Künstliche Intelligenz hat wie alle technischen Innovationen das Potenzial, unser Leben einfacher zu machen, etwa wenn sie hilft, Kreditkartenbetrug zu erkennen oder neue Medikamente effizienter zu entwickeln. Dank KI war es auch möglich, Impfstoffe mit bisher nicht für möglich gehaltener Wirksamkeit gegen das Coronavirus in Rekordzeit zu entwickeln.
Schüler wiederum lieben KI-Chatbots wie ChatGPT … na ja … deswegen.
Gleichzeitig kann KI unser Leben mühsamer machen, etwa wenn sie zu Überwachungs- oder militärischen Zwecken genutzt wird: Angeblich setzt bereits eine Mehrheit der Schweizer Firmen KI-gestützte Software ein, um ihr Personal zu überwachen und zu steuern – Tendenz rasch steigend. Chinas Behörden setzen gar Gesichtserkennung und Künstliche Intelligenz ein, um nach Uiguren zu fahnden. Mit generativer KI erstellte Fake-News sowie künstlich generierte Fotos und Videos sind ein weiteres Problemfeld, das uns noch lange beschäftigen wird.
In diesem Artikel fokussieren wir uns aber auf die positiven Aspekte, die im Wald der Negativ-Schlagzeilen bisweilen übersehen werden.
Spam-Filter gegen unerwünschte Anrufe gibt es schon lange. Google geht einen Schritt weiter und stattet seine Pixel-Smartphones seit einiger Zeit mit einem KI-basierten «Anruf-Filter» aus. Ist die Funktion aktiviert, nimmt der Google Assistant Anrufe von verdächtigen oder wahlweise allen unbekannten Nummern ab und versucht herauszufinden, wer warum anruft. Das Gespräch zwischen der Google-KI und dem Anrufer kann man mitlesen und jederzeit eingreifen, wenn man selbst mit der Person sprechen möchte.
Für Wettervorhersagen werden Unmengen an Daten verarbeitet, um darauf basierend Prognosen zu erstellen. Auch hierfür werden KI-Modelle genutzt. Deepmind, eine Tochterfirma von Google, kann inzwischen Zehn-Tage-Prognosen erstellen, die in 90 Prozent der Fälle bessere Resultate liefern sollen als der aktuelle «Goldstandard» der Branche, das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW). Deepmind hat sein neues KI-Modell Graphcast hierfür mit 40 Jahren an historischen Wetterdaten gefüttert.
Das EZMW hat die Qualität der KI-gestützten Prognosen bestätigt. Graphcast liefert demnach nicht nur bessere und viel schnellere Vorhersagen als traditionelle Systeme, die auf der Leistung von Supercomputern basieren, die KI braucht auch nur ein Tausendstel der Energie. Nicht besser als traditionelle Prognosen war die KI allerdings beim Hurrikan Otis, der sich unerwartet schnell entwickelt hatte; auch Graphcast ist längst nicht perfekt.
In naher Zukunft wird das KI-basierte Modell die konventionellen Wettervorhersagen nicht ablösen, aber ergänzen. Deepmind hat den Quellcode von Graphcast veröffentlicht und die Technologie Forschenden weltweit zur Verfügung gestellt.
Ein Teil der KI-Forschung dreht sich darum, das Leben der Menschen gesünder und länger zu machen. Für Forscherinnen und Forscher ist dies spannend, für Unternehmen lukrativ. So kann etwa das von Deepmind entwickelte KI-System AlphaMissense potenziell krankmachende Punktmutationen erkennen.
Das ist bedeutsam, da bislang für 98 Prozent aller Punktmutationen in unserer DNA unbekannt war, ob sie schaden, nutzen oder wirkungslos sind. Von den 216 Millionen möglichen Punktmutationen seien 32 Prozent potenziell krankmachend, prognostizierte die KI. Punktmutationen entstehen unter anderem durch Kopierfehler bei der Zellteilung, was zu genetischen Erkrankungen führen kann.
