Der Brandanschlag auf einen Strommast in der Nähe der Tesla-Fabrik bei Berlin bestimmte die Schlagzeilen am Dienstag. Gegen Mittag erschien auf der bekannten linksradikalen Website «Kontrapolis» ein Bekennerschreiben der sogenannten «Vulkangruppe Tesla abschalten!». Der deutsche Staatsschutz ermittelt.
In ihrem Schreiben erklären die mutmasslichen Täter, was sie mit dem Angriff auf den Strommast nahe der sogenannten «Gigafactory» erreichen wollten. Es ist nicht die erste Attacke der Vulkangruppen.
Welche Ziele haben die «Vulkangruppen»? Wie sind sie politisch einzuordnen? Und welche Angriffe haben sie bereits in der Vergangenheit begangen?
Die «Vulkangruppen» bekannten sich in den vergangenen Jahren immer wieder zu politisch motivierten Angriffen auf die Infrastruktur, vor allem in und um Berlin.
Im Jahr 2018 bekannte sich die «Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreissen» dazu, mehrere Kabelverbindungen in Berlin-Charlottenburg durchtrennt zu haben. 6'500 Haushalte und 400 Gewerbeeinheiten waren damals für mehrere Stunden ohne Strom. Damals ermittelte der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz – ohne Erfolg. Als Ziel erklärten die Verursacher des Stromausfalls damals, mit ihrem Sabotageakt den Betrieb am Flughafen Tegel und die Netzverbindungen im Regierungsviertel lahmlegen zu wollen.
2019 erfolgte eine weitere Sabotageaktion – dieses Mal gingen die Täter gegen die Kabel der S- und Fernbahn in Berlin-Karlshorst zu Werke. Die «Vulkangruppe OK» bekannte sich in einem Bekennerschreiben auf der Plattform «Indymedia» zu der Tat und solidarisierte sich damals mit den Klimaaktivisten von «Fridays for Future». «Zu einem richtigen Generalstreik gehören auch Blockaden und feurige Sabotageaktionen», schrieb die Gruppe damals.
Zum jüngsten Angriff auf den Strommast bekannte sich erneut eine der sogenannten Vulkangruppen. Dieses Mal gaben sich die mutmasslichen Verursacher des Brandes bei Grünheide den Namen «Tesla abschalten!». Mit ihrem Vorhaben waren sie erfolgreicher als ihre Vorgänger – denn der Betrieb in der sogenannten «Gigafactory», wie Tesla das grosse Fertigungswerk selbst bezeichnet, stand am Dienstag still. Erneut ermittelt der Staatsschutz gegen die Gruppe.
Musk reagierte auf Twitter und schrieb: «Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben. Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm.»
Aus den bisherigen Bekennerschreiben der Vulkangruppen lässt sich eine eindeutig linksextreme und antikapitalistische Haltung herauslesen. In ihrer Tonalität ähneln die Bekennerschreiben der Gruppe dem antikapitalistischen Pamphlet «Der kommende Aufstand», das im Jahr 2007 von einer französischen Gruppe mit dem Namen «Unsichtbares Komitee» veröffentlicht wurde.
Das «Unsichtbare Komitee» beschreibt in «Der kommende Aufstand» die «Symptome des Zusammenbruchs der westlichen Demokratien». Als Alternative zum derzeitig vorherrschenden System schlagen die Verfasser eine Gesellschaft von föderierten Kommunen und selbstverwalteten, ökologischen Organisationen vor.
Ideologisch schlagen die Bekennerschreiben der Vulkangruppen in eine ähnliche Kerbe. Als wichtiges Kernelement für ihre Motivation zum Anschlag auf den Strommast in der Nähe der Gigafactory führen die Verursacher allerdings noch einen radikalen, intersektionalen Feminismus ins Feld. «Unser Geschenk zum 8. März heisst, Tesla abzuschalten» – der 8. März ist der internationale Frauentag, an dem insbesondere linke und linksradikale Gruppen auf die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen.
Im Bekennerschreiben solidarisiert sich die «Vulkangruppe Tesla abschalten!» mit den Protestierenden, die Teile des Waldes in der Nähe des Tesla-Werkes besetzt haben, um den Ausbau der Fabrik zu verhindern.
