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Russland: Bundesrat spricht Klartext über Desinformation

Putin und Nils Fiechter von der Jungen SVP.
Putin und Nils Fiechter: Der russische Despot und gesuchte Kriegsverbrecher erhält willkommene Schützenhilfe aus der Schweizer Politik.Bild: watson / imago-images.de

Bundesrat spricht Klartext über Desinformation – und nennt die Demokratiefeinde beim Namen

In dem vom Parlament bestellten Bericht über «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation» spricht der Bundesrat aussergewöhnlichen Klartext über die vorab russischen Manipulationsversuche.
20.06.2024, 14:3520.06.2024, 15:11
Henry Habegger / ch media
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Bei Kanälen wie «Russia Today» und «Sputnik» handle es sich «um Werkzeuge der gezielten russischen Propaganda und Desinformation»: Das schreibt der Bundesrat in seinem am Mittwoch publizierten Bericht «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation».

Eine Art Tatbeweis für diese Aussage trat am Wochenende der Präsident der Jungen SVP an. Nils Fiechter zog als «Gast» bei «Russia Today» über die von der Schweiz organisierte Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock her. Nannte sie, im Sinn des Kreml-Chefs, eine «absolute Farce».

Tweet von Nils Fiechter, JSVP
Screenshot: x.com

Um vornehmlich russische, aber auch chinesische Desinformation dreht sich die 27 Seiten starke Auslegeordnung des Bundesrats. «Politische und echte oder scheinbar echte zivilgesellschaftliche Akteure können Vehikel von Beeinflussungsaktivitäten sein», so die Regierung.

Russland etwa nutze «betont apolitische Tarninstitutionen als Fassade sowie gewisse russlandfreundliche Parteien und Politiker in westlichen Staaten.»

Die Methoden der Manipulatoren aus Russland und China

Der Kreml habe sich «mittels Parteispenden, Konferenzen und Einladungen nach Russland ein wohlgesinntes Netzwerk aus europäischen Politikerinnen und Politikern aus dem ganzen politischen Spektrum» geschaffen, steht im Bericht.

China dagegen «instrumentalisiert die chinesische Diasporagemeinschaft verdeckt, um seine Interessen zu verteidigen und zu fördern.» Die zunehmende Digitalisierung und künstliche Intelligenz fördere die Verbreitung der Desinformation.

Die Schweiz sei «zunehmend auch direktes Ziel von auf sie zugeschnittenen Aktivitäten». So die gezielte Manipulation der öffentlichen Meinung durch «Beeinflussungsaktivitäten». Hier sei die Schweiz als «aussenpolitische Akteurin und als Standort zahlreicher internationaler Organisationen» bedroht.

Laut Bundesrat fällt es vielen Schweizerinnen und Schweizern schwer, die «Kommunikationsabsicht eines Medienbeitrags zu ermitteln».

Ein Einfallstor für die Finanzierung solcher Beeinflussungsaktivitäten bestehe im «Vereins- und Stiftungsaufsichtsrecht, in dem die Selbstkontrolle eine wichtige Rolle spielt». So habe der «zum engen Freundeskreis von Putin gehörende Wladimir Jakunin seine Einfluss- und Lobbyorganisation ‹Dialog der Zivilisationen› über ein Netzwerk von Stiftungen in der Schweiz finanziert».

Der Bericht nennt auch weitere Beispiele russischer Desinformation. Eine zielte auf das Labor Spiez, nachdem der frühere russische Spion Sergei Skripal und seine Tochter in London mit Nowitschok vergiftet wurden. «Der russische Aussenminister Sergei Lawrow behauptete, das Labor Spiez habe Nowitschok-Proben nicht als solche identifiziert.» Eine Lüge, die von russischen Trollfabriken verbreitet worden sei.

Schweiz relativ widerstandsfähig, aber...

Die Schweiz sei aus diversen Gründen (geringe Grösse von Land und Medienraum, hoher Lebensstandard, gutes Bildungsniveau usw.) widerstandsfähiger gegen Desinformation als andere Länder, so der Bundesrat. Sorgen bereitet ihm aber, dass die Schweizer Bevölkerung in Sachen Medienkompetenz im internationalen Vergleich «eher tiefe Werte» aufweise.

