen sogar einen besonderen Status:

«Seht, die Vögel unter dem Himmel, sagt Jesus, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.»
(Matthäus 6,26)

Gott hat den Tieren den Atem eingehaucht

Schon in der Genesis im ersten Buch Mose spielen Tiere eine wichtige Rolle. Danach schuf Gott die Flugtiere schon am 5. Tag, ein Tag vor den Landtieren und Adam. Gott liebte die Tiere, er hat sie aus Lehm geformt und ihnen den Atem eingehaucht, wie bei Adam.

Frauen waren im Plan Gottes offenbar nicht vorgesehen. Weil es Adam langweilig war, schuf Gott Eva bekanntlich aus einer seiner Rippen. Die erste Frau betrat also nach den Tieren den Garten Eden. Und nur als Gespielin des einsamen Adams.

Da im Paradies der Tod nicht existierte, lebten die Löwen friedlich mit den Hirschen. Alle waren Pflanzenfresser, Angst musste niemand haben. Die Welt war heil, es herrschte Frieden. Adam, Eva und die Tiere fristeten als Vegetarier ein beschauliches Leben. Es war ein Schlaraffenland, Milch und Honig flossen im Überfluss.

Doch dann schlug das Schicksal gnadenlos zu. Eine Schlange verführte Adam und Eva, verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis zu naschen. Neugier, Machtdrang und Überheblichkeit wurden ihnen zu Verhängnis. Gott wollte verhindern, dass sich die beiden auch noch am Baum des ewigen Lebens labten und wies sie aus dem Paradies.

Somit setzte er sie den rauen Naturgesetzen der Erde aus, Angst, Leid und Tod wurden ihre ständigen Begleiter. Eine happige Strafe für eine leidliche Sünde.

Die Verbannung aus dem Paradies ins irdische Jammertal lässt sich nur schwer als Gleichnis verharmlosen, denn die Strafe ist mehr als nur drakonisch.

Statt Adam und Eva zu helfen oder ihnen zu verzeihen, rügte Gott laut Genesis die Schlange: «Verflucht sollst du sein wegen dieser Tat. Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang – du allein von allen Tieren.» Seither gelten Schlangen als böse und verschlagen. Oder als Symbol des Satans.

Da stellen sich ein paar Fragen: Wieso konnte der Teufel ins Paradies eindringen und sich der Schlange als Werkzeug bemächtigen? Weshalb durften die ersten Menschen nicht vom Baum des ewigen Lebens naschen, wenn es doch den Tod im Garten Eden gar nicht gab?

Ist der Sündenfall als Gleichnis zu verstehen?

Mir ist bewusst, dass solche alttestamentarischen Geschichten gleichnishaft und metaphorisch interpretiert werden müssen. Doch das moralische Grundrauschen und die ethische Kulisse sind so radikal und eindeutig, dass der Spielraum begrenzt ist.

Die Verbannung aus dem Paradies ins irdische Jammertal lässt sich nur schwer als Gleichnis verharmlosen, denn die Strafe ist mehr als nur drakonisch. Verantwortlich dafür ist einzig und allein Gott, der uns im Religionsunterricht und bei Gottesdiensten als Schöpfer und liebender Gott dargestellt wird.

Zurück zu den Tieren. Gott jagte auch sie aus dem Paradies, obwohl sie keine Sünde begangen hatten. Nicht begehen konnten, denn sie haben ja kein Unrechtsbewusstsein oder moralisches Empfinden.

Machte Gott die Raubtiere zu Tötungsmaschinen?

Nicht genug: Gott machte viele Tiere zu Fleischfressern, weshalb manche seiner angeblich geliebten Tiere zu Tötungsmaschinen wurden. Man denke nur an den Fuchs, der in einen Hühnerstall eindringt. Oder den Wolf, der eine Schafherde reisst, obwohl er nicht einmal ein einziges Tier vertilgen kann.