Nicht zuletzt dank leistungsfähigeren KI-Modellen war es möglich, in Rekordzeit gleich mehrere hochwirksame Covid-19-Impfstoffe zu entwickeln. Mithilfe eines KI-Modells gelang es, die Form von Proteinen mit grosser Genauigkeit vorherzusagen. Dies ist zentral, um Viren rasch zu untersuchen und wirksame Impfstoffe zu entwickeln.
Auch bei der Entwicklung von Medikamenten wird auf Künstliche Intelligenz gesetzt, was die Zeit für Forschung und Entwicklung und somit die Kosten reduzieren kann. Wird die Entwicklung günstiger, steigen die Chancen, dass zuvor wirtschaftlich nicht interessante Medikamente auf den Markt kommen.
Wissenschaftlern ist es beispielsweise gelungen, ein Antibiotikum mithilfe von KI zu entwickeln. KI diente dabei als Spürhund für wirksame Substanzen.
Künstliche Intelligenz kann die Überlebenschance bei einer Blutvergiftung erhöhen. Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität (TU) Wien liessen eine KI anhand von Daten aus Intensivstationen unterschiedlicher Spitäler lernen, wie Menschen mit Blutvergiftung am erfolgreichsten behandelt werden. Die KI musste hierzu virtuelle Patienten mit einer Sepsis behandeln. Geht es ihnen daraufhin gut, wird die KI belohnt. Verschlechtert sich der Zustand oder kommt es zum Tod, wird sie bestraft.
Die Heilungsquote der Künstlichen Intelligenz «sei mittlerweile höher als mit rein menschlichen Entscheidungen», schreiben die Forscher. Allein schon aus rechtlichen Gründen wird eine KI in absehbarer Zeit keine medizinischen Entscheidungen treffen, aber sie kann das Personal beraten.
Schon länger unterstützen KI-Modelle Ärztinnen und Ärzte beim Krebs-Screening. Die KI findet Brustkrebs-Knötchen im schwarz-weissen Ultraschall zuverlässiger als menschliche Augen.
Eine gut trainierte KI erkennt das Motiv, das wir fotografieren möchten, und wählt wie von Zauberhand die richtige Kamera-Einstellung. Oft unterstützt uns die KI aber auch, ohne dass wir es merken. Wenn das Smartphone das verwackelte Ferienvideo in ein ruhiges, fast perfektes Filmchen umwandelt, geschieht dies dank KI. Und wenn das Smartphone ein viel zu dunkles Foto automatisch aufhellt und gleich noch Farben und Kontrast optimiert, werkelt ebenfalls die KI.
Hinzu kommt, dass professionelle Bildbearbeitung früher wenigen Menschen vorbehalten war. KI erlaubt nun auch absoluten Laien, ihre Fotos nachträglich zu optimieren – und dies ganz ohne Photoshop-Kenntnisse.
Googles «Magic Editor» für Pixel-Smartphones ermöglicht KI-gestützte Fotobearbeitung auf dem Smartphone.
Mit Audio-KI-Modellen lässt sich der gesprochene Text in Videos in andere Sprachen übersetzen, samt Lippenbewegungen. Im folgenden Beispielvideo spricht der Mann zunächst auf Englisch. Die KI der Start-up-Firma Hey Gen erstellt daraus Videos, in denen er das Gleiche auf Französisch und Deutsch sagt.
So praktisch ein Universal-Dolmetscher erscheint, so gross sind die Risiken des Missbrauchs. Grosse Technologiekonzerne wie Google und Meta, die sonst eher nicht für Zurückhaltung bekannt sind, halten diese Technologie daher noch zurück.
KI-Chatbots wie ChatGPT können auch Bildinhalte erkennen und dem User Fragen zu den entsprechenden Fotos beantworten.
Ein Beispiel: Der User macht ein Foto seines Velos und seines Werkzeugkoffers und ChatGPT erklärt Schritt für Schritt, wie man den Sattel verstellen kann, respektive ob man dazu das passende Werkzeug hat.
