Der Facebook-Chef, bewacht von Gorillas. Ob er noch ruhig schläft?Bild: EPA/DPA
Analyse
Nikotin, Fast Food, Social Media: Mark Zuckerberg hat ein süchtig machendes Monster geschaffen. Im Zaum halten will er es nicht. Das müssen andere tun. Zum Beispiel du!
02.01.2018, 17:2703.01.2018, 14:54
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«By giving people the power to share, we're making the world more transparent.»
Mark Zuckerberg beim Börsengang, 2012quelle: abc news «I think we have created tools that are ripping apart the social fabric of how society works.»
Ehemaliger Facebook-Entwickler, 2017quelle: youtube Aus Mark Zuckerbergs «sozialem Netzwerk» ist eine asoziale Propaganda- und Desinformations-Maschinerie geworden, die nicht nur Menschen verbindet, sondern die Gesellschaft spaltet.
Nonstop bombardiert uns der Facebook-Algorithmus mit Banalitäten, Halbwahrheiten und Schlimmerem.
Die Verantwortung übernehmen kann oder will der 33-jährige Firmenchef nicht. Das wird immer offensichtlicher.
Zuerst verleugnete er die Probleme, dann entschuldigte er sich via Facebook und bat an Yom Kippur um Vergebung.
2017 war das Jahr der Facebook-Entschuldigungen. The Verge ruft die schlimmsten Fälle in Erinnerung, darunter:
- Die lauwarmen Entschuldigungen nach Bekanntwerden der russischen Manipulationsversuche rund um die US-Präsidentenwahl und die Verbreitung von Fake News.
- Den verhängnisvollen Facebook-Übersetzungsfehler, der zur Verhaftung eines unschuldigen Arbeiters führte.
- Das Aussperren von Aktivisten, von Bürger- und Menschenrechts-Organisationen sowie der LGBT-Community.
- Zahlreiche Messfehler bei Facebook-Zugriffszahlen, zum Nachteil von Werbetreibenden und Medien.
Facebook hat ein schweres Glaubwürdigkeitsproblem. Um die Integrität der Plattform wiederherzustellen, hat das Unternehmen verschiedene Initiativen ins Leben gerufen.
Mit bescheidenem Erfolg. Bis heute ist nicht klar, ob es etwas gebracht hat. Mangelnde Transparenz hilft da nicht.
Gegen Ende Jahr räumte Facebook erstmals öffentlich ein, dass Social Media dazu führt, dass sich Menschen schlechter fühlen. Aber nur, wenn man sie passiv nutze ...
«Kapitalismus ohne Konsequenzen»
Facebook ist halt auch eine Goldgrube. Hat viele Leute reich und den nerdigen Gründer zum Multimilliardär gemacht.
Die Journalisten und Medienhäuser sind in der Klemme. Im Streben nach einem grösseren Publikum kooperieren sie mit Facebook und stellen ihre wertvollen Inhalte kostenlos auf der Plattform zur Verfügung, und verlieren die Kontrolle.
Die Algorithmen entscheiden.
Der Tech-Crunch-Kolumnist Jon Evans brachte es auf den Punkt: Die Technologie kuppelt sich von der Realwirtschaft ab. Airbnb bietet Übernachtungen, besitzt aber keine Häuser. Uber vermittelt Transporte, doch die Fahrzeuge gehören Dritten.
Jon Evans' lesenswerter Beitrag trägt den Titel «Kapitalismus ohne Konsequenzen». Seine Argumentation ist ebenso einleuchtend wie beängstigend: Wenn Algorithmen entscheiden, können sich Unternehmen dahinter verstecken. Es folgt die Entkoppelung. Das Verantwortungsgefühl geht den Bach runter.
Das klinge dann so:
Die Firma besteht aus Menschen, sehen Sie, und kein Mensch hat etwas falsch gemacht, so dass Sie nicht wirklich der Firma die Schuld geben können. Es war nur der Algorithmus. Ihre negative Erfahrung wird als wertvoller Datensatz für das zukünftige Training des Algorithmus vermerkt. Aber verantwortlich? Himmel, nein. Wie wir gerade gesagt haben, ist kein Mensch schuldig; deshalb ist niemand dafür verantwortlich.
«Hate Speech» bei Facebook – was toleriert wird, und was nicht
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«Hate Speech» bei Facebook – was toleriert wird, und was nicht
Dürfen Facebook-Nutzer «Asylanten raus» fordern und Flüchtlinge als «faule Räuber und Diebe» bezeichnen, «die unser Land überschwemmen»? Die Antwort lautet ...
quelle: epa/epa / koca sulejmanovic
Abschreckendes Beispiel? Einmal mehr Facebook.
Der Social-Media-Koloss übernimmt nicht die Verantwortung für die Inhalte, die er an ein Millionenpublikum ausliefert.
Zuletzt zeigte das Massaker in Las Vegas, wie fehleranfällig die durch Algorithmen gesteuerte Nachrichtenauswahl bei extremen Ereignissen ist, wie die NZZ konstatierte:
«Als sich (...) die Nachricht der beispiellosen Bluttat in Las Vegas verbreitete, dauerte es nicht lange, bis im Internet wilde Gerüchte und Falschinformationen zum Täter, zu seinem Motiv und seinen Verbindungen herumgereicht wurden. Google und Facebook, die inzwischen als grösste Medienplattformen der Welt gelten, spielten bei der Verbreitung dieser Fake-News eine zentrale Rolle.»
Und was tut Zuckerberg? Er verteidigt weiter das unkontrollierte Veröffentlichen von Inhalten: «Wir überprüfen nicht, was die Leute sagen, bevor sie es sagen, und ich denke nicht, die Gesellschaft sollte von uns verlangen, dass wir es tun.»
«We don't check what people say before they say it and I don't think society should want us to.»
Das ist bemerkenswert unaufrichtig.
Würden Werbetreibende den Facebook-Nutzern Pornografie zeigen, würde dies Zuckerberg sofort stoppen lassen.
Facebook könnte sehr wohl kontrollieren, welche Inhalte ausgeliefert werden. Das ist eine Frage des Willens. Und weil es offensichtlich an diesem Willen mangelt, sind die User gefragt.
Wer das Internet 2018 zu einem besseren Ort machen will, muss aufhören, sich von Facebook berieseln zu lassen.
Die User sollten stattdessen aktiv nach guten Inhalten Ausschau halten. Bei den journalistischen Medien ihres Vertrauens.
Ihr wisst, wo ihr sie findet. 😉
PS: Wer – aus welchen Gründen auch immer – nicht auf Facebook verzichten kann, sollte zumindest seinen Einfluss begrenzen und sich nicht vom Newsfeed bestimmen lassen. Wie wär's mit der Browser-Erweiterung «News Feed Eradicator», die es für Chrome gibt und schon bald auch für Firefox. Die Facebook-App sollte man nur schon wegen Datenschutz-Bedenken deinstallieren, und stattdessen die mobile Website aufrufen.
«God only knows what it's doing to our children's brains.»
Sean Parker, ehemaliger Verwaltungsratspräsident und früher Facebook-Investor. 2017.the verge Was Facebook erlaubt – und was gelöscht wird
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Was Facebook erlaubt – und was gelöscht wird
Facebook-User dürfen detailliert beschreiben, wie man «einer Schlampe das Genick bricht», hingegen ist ihnen nicht erlaubt, dazu aufzurufen, den US-Präsidenten Donald Trump zu erschiessen. Dies wissen wir dank internen Facebook-Dokumenten, die der britische «Guardian» veröffentlicht hat. quelle: epa/epa / ritchie b. tongo
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