Bei Kanälen wie «Russia Today» und «Sputnik» handle es sich «um Werkzeuge der gezielten russischen Propaganda und Desinformation»: Das schreibt der Bundesrat in seinem am Mittwoch publizierten Bericht «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation».
Eine Art Tatbeweis für diese Aussage trat am Wochenende der Präsident der Jungen SVP an. Nils Fiechter zog als «Gast» bei «Russia Today» über die von der Schweiz organisierte Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock her. Nannte sie, im Sinn des Kreml-Chefs, eine «absolute Farce».
Um vornehmlich russische, aber auch chinesische Desinformation dreht sich die 27 Seiten starke Auslegeordnung des Bundesrats. «Politische und echte oder scheinbar echte zivilgesellschaftliche Akteure können Vehikel von Beeinflussungsaktivitäten sein», so die Regierung.
Russland etwa nutze «betont apolitische Tarninstitutionen als Fassade sowie gewisse russlandfreundliche Parteien und Politiker in westlichen Staaten.»
Der Kreml habe sich «mittels Parteispenden, Konferenzen und Einladungen nach Russland ein wohlgesinntes Netzwerk aus europäischen Politikerinnen und Politikern aus dem ganzen politischen Spektrum» geschaffen, steht im Bericht.
China dagegen «instrumentalisiert die chinesische Diasporagemeinschaft verdeckt, um seine Interessen zu verteidigen und zu fördern.» Die zunehmende Digitalisierung und künstliche Intelligenz fördere die Verbreitung der Desinformation.
Die Schweiz sei «zunehmend auch direktes Ziel von auf sie zugeschnittenen Aktivitäten». So die gezielte Manipulation der öffentlichen Meinung durch «Beeinflussungsaktivitäten». Hier sei die Schweiz als «aussenpolitische Akteurin und als Standort zahlreicher internationaler Organisationen» bedroht.
Ein Einfallstor für die Finanzierung solcher Beeinflussungsaktivitäten bestehe im «Vereins- und Stiftungsaufsichtsrecht, in dem die Selbstkontrolle eine wichtige Rolle spielt». So habe der «zum engen Freundeskreis von Putin gehörende Wladimir Jakunin seine Einfluss- und Lobbyorganisation ‹Dialog der Zivilisationen› über ein Netzwerk von Stiftungen in der Schweiz finanziert».
Der Bericht nennt auch weitere Beispiele russischer Desinformation. Eine zielte auf das Labor Spiez, nachdem der frühere russische Spion Sergei Skripal und seine Tochter in London mit Nowitschok vergiftet wurden. «Der russische Aussenminister Sergei Lawrow behauptete, das Labor Spiez habe Nowitschok-Proben nicht als solche identifiziert.» Eine Lüge, die von russischen Trollfabriken verbreitet worden sei.
Die Schweiz sei aus diversen Gründen (geringe Grösse von Land und Medienraum, hoher Lebensstandard, gutes Bildungsniveau usw.) widerstandsfähiger gegen Desinformation als andere Länder, so der Bundesrat. Sorgen bereitet ihm aber, dass die Schweizer Bevölkerung in Sachen Medienkompetenz im internationalen Vergleich «eher tiefe Werte» aufweise.
So falle es vielen Schweizerinnen und Schweizern schwer, die «Kommunikationsabsicht eines Medienbeitrags zu ermitteln». Also zu unterscheiden, ob es sich um Information, Kommentar oder Werbung handle. Damit erhöht sich das Risiko, auf Fake News hereinzufallen. Problematisch sei zudem, dass immer weniger Leute in der Schweiz «herkömmliche Nachrichtensendungen» konsumieren.
Der Bundesrat «fokussiert», wie er festhält, «auf die Prävention und Sensibilisierung für das Thema zur Stärkung der staatlichen und gesellschaftlichen Resilienz». Zudem soll die Entwicklung der Lage verstärkt verfolgt und in den Sicherheitsgremien des Bundes thematisiert werden. Auch die Forschung, die die Wirkung der Desinformation untersucht, soll gefördert werden.
Den bundesrätlichen Fake-News-Bericht (siehe Quellen) bestellte im März 2022 der Nationalrat: Zwei Wochen nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine überwies er mit 103 zu 79 Stimmen ein entsprechendes Postulat seiner Sicherheitskommission.
Die SVP und mit ihr der heutige Bundesrat Albert Rösti stimmte geschlossen gegen das Postulat. Die restlichen 26 der insgesamt 79 Gegenstimmen kamen aus der Mitte-Fraktion.
Auch «Weltwoche»-Chef Roger Köppel, damals noch SVP-Nationalrat, stimmte gegen die Auslegeordnung. Einige Wochen zuvor, als Putin massenhaft Truppen und schwere Waffen an der Grenze zur Ukraine zusammenzog, hatte er einen Auftritt bei «Russia Today». Laut «NZZ» forderte er den Westen auf, den Russen in der Ukraine nicht in die Quere zu kommen: «Wenn die Russen in Mexiko oder Kuba hineinfunken würden, geht das auch nicht.»
(aargauerzeitung.ch)
Bundesrat Rösti regelt alles umsichtig auf dem Verordnungsweg. Parlament/Bevölkerung verstehen es ja doch nicht! Ja, es gibt noch gute, umsichtige Politiker!