So falle es vielen Schweizerinnen und Schweizern schwer, die «Kommunikationsabsicht eines Medienbeitrags zu ermitteln». Also zu unterscheiden, ob es sich um Information, Kommentar oder Werbung handle. Damit erhöht sich das Risiko, auf Fake News hereinzufallen. Problematisch sei zudem, dass immer weniger Leute in der Schweiz «herkömmliche Nachrichtensendungen» konsumieren.

Was wird dagegen unternommen?

Der Bundesrat «fokussiert», wie er festhält, «auf die Prävention und Sensibilisierung für das Thema zur Stärkung der staatlichen und gesellschaftlichen Resilienz». Zudem soll die Entwicklung der Lage verstärkt verfolgt und in den Sicherheitsgremien des Bundes thematisiert werden. Auch die Forschung, die die Wirkung der Desinformation untersucht, soll gefördert werden.

Den bundesrätlichen Fake-News-Bericht (siehe Quellen) bestellte im März 2022 der Nationalrat: Zwei Wochen nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine überwies er mit 103 zu 79 Stimmen ein entsprechendes Postulat seiner Sicherheitskommission.

Die SVP und mit ihr der heutige Bundesrat Albert Rösti stimmte geschlossen gegen das Postulat. Die restlichen 26 der insgesamt 79 Gegenstimmen kamen aus der Mitte-Fraktion.

Auch «Weltwoche»-Chef Roger Köppel, damals noch SVP-Nationalrat, stimmte gegen die Auslegeordnung. Einige Wochen zuvor, als Putin massenhaft Truppen und schwere Waffen an der Grenze zur Ukraine zusammenzog, hatte er einen Auftritt bei «Russia Today». Laut «NZZ» forderte er den Westen auf, den Russen in der Ukraine nicht in die Quere zu kommen: «Wenn die Russen in Mexiko oder Kuba hineinfunken würden, geht das auch nicht.»

Bund regelt Umgang mit unzulässigen Social-Media-Kommentaren
Die Bundesverwaltung darf künftig Social-Media-Kommentare löschen, wenn diese offensichtlich falsch sind und der Desinformation dienen. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Verordnung per 1. August in Kraft gesetzt.

Demnach darf ein Kommentar ausserdem gelöscht werden, wenn er keinen Bezug zum Thema des entsprechenden Beitrags hat und mehrfach angebracht wurde, wie der Bundesrat mitteilte. Auch Kommentare, welche zu Verbrechen, Hass oder Gewalt aufrufen, sowie jene, die persönlichkeitsverletzende, drohende, diskriminierende oder pornografische Inhalten enthalten, dürfen gelöscht werden.

Weiter können Kommentare, die Werbung enthalten oder gesundheitsgefährdend sind, neu gelöscht werden. Dafür wird die Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV) um neue Artikel ergänzt.

Viele Social-Media-Plattformen erlaubten es Nutzerinnen und Nutzern bereits, unliebsame Kommentare zu ihren Beiträgen im eigenen Profil zu löschen oder andere dort zu blockieren, teilte der Bundesrat weiter mit. Behörden dürften von diesen Möglichkeiten mit Rücksicht auf die Meinungsfreiheit jedoch nur zurückhaltend Gebrauch machen.

(sda)

Quellen

(aargauerzeitung.ch)

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225 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Firefly
20.06.2024 15:59registriert April 2016
Könnt die Weltwoche ruhig auch auf die Liste mitaufnehmen.
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Ril
20.06.2024 16:00registriert Mai 2015
Das einzig überraschende and der Geschichte ist die klare Haltung des BR. Endlich.
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FEB
20.06.2024 15:55registriert August 2022
Ja kürzt/streicht die Beiträge für die SRG. Die Weltwoche könnte die Löcher die dabei entstehen kostengünstig und professionell füllen. Keine Subventionen sind mehr notwendig! Die Informationen und anfallenden Kosten werden von RU übernommen! Selbstverständlich auch grosszügige Prämien an den oberen Kader! Teure Reporter sind zu entlassen. Sie werden nicht mehr benötigt. Die Arbeit wird vom intelligenterem KI des FSB übernommen.
Bundesrat Rösti regelt alles umsichtig auf dem Verordnungsweg. Parlament/Bevölkerung verstehen es ja doch nicht! Ja, es gibt noch gute, umsichtige Politiker!
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