Auch die lieblichen Schmusekatzen können ganz schön brutal ans Werk gehen und gefangene Mäuse minutenlang zu Tode quälen. Sogar Kannibalismus der besonderen Art bietet die Tierwelt: Viele männliche Spinnen werden ausgerechnet nach der Paarung von den Weibchen aufgefressen. Quasi als Dank für die Arterhaltung.

Die ahnungslosen und «sündenfreien» Tiere leben auch sonst gefährlich. Sie sind Krankheiten hilflos ausgeliefert. Da geht es uns sündigen Menschen vergleichsweise gut. Medizin und technische Hilfsmittel helfen uns über manch lebensbedrohliche Situationen hinweg.

Gott: «Alle Tiere gehören mir.»

Davon profitiert bestenfalls die kleine Gruppe der Haustiere, die von uns Menschen gehegt werden. Gott hingegen glänzt durch vornehme Zurückhaltung. Schliesslich sagt Gott im Psalm 50:

«Denn alle Tiere gehören mir ohnehin, das Wild im Wald und auf dem Feld, die Tiere auf den Bergen und Hügeln. Ich kenne jeden Vogel unter dem Himmel und die vielen kleinen Tiere auf den Wiesen.»
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So stellen sich weitere Fragen: Hat es das Paradies gar nie gegeben? Bleibt es auch nach der Wiederkunft von Jesus eine Illusion? Wurden die Tiere zusammen mit Adam und Eva aus dem Garten Eden verbannt, weil sie als Milch- und Fleischlieferanten das Überleben der «Krone der Schöpfung» (Macht euch die Erde samt den Tieren untertan …) zu sichern? Brauchten unsere Vorahnen die Tiere, um Gott Lämmer opfern zu können?

Was immer Gott mit uns Lebewesen beabsichtigt hat: Bei den Tieren hat er es ziemlich verbockt. Da verhedderte er sich kolossal: moralisch und ethisch.

Vielleicht hat aber nicht Gott das Chaos angerichtet, sondern die Evolution. Daraus ergäben sich dann neue, unangenehme Fragen an die Bibel und die christlichen Glaubensgemeinschaften.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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563 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Macca_the_Alpacca
18.02.2023 08:24registriert Oktober 2021
Und Kängurus waren auch keine Auf der Arche. Wie konnte Gott bloss die Kängurus vergessen?
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Händlmair
18.02.2023 08:19registriert Oktober 2017
1. Vögel ernähren sich gerne von Früchten wie Holunder, Weissdorn oder Schneeball. Dabei fresen Sie die ganzen Früchte. Die unverdaulichen Samen, scheiden Vögel jedoch an anderen Orten aus. Alse säen die Vögel.
2. Mit Vogelscheuchen versuchen Landwirte Vögel zu vertreiben. Klar ernten auch Vögel und das zum Leitwesen der Bauern.
3. Vögel wie Kleiber, Eichelhäher, Raben, Dohlen oder Elstern legen ganzhährig Vorräte an
4. Durch die intensive Landwirtschaft verhungern Vögel oder leiden an Unterernährung.

In einem einzigen Satz nur Unwahrheiten. Was für ein tolles Buch!
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Hirngespinst
18.02.2023 08:58registriert August 2019
Ich frage mich da eher, weshalb Gott den Baum der Erkenntnis und den Baum des Ewigen Lebens überhaupt pflanzte.
Ich hab auch nicht meine Putzmittel zmitts auf dem Küchentisch aufbewahrt.
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Darf ich den Baum des Nachbars zurückschneiden?
«My home is my castle, my garden is my paradise». In den helvetischen Gärten Eden setzt das Nachbarrecht der Gestaltungsfreiheit jedoch die eine oder andere Grenze.

Während sich in Australien 3.4 Personen einen Quadratkilometer teilen, leben in der Schweiz etwa 212 Personen auf derselben Fläche. Das ist eng und bereits ein Ast, der vom nachbarlichen in den eigenen Garten ragt, kann zu viel des Guten sein. So dürfen denn die Kantone auch Vorschriften erlassen, wie nah an deinem Grundstück der Nachbar Büsche und Bäume pflanzen darf.

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