ChatGPT soll also auch anhand von Fotos beim Lösen von Problemen helfen können. Wie dies funktioniert, zeigt das folgende Beispielvideo von ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI.
ChatGPT can now see, hear, and speak. Rolling out over next two weeks, Plus users will be able to have voice conversations with ChatGPT (iOS & Android) and to include images in conversations (all platforms). https://t.co/uNZjgbR5Bm pic.twitter.com/paG0hMshXb
— OpenAI (@OpenAI) September 25, 2023
KI hat Textübersetzungen mit Tools wie DeepL vor ein paar Jahren auf ein neues Level gehoben. Inzwischen nutzen Unternehmen wie Spotify KI, um populäre Podcasts automatisiert und somit günstig in anderen Sprachen anzubieten.
Auf Spotify gibt es über fünf Millionen Podcast-Folgen, viele davon bislang nur in englischer Sprache. Ähnlich wie bei DeepL sind auch per KI übersetzte Podcasts nicht perfekt, aber sie machen den Inhalt einem viel grösseren Publikum zugänglich.
Im Jahr 79 nach Christus wurden historisch wertvolle Papyrusrollen unter dem Ascheregen eines Vesuv-Ausbruchs begraben. Forscher konnten die geborgenen, aber verkohlten Rollen nie lesen, da sie beim Ausrollen sofort zerfielen. 2023 gelang es einer KI, einzelne, kurze Textsegmente der antiken Schriftrollen aus hochauflösenden CT-Aufnahmen zu entziffern. Hierzu wurden zwei bisher ungeöffnete Schriftrollen von einem Teilchenbeschleuniger durchleuchtet.
Historiker könnten nun zumindest einen kleinen Einblick erhalten, was auf den rund 2000 Jahre alten Original-Schriftrollen steht. Bislang mussten sie sich mit immer wieder von Mönchen und Schriftgelehrten abgeschriebenen und redigierten Kopien begnügen.
Mit KI können Forschende einfacher die Artenvielfalt bestimmen. Ein Forschungsteam installierte hierzu Aufnahmegeräte im Norden Ecuadors auf nicht mehr bewirtschafteten Weiden und Kakaoplantagen, auf denen sich nach und nach wieder Wald ansiedelt. Anschliessend wurden die Aufnahmen der verschiedenen Tierstimmen mit KI-Modellen analysiert.
Bereits vorherige Forschungsarbeiten hatten aufgezeigt, dass man das Auftreten von Tierarten im Zusammenhang mit der Abholzung von Wäldern oder ihrer Wiederherstellung anhand von Klanglandschaften nachverfolgen kann.
Das KI-Modell soll bei Aufforstungsprojekten überwachen helfen, ob tatsächlich ein vielfältiger Wald mit hoher Artenvielfalt entsteht. Mit traditionellen Methoden (Kamerafallen oder das Zählen von Tieren bzw. derer Hinterlassenschaften wie Kot und Haarbüschel) ist die Bestimmung der Artenvielfalt oft sehr aufwendig.
Und zum Schluss noch dies: Warum Programmierer ChatGPT lieben 😉
You can give ChatGPT a picture of your team’s whiteboarding session and have it write the code for you.
— Mckay Wrigley (@mckaywrigley) September 27, 2023
This is absolutely insane. pic.twitter.com/bGWT5bU8MK
Auflösung zum Hautflecken-Bild: Links das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs), rechts ein harmloses Muttermal.
Oh... wait...
Ja genau, ich denke die KI macht es irgendwelchen dubiosen Menschen einfach, andere Menschen zu belästigen mit Telefonanrufen.
Was da im Moment abgeht mit 078 Nummern und Telefonanrufen aus Indien, UK, usw. ist nicht mehr normal.
Und natürlich hilft die KI der Menschheit bei der Verblödung.
Für einen Teil der Menschheit, scheint genau dies der grösste Nutzen der KI zu sein...