«Tesla ist ein Symbol für ‹grünen Kapitalismus› und einen totalitären technologischen Angriff auf die Gesellschaft», heisst es im Schreiben der Gruppe. Insbesondere der hohe Wasserverbrauch der Tesla-Fabrik wird kritisiert.
Ausserdem wirft die Gruppe Tesla einen «totalitären technologischen Angriff» vor. Die Kameratechnologie in den Fahrzeugen sei ein Überwachungswerkzeug, das der Konzern zu Übungszwecken für seine selbstfahrende Künstliche Intelligenz nutze. «Kein Tesla auf der Welt soll mehr sicher sein vor unserer flammenden Wut», heisst es im Bekennerschreiben.
Doch der linksradikalen «Vulkangruppe» geht es nicht nur um Tesla, sondern auch um weitere Unternehmungen Elon Musks. So ist auch das Satellitensystem Starlink ein Dorn im Auge der mutmasslichen Brandstifter von Grünheide. «Starlink ist ein militärischer Akteur», heisst es im Bekennerschreiben. Die ukrainische, die russische und die israelische Armee nutzten das System, um Angriffe durchzuführen – dementsprechend sei es vollumfänglich abzulehnen: «Aufgerollt wie eine Perlenkette aus Müll durchpflügen sie (die Starlink-Satelliten, Anm. d. Red.) den Himmel, um die Überwachung total zu machen.»
Nach ihrer Kritik an Musk und seinen Firmen richtet sich die «Vulkangruppe Tesla abschalten!» gegen den Kapitalismus im Allgemeinen – bevor sie eine detaillierte Anleitung zur Zerstörung der Kabel in einem Strommast formuliert. Ob der Strommast in Grünheide wirklich auf die dargestellte Art angegriffen wurde und die im Bekennerschreiben formulierte Methode damit Täterwissen darstellt, kann derzeit nicht unabhängig überprüft werden.
Allgemein liest sich das Bekennerschreiben nicht wirklich wie eine kritische, theoretische Auseinandersetzung einer linksradikalen Gruppe, sondern teilweise wie ein etwas durchgeknalltes Pamphlet mit einer gehörigen Portion geistiger Verwirrung. So ist im Bekennerschreiben auch von «ausser planetarischen Verbündeten» die Rede, die Elon Musk im Falle seiner hypothetischen Flucht von der Erde auf den Mars erwarten würden. «Sonnenstürme würden seine Rakete crashen», heisst es weiterhin.
Ja. Bereits im Jahr 2018 finden die Vulkangruppen Erwähnung im Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministeriums – damals wegen des oben erwähnten Angriffs in Berlin-Charlottenburg. Dort heisst es über die Gruppe: «Durch Anschläge auf die Netzinfrastruktur soll zunächst der Betreiber direkt getroffen werden. Der plötzliche Wegfall von gewohnter Infrastruktur und Versorgungsleistung soll darüber hinaus bei den mittelbar Betroffenen, wie beispielsweise Pendlern oder privaten Internetnutzern, einen ‹Denkprozess› anstossen und ihnen verdeutlichen, dass sie von ‹Kontrollinstrumenten› entkoppelt beziehungsweise ‹befreit› worden sind.»
Auch der Brandenburger Verfassungsschutz hat die «Vulkangruppen» auf dem Schirm. Im Bericht aus dem Jahr 2020 erwähnt die Behörde die Linksradikalen im Zusammenhang mit einem Brandanschlag auf das Heinrich-Hertz-Zentrum in Berlin. Damals wollte die verantwortliche «Vulkangruppe» mit ihrer Aktion militante Kritik an der Corona-App üben.
«Wir haben heute, um jeder weiteren Aufweichung der Grundrechte und dem Ausbau der Überwachungsmassnahmen entgegenzuwirken, einen Schacht mit Kommunikationskabeln, die u. a. das ‹Heinrich-Herz-Institut› versorgen, in Brand gesetzt», heisst es in einem vom Verfassungsschutz zitierten Bekennerschreiben.
Verwendete Quellen: